Die Geliebte des Kosaken
eigentlichen Anführer der Bande, um seine Befehle auszuführen? Oder hatte man etwa vor, sie zu verkaufen, und wartete nur auf den Geschäftspartner, der sie begutachten sollte? Sie spürte, wie ihr schwindelig wurde und die Beine unter ihr wankten. Oh Gott, sie würde gleich in Ohnmacht fallen – nur das nicht. Bloß nicht ohne Willen und Bewusstsein diesen Kerlen ausgeliefert sein!
„Da ist er! Schneller als gedacht. Jetzt aufgepasst!“
Der Mensch mit dem dunklen Schnurrbart stieß sie fester gegen die hölzerne Wand, das Messer war nun so dicht an ihrem Hals, dass die kühle Klinge ihre Haut berührte. „Ein Mucks, und du bist tot, Mädchen!“
Man hörte ein leises Knarren auf der hölzernen Stiege, dann flog die Tür krachend auf, von einem kräftigen Stiefeltritt fast aus den Angeln gerissen. Eine hochgewachsene, kräftige Gestalt erschien in der Tür – Andrej. Mit gefährlich schmalen Augen starrte er auf die bewaffneten Männer, dann auf Natalja, die geknebelt an der Wand lehnte, ein Messer an der Kehle.
„Was soll das?“, knurrte er wütend. „Gehört es zu eurem Auftrag, junge Mädchen zu entführen?“
„Man packt die Gelegenheit da, wo sie sich bietet, Dorogin“, höhnte der Mann mit den Bartkoteletten, der von seinem Kumpan Sergej genannt worden war. „Wenn du sie lebend wiederhaben willst, wirst du mit uns verhandeln müssen.“
Natalja starrte mit weit aufgerissenen Augen von einem zum anderen. Sie war zuerst glücklich gewesen, Andrej zu sehen, dann begriff sie, dass er in die Falle gelockt worden war. Was für ein Auftrag? Und wieso kannte Andrej diese Männer?
„Ich verhandele nicht mit Verrätern“, rief Andrej wütend und warf das Haar aus der Stirn, „gebt sie heraus, oder ich hole sie mir zurück.“
Sergej grinste belustigt. „Eine ungeschickte Bewegung, Dorogin, und dieses hübsche Mädchen verblutet zu deinen Füßen. Es wäre schade, denn man könnte die Kleine zu schöneren Dingen gebrauchen …“
„Wenn ihr der Frau auch nur ein einziges Haar krümmt, findet ihr euch noch heute allesamt in der Hölle wieder!“
Natalja hörte die Männer lachen, wenn auch etwas gezwungen. Es schien, als vertrauten sie darauf, dass sie eine Geisel hatten. Großer Gott – warum war sie nur so dumm gewesen, sich so weit von Andrej zu entfernen? Sie hatte ihn damit in Lebensgefahr gebracht.
„Sei ohne Sorge, Dorogin“, gab jetzt Sergej zurück. „Wir haben nicht vor, deine süße kleine Freundin mehr als nötig anzutasten. Wenn du dich genau an unsere Wünsche hältst, wirst du sie fast unbeschadet zurückbekommen.“
Andrej stand immer noch im Türrahmen, seine Blicke wanderten rasch zwischen den Männern hin und her, jederzeit bereit, eine Unvorsichtigkeit zu entdecken und zu nutzen. Doch bisher gaben sich die Spione keine Blöße. Es würde also klüger sein, sie noch ein wenig reden zu lassen. „Was für Wünsche?“, fragte er grimmig, obgleich er längst ahnte, was diese Gauner vorhatten.
Sergej grinste erfreut – sein Gegner war bereit zu verhandeln. „Wir haben großes Vertrauen zu dir, Dorogin, und denken, dass du das Zeug schon herbeischaffen wirst.“
Andrej schwieg, sein Blick wanderte zu Natalja, die ihn mit starren Augen ansah, und er hätte die verfluchten Kerle gern mundtot gemacht, denn sie würde jetzt Dinge hören, von denen sie besser nichts erfahren hätte.
„Wenn ihr verhandeln wollt, dann nehmt das Messer herunter“, knurrte er.
„Das Messerchen an der Kehle der Kleinen ist leider notwendig, damit sie keine Dummheiten macht.“
Natalja fing einen besorgten Blick Andrejs auf, und sie begriff, dass man ihn erpresste, weil sie so dumm gewesen war, sich entführen zu lassen.
„Wir haben einen großzügigen Vorschlag, Dorogin“, nahm der Mann mit den Bartkoteletten den Faden wieder auf, „ein Drittel für uns, eines für Kaschubow und der Rest für dich.“
Andrej lachte grimmig. Wenn Kaschubow dieses Gespräch hören könnte, würde er vermutlich vor Wut zerspringen. Ja, es war auf niemanden Verlass. Nicht einmal auf die eigenen Spitzel. „Eine feine Idee!“
„Nicht wahr? Bedenke, dass wir in diesem Fall sogar für deine Sicherheit sorgen werden.“
„Ich bin gerührt!“
„Wir werden dir in einiger Entfernung folgen, und deine hübsche Braut wird mit uns reiten. Du kannst sicher sein, dass wir gut auf sie aufpassen werden.“
„Davon bin ich überzeugt. Lasst euch sagen, dass aus diesem Plan nichts werden …“ Er unterbrach
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