Die Geliebte des Kosaken
Nachttiere erwachten, hockte man zu dritt bei einer Kerze vor der Kate, aß Brot, Gurken, getrocknete Birnen und wilden Honig, und Andrej hatte seine Freude an der redseligen Natalja. Sie hatte einige Geschichten aus ihrer Kindheit auf dem Gutshof der Großmutter hervorgekramt, erzählte Märchen von der Hexe Baba Jaga und den beiden Bärenbrüdern. Der Alte hörte mit leuchtenden Augen zu und fing dann selbst an, von den schönen Rusalki zu berichten und vom Wassergeist, der auf dem Grunde des Sees einen Kristallpalast bewohnte und manchmal junge Mädchen dorthin entführte.
Der alte Mann war nicht davon abzubringen, selbst vor der Kate auf der Bank zu schlafen und den Platz drinnen auf der Ofenbank seinen Gästen zu überlassen. Natalja war wenig glücklich darüber, denn die Hütte war eng und schmutzig, doch sie begriff, dass sie ihren Gastgeber mit einer Ablehnung tödlich beleidigt hätte, und so nahm sie sein großmütiges Angebot an.
„Braves Mädchen“, murmelte Andrej, als sie sich in der Kate einrichteten.
Sie versuchte, aus seiner Reisedecke eine einigermaßen weiche Unterlage herzustellen, und fand sein Lob eher ärgerlich. Wollte er sich schon wieder über sie lustig machen? „Da wir nun leider gemeinsam in einem Raum schlafen müssen, bitte ich dich, wenigstens oben auf dem Ofen zu nächtigen“, sagte sie spitz.
Er war verärgert, denn er hatte sie keineswegs verspotten wollen. Außerdem war der Platz oben auf dem gemauerten Bauernofen ziemlich eng und unbequem. Aber er wollte nicht anfangen zu streiten, deshalb stieg er ohne Widerrede hinauf, fegte die Spinnweben beiseite und bemühte sich, eine halbwegs angenehme Schlafposition zu finden. Es wäre tatsächlich viel gemütlicher gewesen, draußen auf der Wiese zu schlafen, selbst wenn man mit nächtlichem Besuch von Füchsen und Bären rechnen musste. Wäre er allein unterwegs gewesen, hätte er es sicher getan.
„Gute Nacht!“
„Schlaf süß“, gab er bissig zurück und rückte näher zur Wand, um nicht nachts vom Ofen zu fallen. Wie er erwartet hatte, behielt sie die Kleider an, und er konnte hören, wie sie auf dem harten Lager hin- und herrutschte und dabei leise seufzte. Trotz allem tat sie ihm ein wenig leid, er nahm sich vor, bei passender Gelegenheit dafür zu sorgen, dass sie wieder in einem Bett schlafen konnte. Dann hörte er ihre regelmäßigen Atemzüge, und die Augen fielen ihm zu.
„Andrej!“
Erschrocken fuhr er aus dem Schlaf hoch, stieß dabei mit dem Kopf gegen die Balken der Zimmerdecke und tat einen unflätigen Fluch. Wollte diese unmögliche Person ihn eigentlich keine Nacht ruhig schlafen lassen? „Was ist? Ist eine Maus durch die Kate gelaufen, oder hast du wieder jemanden erschlagen?“
Sie zog so fest an seinem Fuß, dass er fast von seinem hohen Schlafplatz herabgerutscht wäre. „Da ist … da ist ein Mann am Fenster, Andrej“, flüsterte sie. „Er hat zu uns hineingesehen – oh Andrej, ich habe mich so erschrocken!“
Er warf einen Blick zum Fenster, doch dort war nichts als ein schmaler, heller Mond auszumachen. „Du träumst, Natalja“, knurrte er, behielt das Fenster jedoch im Auge.
„Ich träume nicht. Ich habe es genau gesehen, der Schreck steckt mir noch in allen Gliedern, Andrej!“
„Es wird der Alte gewesen sein. Vielleicht kann er nicht schlafen …“
„Nein, es war ein junger Mann. Das Gesicht war bleich, die Augen schwarz, und er hatte einen Schnurrbart …“
Er rutschte vom Ofen, wobei er eine Menge Staub aufwirbelte, dann ging er leise zur Tür. Eines der Pferde, die im Garten angebunden waren, schnaubte, vielleicht war ja ein Fuchs um die Wege. „Bleib hier und rühr dich nicht!“, befahl er Natalja, die seine Bewegungen ängstlich verfolgte.
„Sei vorsichtig“, flehte sie.
Er grinste, es gefiel ihm, dass sie offensichtlich Angst um ihn hatte. Behutsam zog er die Tür so geschickt auf, dass sie nicht einmal knarrte, und starrte hinaus. Die Nacht war hell, und der Wald lag wie ein schwarzes Gespinst auf den mondbeschienenen Wiesen. Es war niemand zu sehen, nur der Alte schnarchte auf der Bank und murmelte im Schlaf ab und zu vor sich hin.
Andrej wollte sich schon wieder in die Kate zurückziehen, da entdeckte er einen Schemen hinter dem Holzzaun. Kein Zweifel – ein Mensch schlich geduckt am Zaun entlang.
In Sekundenschnelle war er über den Zaun gesprungen, erwischte den Mann am rechten Fuß, versuchte, ihn an der Jacke zu packen, doch der Kerl war gelenkig wie
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