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Die Geliebte des Kosaken

Die Geliebte des Kosaken

Titel: Die Geliebte des Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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am Arm gefasst. Die Berührung hatte sie beruhigen sollen, Natalja aber zuckte angstvoll zusammen.
    „Du bleibst hier und rührst dich nicht von der Stelle“, flüsterte er ihr zu. „Ich erkläre dir alles später.“
    Sie sah ihn mit schmalen Augen an. „Du willst also mit diesen Kerlen reiten?“
    „Es bleibt mir im Augenblick nichts anderes übrig, Natalja.“
    „Ich verstehe“, sagte sie mit eisiger Miene.
    Andrej litt unendlich unter ihrer Verachtung, konnte ihr aber nicht verdenken, dass sie nicht mehr wusste, was sie von ihm halten sollte. Verflucht – wenn er ihr nur schon früher einiges aus seiner dunklen Vergangenheit erzählt hätte, dann wäre sie jetzt wenigstens vorbereitet gewesen.
    Draußen vor der Scheune hörte man Bogdans Kommandorufe, Pferdehufe stampften auf den Boden. Andrej hielt es für das Beste, jetzt energisch zu werden. Er fasste Natalja hart bei den Schultern und herrschte sie unfreundlich an: „Jetzt hör mir einmal zu, Natalja. Ich bin nicht freiwillig bei dieser Sache dabei. Wenn ich jetzt mitreite, dann tue ich es nur aus einem einzigen Grund: weil ich dich schützen will.“
    Sie zappelte und versuchte, sich aus seinem Griff herauszuwinden, doch je mehr sie sich mühte, desto fester hielt er ihre Schultern umfasst. „Das ist ja großartig!“, schimpfte sie. „Jetzt benutzt du mich schon als Vorwand für deine Verbrechen.“
    „So nimm doch Vernunft an, Natalja!“, stöhnte er. „Es ist alles ganz anders, als du glaubst, ich schwöre es dir!“
    „Ich bin vollkommen vernünftig. Du bist ein Verbrecher und ich die Verlobte eines ehrenhaften Mannes. Wir passen nicht zusammen, Kosak.“
    Ihre Worte trafen ihn so tief, dass er nichts darauf erwidern konnte. Doch sie schien auch keine Antwort zu erwarten.
    „Ich werde auch ohne dich nach Perm gelangen.“
    Er starrte in ihr zornglühendes Gesicht und begriff, dass sie imstande war, diese kindische Idee in die Tat umzusetzen. „Gut“, sagte er resigniert und ließ ihre Schultern los, „tu, was du nicht lassen kannst.“
    Er ging ohne Eile zu seinem Sattel, hob ihn mit leichtem Schwung auf die Schulter und verließ die Scheune. Knarrend schlossen sich die beiden Torflügel, mit einem dumpfen Schlag legte jemand von außen den hölzernen Riegel vor. Dann waren nur noch die Pferdehufe auf dem feuchten Wiesenboden zu hören, ein mattes, trommelndes Geräusch, das sich rasch entfernte.
    Natalja stand fassungslos im Halbdunkel der Scheune. Mit allem Möglichen hatte sie gerechnet – aber nicht damit. Erst nach einigen Sekunden stürzte sie zum Tor und rüttelte daran, doch wie erwartet widerstand es allen Versuchen, den Riegel zu sprengen.
    Natalja kamen vor Zorn die Tränen, sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die verschlossenen Torflügel und schluchzte hemmungslos. Alle Enttäuschung, die sich in ihrem Inneren angestaut hatte, wollte nun aus ihr heraus. Sie wischte sich das Gesicht mit einem Zipfel ihrer Jacke, und immer wenn sie glaubte, sie habe jetzt endlich genug geheult, schüttelten sie neue Weinkrämpfe.
    Erst nach einer Weile beruhigte sie sich und sah mit verquollenen Augen zum Scheunendach hinauf. Dort schwebte ein gleißender Lichtstrahl wie der Fingerzeig eines Riesen. Die Sonne schien durch das kleine Fensterchen in die Scheune hinein. Natalja blinzelte ins Licht, und ihre Laune besserte sich schlagartig. Warte nur, Andrej Dorogin, dachte sie grimmig.
    Es stellte sich heraus, dass Männerkleidung ungeheuer praktisch war, wenn man versuchte, an einer Scheunenwand hinaufzuklettern. Kein störender, langer Rock, keine enge Korsage, nichts, was die Beweglichkeit des Körpers behinderte. Allerdings musste Natalja bald feststellen, dass es nicht so einfach war, es dem jungen Kosaken gleichzutun, der sich so leichtfüßig zum Dach hinaufgeschwungen hatte. Keuchend zog sie sich auf einen Querbalken, schaute nach unten und hoffte inständig, dass das Heu ihren Sturz abmildern würde, falls sie bei dieser Kletterei den Halt verlieren sollte. Auf allen vieren kroch sie den Balken entlang und erreichte endlich das kleine Fenster, das dicht unter dem Giebel angebracht war. Aufatmend fasste sie die geschnitzte Umrandung, erhob sich auf die Knie und spähte hinaus. Ein frischer Wind fuhr ihr durchs Haar und kühlte ihr verschwitztes Gesicht. Die Sonne stand bereits schräg, das Wasser des breiten Flusses schimmerte wie flüssiges Metall, doch die dunkel gekleideten Gestalten, die sich dort bewegten, waren deutlich zu

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