Die Geliebte des Kosaken
halsstarrigen Blonden mit dem verführerischen Augenaufschlag!“
Die Kosaken gingen nur allzu gern auf seinen Vorschlag ein, ließen die Flasche kreisen, bis sie leer war, und ihre Trinksprüche waren so deftig, dass Natalja errötete. Das hatte sie nun davon, dass sie die einzige Möglichkeit wahrgenommen hatte, ihn wiederzusehen. Er hockte bei seinen verfluchten Kosaken, soff Wodka und machte sich vor der ganzen Bande über sie lustig.
Es reichte ihr – sie stand auf, drängte sich wütend durch die grölenden und feixenden Männer hindurch, stolperte über ausgestreckte Beine, spürte, wie man ihr Kleid packte, keifte die Kerle zornig an, stieß die zudringlichen Pranken beiseite und erreichte endlich die Tür. Sie musste zweimal ansetzen, um das elende Teil aufzuziehen, denn das alte Holz war verquollen und klemmte. Lachsalven folgten ihr, als sie endlich durch den Türschlitz entkam und in den Hof hineinlief.
Sie rettete sich zu einem der Nebengebäude, presste den Rücken gegen die hölzerne Wand und hoffte inständig, dass niemand sie hier finden würde. Eine Weile stand sie, versuchte, ihren heftigen Atem zu bezwingen, und starrte dabei auf den kreisrunden Mond, der über der zackigen Silhouette der Berge stand und ihr geradezu beängstigend hell erschien. Sie spürte, wie sie leise zitterte, eine unsagbare Sehnsucht und Traurigkeit hatte sie erfasst. Warum tat er ihr das an?
Ein Hund kläffte, der im Mondlicht neben dem Brunnen gedöst hatte. Schatten schienen sich neben den Gebäuden zu regen, der Wind hob ihren Rock und spielte mit den Bändern ihres Kleides. Sie rührte sich nicht, starrte auf die Eingangstür des Wohnhauses, die sich langsam öffnete. Eine große Gestalt erschien, zog die Tür hinter sich zu und stand nun im Hof, vom blassen Mondlicht angeleuchtet.
„Du brauchst dich nicht zu verstecken“, knurrte Andrej, „komm her, ich will mit dir reden.“
Sie hörte den Zorn in seiner Stimme und erbebte. Sie würde ihm Abbitte leisten, ehrlich und ohne etwas zu beschönigen. Er hatte ein Recht darauf, ganz gleich, was er damit anfing.
„Ich bin hier.“
Er folgte dem Klang ihrer Stimme, war mit wenigen Schritten dicht bei ihr, und die Hitze seines Körpers erschreckte sie.
„Andrej, ich muss …“, begann sie stockend.
Doch er unterbrach sie, fasste ihre Handgelenke und presste sie so fest, dass sie aufschrie.
„Ich habe keine Lust mehr auf deine Geschichten, Comtesse“, blaffte er sie an, „Oleg ist der Mann, dem du Treue bis in den Tod geschworen hast. Der edelmütige Hochverräter, den du aus seiner Kerkerhaft erlösen willst. Der Mann, der dich bis zum Ende deines Lebens verzweifelt lieben wird! Das wolltest du mir doch erklären, wie?“
Sie schüttelte den Kopf, doch er kümmerte sich nicht darum. Stattdessen drängte er sich so dicht an sie, dass ihr fast der Atem stockte.
„Du bist einfach nicht zu bekehren, schöne Comtesse!“, zischte er ihr ins Ohr. „Sogar bis Jekaterinburg wolltest du ihm folgen. Hast ganz sicher dein Großmütterchen angefleht, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um den heißgeliebten Oleg vor der Verurteilung zu bewahren. Hat er dir schon ein Kind gemacht, schöne Dame? Darauf bist du doch aus, oder?“
Sie atmete halb betäubt den Duft seiner Jacke ein, die nach Rauch, nach Leder und nach seiner Haut roch.
„Nein, Andrej, es ist ganz anders …“
„Lüg mich nicht an, du!“
Seine Hände ließen blitzschnell ihre Handgelenke fahren, und er umfasste ihre Schultern. Noch nie war seine Berührung so hart und besitzergreifend gewesen, sie spürte durch das Korsett hindurch, wie seine Finger sich in ihren Rücken gruben.
„Ich bin mitgefahren, weil ich hoffte, dich wiederzusehen“, flüsterte sie.
Er stutzte, dann hörte sie sein tiefes, boshaftes Lachen und spürte, wie sein Brustkorb dabei bebte. „Das ist der beste Witz, den ich seit langem gehört habe!“
„Das ist die Wahrheit, verdammt noch mal“, begehrte sie auf und versuchte erfolglos, sich gegen ihn zu stemmen, „ich habe dich wie eine Verrückte in Perm gesucht, aber du hattest die Stadt schon verlassen. Es blieb mir nur eine einzige Chance: Du wolltest das Gold, und dazu musstest du Oleg haben.“
Er schob sie ruckartig von sich weg, hielt sie an den Armen fest und betrachtete ihr Gesicht, das unter dem verrutschten Hut halb verborgen war. Langsam fasste er ihre Haube, zog sie ihr vom Kopf und ließ sie auf den Boden fallen.
„Du erzählst hübsche Märchen,
Weitere Kostenlose Bücher