Die Geliebte des Kosaken
im Himmel sei mir gnädig.“
„Darauf solltest du allerdings hoffen, Bogdan“, gab Andrej zurück und näherte sich der Bank. Sein Gesicht war dabei so finster, dass das Mädel erschrocken aufsprang und davonlief. Bogdan sah ihr verwirrt nach, überlegte einen Augenblick, ob er ihr hinterherlaufen sollte, doch er entschied sich dagegen. Stattdessen erhob er sich und breitete die Arme aus.
„Brüderchen“, rief er mit großer Bewegung in der Stimme, „ich habe darum gebetet, dass dir das Leben erhalten bleibt. Und jetzt stehst du vor mir! Der Herr hat geholfen.“
Andrej hätte ihm gern die Faust ins Gesicht gerammt, doch das hätte zu viel Aufruhr veranstaltet, und außerdem war Bogdan nun einmal Bogdan. Heute fällt er dir um den Hals und setzt gar sein Leben für dich ein, morgen läuft ihm eine Laus über die Leber, und er bindet dich im Wald an einen Stein, damit du dort von den Wölfen gefressen wirst. Nun wollte er für ihn gebetet haben, eine Behauptung, die Andrej ihm sogar glaubte.
„Die Hilfe kam von andrer Seite“, knurrte Andrej, ohne auf Bogdans geöffnete Arme zu achten. „Wie ich sehe, hast du Bart und Haupthaar gekürzt, Bruder.“
Bogdan ließ die Arme sinken, grinste und strich sich über den Bart, aus dem er die angesengten Haare herausgeschnitten hatte. Also hatte die kleine Hexe Andrej befreit. Nun – er war ihr jetzt sogar dankbar dafür.
„Glaubst du, ich wollte immer als struppiger Waldschrat herumlaufen? Nein, Brüderchen. Auch Bogdan weiß, was feine Lebensart ist!“
Jetzt war Andrej kurz davor, über seinen Kumpel zu lachen. „Nun, wie ich sehe, hast du Erfolg damit.“
Naiver Stolz strahlte aus den Augen des Kosaken, und er warf sich in die Brust. „Das ist ein Mädel, Freund. So eine ist mir noch nie über den Weg gelaufen. Eine ganz Besondere, sage ich dir. Nicht für 100 Säcke Gold würd ich die eintauschen.“
Verdrehte Welt, dachte Andrej, halb beklommen, halb amüsiert. „Nicht für 100 Tonnen Gold?“, spöttelte er und zog die Augenbrauen in die Höhe. „Das ist viel für ein paar Tage Vergnügen. Denn später wird sie ja den anderen gehören, wie es der Brauch erfordert.“
„Nichts da“, zeterte Bogdan aufgebracht, „diese da gehört nur mir, und wer sich an ihr vergreift, der bekommt mein Messer zu spüren.“
„Aber die alten Kosakengesetze …“
Bogdan hatte vor Zorn schon in seinen Gürtel gefasst, um die Waffe zu ziehen, besann sich aber noch rechtzeitig und ließ sie stecken.
„Was willst du mit den alten Kosakengesetzen“, brummte er, „die Zeiten von Stenka Rasin sind vorbei. Heute muss jeder selber sehen, wo er bleibt.“
„Richtig“, stimmte Andrej ihm zu und verbiss sich das Grinsen. „Sag mir lieber, was du hier treibst, Freund. Spionierst herum, wie?“
„Genau wie du, Brüderchen!“
Bogdan schloss seine Jacke und blinzelte seinen wiedergefundenen Kumpel zutraulich an. Andrej war immer ein guter Freund gewesen, und vor allem besaß er Verstand. „Die anderen warten draußen vor der Stadt“, flüsterte er Andrej zu. „Wir haben einen Trumpf im Spiel, Freund: Mein Mädel ist die Tochter des Gefängnisdirektors.“
Andrej pfiff leise durch die Zähne. Schau an, da war dieser Kerl doch schlauer, als er geglaubt hatte. Allerdings nicht schlau genug.
„Wird dir wenig nützen, Bogdan. In wenigen Tagen werden sie Oleg nach Jekaterinburg bringen.“
„Woher weißt du das?“, staunte Bogdan und riss die Augen auf.
Andrej hatte wenig Lust, seine unglückliche Lage vor ihm auszubreiten. Stattdessen stieg seine Neigung, sich in ein Abenteuer zu stürzen, das vielleicht sogar alles noch einmal wenden konnte.
„Lass uns wieder zusammenarbeiten wie in alten Zeiten, Brüderchen“, schlug Bogdan vor, „was sollen wir streiten, sind wir nicht alte Freunde?“
„Du hast recht“, meinte Andrej und sah Bogdan nachdenklich an. „Allerdings hätte ich vorher noch etwas mit dir zu regeln.“
Bogdan erblasste, denn er wusste, was Andrej meinte. Dennoch nickte er düster und blieb unbeweglich stehen, während sein Freund ausholte. Die Faust traf ihn am Kinn, riss ihn zu Boden, und seine erste Sorge war, dass Katja an seinem eingerissenen Mundwinkel Anstoß nehmen könnte.
„Jetzt ist alles in Ordnung, Brüderchen“, versicherte Andrej lächelnd und rieb seine Faust.
„Jeder bekommt den gleichen Anteil an dem Gold“, sagte Bogdan etwas mühsam, aber doch zufrieden, denn jetzt war diese Geschichte, die ihm auf der Seele
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