Die Geliebte des Kosaken
die ganze Zeit über. Wir sollten vielleicht doch besser eine Reisekutsche besorgen.“
Andrej tat einen Seufzer und zurrte den Sattelgurt fester. Er hatte sich schon gedacht, dass der Ärger bald losgehen würde. Aber er würde hart bleiben, denn wenn er schon gleich zu Anfang auf ihre Wünsche einging, würde sie ihm schließlich vollkommen auf der Nase herumtanzen.
„Was gedenkt die Dame in der Kutsche zu transportieren?“, fragte er ironisch. „Kleider, Hutschachteln, ihre Pomadedöschen?“
„Natürlich nicht …“, murmelte sie und kniff die Lippen zusammen, um ihren Unmut nicht offenkundig werden zu lassen, „ich dachte, im nächsten größeren Ort einige Dinge einzukaufen.“
„Daraus wird nichts. Wir werden einige Abkürzungen nehmen müssen, die mit einer Kutsche nicht befahrbar sind. Du willst doch so rasch wie möglich nach Perm, oder?“
Sie schluckte und nickte dann. Natürlich, er hatte ja recht, sie durfte Oleg auf keinen Fall länger als nötig in seinem Gefängnis schmachten lassen. Also würde sie die Unannehmlichkeiten eines so langen Rittes wohl auf sich nehmen müssen.
Er hielt ihr den Steigbügel und half ihr erstaunlich galant auf den Wallach hinauf. Vorher hatte er dem Wirt die ausgemachte Summe gezahlt – von ihrem Geld. Andrej hatte zwar selbst einiges Geld dabei, doch er war der Überzeugung, dass es für Natalja nicht gut war, zu viele Rubelscheine zu besitzen. Im Gegenteil – je knapper ihre Mittel waren, desto weniger Unfug konnte sie damit anstellen.
Sie hielt sich nicht übel auf dem Pferd, vermutlich hatte sie einen guten Reitlehrer gehabt, denn sie kam mit dem Tier blendend zurecht. Hin und wieder ließen sie die Pferde traben, ritten über blühende Wiesen und durch kleine Birkenwäldchen, und Andrej stellte zufrieden fest, dass ihr der Ritt sogar Spaß machte. Es war ein heißer Julitag, der Boden dampfte die Feuchtigkeit der vergangenen Regentage aus, ein wilder Duft nach Gras, Kräutern und warmer Erde stieg zu ihnen auf, während das rasche Tempo der Pferde ihre heißen Wangen kühlte. Nach zwei Stunden machten sie Rast an einem Bach, der sich in sandigem Bett durch die Wiese schlängelte, und ließen die Pferde trinken. Natalja hockte sich ans Ufer und versuchte, das klare Wasser mit der Hand zu schöpfen, während Andrej sich seiner Stiefel entledigte.
„Hier, nimm, damit geht es leichter.“
Er hatte einen hölzernen, lackierten Becher aus seiner Satteltasche gezogen und reichte ihn ihr. Sie tauchte ihn ins Wasser, um ihn zu füllen, trank ein paar Schlucke und hielt ihm dann den halbvollen Becher hin.
„Heißen Dank“, witzelte er und trank das Wasser in einem Zug. Er kam sich höchst albern vor, aber er hatte sich tatsächlich bemüht, dort zu trinken, wo er den Abdruck ihrer Lippen entdeckt hatte. Er musste sich wirklich zusammenreißen, solche Gefühlsduseleien gingen meist schlecht aus.
„Wenn du hungrig bist – es gibt etwas Brot und einige kalte Pasteten in meiner Satteltasche. Aber iss nicht zu viel – es muss bis zum Abend für uns beide reichen.“
Während sie sich an seiner Satteltasche zu schaffen machte, krempelte er sich die Hosenbeine hoch, stieg in den Bach und planschte darin herum. Genüsslich kühlte er sich das Gesicht mit dem klaren, frischen Wasser, schnaubte und trocknete sich mit dem Hemdsärmel ab. Sie stand am Ufer, kaute ein Stück Pastete und sah ihm neidisch dabei zu. Ach – sie wäre jetzt auch gern ins kühlende Nass gestiegen, barfuß, nur mit einem kurzen Hemd bekleidet, so wie sie es als Kind oft zu Hause auf dem Gut mit den Dorfkindern zusammen getan hatte. Aber natürlich kam so etwas in Gegenwart eines Mannes nicht in Frage.
„Bekomme ich auch etwas?“
„Wenn du ans Ufer kommst.“
Er stieg zu ihr hinauf, erhielt ein Stück Pastete und hockte sich damit ins Gras. Belustigt sah er zu, wie sie unschlüssig am Bachrand stand, einen Schuh auszog und den nackten Fuß ins Wasser hielt.
„Ist schön kühl, das Wasser – tut richtig gut“, bemerkte er grinsend und streckte sich auf dem Rücken aus.
Natalja schielte zu ihm hinüber und stellte fest, dass er die Augen geschlossen hatte. Was für ein großer Kerl er war – seine Waden, von denen die Sonne jetzt die Wassertröpfchen leckte, waren kräftig und muskulös, und auch die Oberschenkel, die sich unter der Hose abzeichneten, konnten sich sehen lassen.
Es ist doch eigentlich sehr nett, einen großen Bruder zu haben, dachte sie und wusste nicht,
Weitere Kostenlose Bücher