Die Geliebte des Kosaken
…“
„Nein“, ächzte er mühsam, „reite weiter … solange … das Pferd laufen kann … Nadenka …“
Andrejs Pferd hatte gespürt, dass sein Reiter herabrutschte, es blieb stehen, und Natalja konnte gerade noch absteigen und Andrejs bewusstlosen Körper davor bewahren, auf den Waldboden zu plumpsen. Mühsam schob sie ihn wieder in den Sattel, er schien ihr unglaublich schwer und drohte jederzeit wieder zur anderen Seite hinunterzukippen. Dann stieg sie hinter ihm auf, umfasste seinen Oberkörper und trieb das Tier erneut an.
Sie konnten nur im Schritt reiten, immer wieder musste sie den Bewusstlosen auf dem Sattel zurechtschieben, ihn stützen und verhindern, dass er fiel. Es ging fast über ihre Kräfte, doch sie wäre eher gestorben, als ihn hier allein liegenzulassen.
Es ging schon gegen Mittag zu, als sie zu einem Bachlauf gelangten, ein schmales, klares Gewässer, das sich tief in den Boden eingegraben hatte und dort über Steine und Felsbrocken eilig dahinströmte. Natalja war so erschöpft, dass das helle Wasser ihr vor den Augen flirrte, und sie gab dem Drang des Pferdes nach, hinunterzulaufen und zu trinken. Langsam, als wisse das Tier, wie unsicher sein Reiter im Sattel hing, stieg es die steile, sandige Böschung hinunter und blieb geduldig stehen, während Natalja rasch hinabglitt und dann Andrejs leblosen Körper, so gut es ging, abstützte. Er fiel wie ein Sack Steine zu Boden, und Natalja erschrak, als sie sah, dass Blut aus seinem schwarzen Haar tropfte. Vorsichtig drehte sie ihn auf den Rücken, seine Augen waren geschlossen, das Gesicht totenblass, doch sein Brustkorb hob und senkte sich regelmäßig.
„Andrej“, flüsterte sie verzweifelt, „Andrej – so wach doch auf. Bitte wach auf …“
Zärtlich strich sie über seine Stirn und begann dann, seinen Kopf zu untersuchen. Auf der rechten Seite war sein Haar von Blut verklebt, darunter befand sich eine aufgeplatzte Schwellung. Ein Knüppel musste ihn knapp über dem rechten Ohr getroffen haben. Auch sein Hemd trug Blutflecken, doch als sie den halb zerfetzten Stoff zur Seite schob, sah sie, dass er zahlreiche Prellungen, jedoch keine weitere Wunde davongetragen hatte. Das Blut stammte vermutlich von seiner Kopfverletzung.
Sie riss einen seiner Ärmel herunter und tauchte den Stoff in den Bach, um die Schwellung damit zu kühlen. Was sonst konnte sie tun? Sie würde nicht in der Lage sein, ihn wieder in den Sattel zu heben – also konnte sie nur versuchen, ihn so gut wie möglich zu pflegen, und dabei hoffen, dass die Männer sie nicht finden würden.
Sie wusch seine Wunde aus und legte das nasse Tuch auf die Schwellung, danach trank sie etwas Wasser und setzte sich erschöpft neben ihn. Sie hatte alle ihre Vorräte verschenkt – nun blieb ihnen selbst nichts mehr, und sie begriff, dass Andrejs Ärger nicht unberechtigt gewesen war.
Der Wald war in der Mittagssonne voller Vogelgesang, leise gluckerte und plätscherte das Bächlein, Mücken summten, grüne Libellen tauchten auf, schwebten über dem Wasser und zogen wieder davon. Das Pferd hatte sich satt getrunken und zupfte nun an den Gräsern des Bachufers – alles schien so friedlich. Natalja wusste, dass die Ruhe trügerisch war. Immer wieder schaute sie sich prüfend um und horchte auf die Geräusche des Waldes, dann blickte sie auf Andrejs regloses Gesicht, und Bangigkeit überfiel sie. Was würde sie tun, wenn er starb?
Er stirbt nicht, machte sie sich Mut. Er wird eine Weile bewusstlos sein und dann wieder zu sich kommen. Andrej hat einen harten Schädel, ein Hieb mit einem Knüppel bringt ihn nicht um.
Sie ging zu seinem Pferd, streichelt seinen glatten Hals, die zarten Nüstern und sprach leise mit ihm. Das Tier rieb seinen Kopf an ihrer Schulter, knabberte spielerisch an ihrem Ärmel und suchte dann weiter nach Fressbarem. Natalja tauchte die warme Stoffkompresse in den Bach und legte sie erneut auf. Dann streckte sie sich neben Andrej aus, schmiegte sich an ihn und legte eine Hand auf seine Brust, um seinen Atem spüren zu können. Sein Körper war warm, manchmal zitterte er leicht, sein Herz schlug jedoch nur schwach.
Stunden verstrichen. Kleine braune Vögel setzten sich auf die Steine, die aus dem Bach herauslugten, und tauchten die Schnäbel hinein. Fliegen umsummten sie, das Pferd stand im Schatten und döste vor sich hin. Natalja fuhr empor, als Andrej leise stöhnend den Kopf bewegte.
„Andrej?“, flüsterte sie. „Andrej – kannst du mich
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