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Die Geliebte des Kosaken

Die Geliebte des Kosaken

Titel: Die Geliebte des Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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hören?“
    Seine Augenlider zitterten, er öffnete die Augen zu kleinen Schlitzen und schloss sie gleich wieder. „Nadenka?“, murmelte er. „Du dummes Mädchen, du.“
    Sie war so erleichtert, dass ihr die Tränen die Wangen hinunterliefen. Er kam wieder zu sich. Und er konnte sogar schon wieder an ihr herumnörgeln. „Du hast wohl gehofft, mich loszuwerden?“, schluchzte sie. „Da hast du Pech gehabt.“
    Er berührte mit der Hand vorsichtig die Beule an seinem Kopf und verzog das Gesicht. Dann öffnete er wieder die Augen, und dieses Mal schien er sie zu erkennen.
    „He Nadenka“, sprach er leise, „warum weinst du?“
    „Ich weine überhaupt nicht.“
    „Nicht? Und was ist das da?“ Er strich über ihre Wange und fühlte die Feuchtigkeit zwischen seinen Fingern.
    „Nichts …“
    Sie lief davon, um Wasser für ihn zu holen, und während er trank, wechselte sie die Kompresse. Vorsichtig versuchte er, den Oberkörper zu heben, sank jedoch gleich wieder zurück.
    „Mein Schädel brummt wie ein Bienenstock“, stöhnte er, „wenn ich mich aufsetze, werden Hornissen daraus, verdammt!“
    „Bleib liegen“, befahl sie und setzte sich wieder neben ihn ins Gras, „bis jetzt hat uns niemand gefunden – vielleicht haben sie die Suche aufgegeben.“
    Andrej lag ausgestreckt auf dem Rücken und blinzelte in das grüne Gezweig, das sich über sie neigte. Als er Natalja neben sich spürte, schob er einen Arm um ihre Taille und zog sie an sich. Sie kuschelte sich wieder an seine Seite und war glücklich, dass seine Hand über ihren Rücken strich und mit ihrem Haar spielte.
    „Du wolltest also lieber gemeinsam mit einem Gauner ins Verderben rennen, als dich in Sicherheit zu bringen.“
    „Bitte sprich nicht so viel, Andrej, du musst dich schonen.“
    „Warum bist du nicht davongeritten, wie ich dir gesagt habe?“, beharrte er.
    Sie stieß die Luft aus. Immer diese Fragen, kaum ging es ihm ein wenig besser, schon musste er sie damit bedrängen.
    „Warum hast du mich nicht den Männern ausgeliefert und bist deiner Wege geritten?“, fragte sie herausfordernd zurück.
    „Weil ich lieber sterben würde als zusehen, wie ein Mann eine Frau vergewaltigt“, sagte er mit dunkler Stimme.
    Natalja schwieg. Es klang edelmütig, ritterlich. Viele Männer ihrer Bekanntschaft hätten ihr vermutlich das Gleiche versichert. Aber Andrej war der Einzige, der es ihr bewiesen hatte. Und das nicht nur einmal.
    Ihr Kopf lag an seiner Brust, sie konnte sein Herz hören, und sie spürte wieder, wie seltsam geborgen sie sich bei ihm fühlte.
    „Ich werde das Bild nicht los“, fuhr er leise fort und starrte in die Zweige über sich, „die junge Frau, die durch den Wald reitet, das lange, blonde Haar weht im Wind, ihr Reiterkleid bauscht sich und flattert. Ein Mann reitet ihr entgegen, verstellt ihr den Weg, zerrt sie vom Pferd …“
    Es klang fast, als rede er mit sich selbst, doch sie fühlte, wie seine Hand sich in ihr Haar grub.
    „Ein Bild, das ich nie gesehen habe, Natalja. Und doch ist es mir immer vor Augen gewesen – die schöne adelige Frau, die von einem Kosaken vergewaltigt wird …“
    Sie drehte den Kopf und starrte ihn an. Plötzlich fügte sich alles zusammen, und sie begriff. „Deine Mutter?“, flüsterte sie fast unhörbar.
    „Man hat versucht, es zu verbergen“, sagte er bitter, „aber der Kosakenbastard war auf den ersten Blick in der Schar der blonden Geschwister zu erkennen. Meine Mutter schämte sich meiner, mein Stiefvater hat mich gehasst. Als er vor ein paar Jahren starb, eröffnete man mir, dass er mich von seinem Erbe ausgeschlossen hat.“
    Sie wusste nichts zu sagen, jetzt wurde ihr vieles klar, das sie vorher nicht verstanden hatte. Sein unstetes Leben, seine Sucht, mit seinem Reichtum zu prahlen, die faulen Geschäfte, mit denen er sich Geld beschaffte, um das zu erkaufen, was man ihm nicht hatte geben wollen: Respekt und Akzeptanz.
    „Nun weißt du, was für einen Kerl du zu deinem Reisebegleiter gewählt hast, Natalja.“
    „Es ist nicht deine Schuld, was geschehen ist …“, meinte sie leise.
    Er verzog das Gesicht. Das Letzte, was er sich von ihr erhoffte, war ihr Mitleid.
    „Oh nein – damals nicht. Aber ich bin kein armes Opferlamm, das du bedauern könntest, sondern ein schwarzes Schaf. Ich habe meine Offizierslaufbahn zerstört, weil ich mich in die Frau eines Vorgesetzten verliebt habe. Ich habe unzählige Duelle wegen irgendwelcher Weibergeschichten gefochten. Ich habe

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