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Die Geliebte des Kosaken

Die Geliebte des Kosaken

Titel: Die Geliebte des Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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„wir sollten von hier fortreiten.“
    „Ich habe fast immer recht“, meinte er grinsend, „schön, dass du es endlich einsiehst.“
    „Lass die Witze, Andrej. Hör lieber zu.“ Seine Miene wurde sehr ernst, während sie von ihrer Begegnung berichtete, dann erhob er sich und sattelte das Pferd. „Was denkst du darüber?“, wollte sie wissen.
    „Dass wir verschwinden sollten“, sagte er kurz angebunden. „Großmütig, wie du bist, hast du alle unsere Vorräte verschenkt, so dass wir nun selber in Schwierigkeiten sind.“
    „Die beiden waren am Verhungern“, gab sie empört zurück.
    Er zog den Sattelgurt fest und legte dem Pferd das Zaumzeug an. „Hör zu, Natalja“, erklärte er dann, „ich kann sehr gut verstehen, dass du Mitleid mit ihr hattest – aber ich bin Realist und sehe auch unsere eigene Lage. Mit einem Messer allein werde ich kaum einen Hasen erlegen – wir werden heute vermutlich keinen Bissen zwischen die Zähne bekommen.“
    „Und wenn schon – wir werden es überleben“, schimpfte sie. „Dieser kleine Junge hatte hohle Wangen wie ein alter Mann, und die Frau war so dünn, dass das Kleid um ihren Körper schlotterte …“
    „Steig jetzt auf!“
    Er saß bereits im Sattel und half ihr hinauf, doch sie war so zornig, dass ihr ganzer Körper starr vor Ablehnung war. Schweigend ritten sie durch das alte Hoftor, dann wählte Andrej einen Wiesenpfad, der weitab von dem Dorf in den Wald hineinführte.
    „Es lohnt nicht, darüber zu streiten, Natalja“, nahm er das Gespräch wieder auf , denn ihr Zorn tat ihm weh. „Diese Leute sind zu bedauern, aber sie haben selbst Schuld an ihrem Unglück.“
    Das hatte die Frau auch gesagt. Trotzdem schwieg Natalja beharrlich, sie war tief enttäuscht davon, dass Andrej so hart sein konnte.
    „Ich müsste mich schwer irren, wenn die Sache nicht so gelaufen ist“, fuhr er fort. „Die Leibeigenen in den Dörfern rings um den Gutshof haben sich gegen den Gutsherrn erhoben. Vielleicht haben sie ihn verjagt, wahrscheinlicher ist, dass sie ihn und seine Familie erschlagen haben. Dann sind sie kopflos in das Gutshaus eingedrungen, haben alles weggeschleppt, was sie gebrauchen konnten, die Speicher und Speisekammern geleert und schließlich auch das Vieh genommen.“
    „Das kann ich nicht glauben“, flüsterte sie entsetzt. Doch ihr Verstand sagte ihr, dass Andrej auf der rechten Spur war.
    „Meine Güte, sei doch nicht so stur“, regte er sich auf. „Was glaubst du, woher das schöne, bunte Kleid dieser Bäuerin stammte? Sie haben wie die Mäuse im Speck gelebt, und niemand hat die Felder ordentlich bestellt. Ein Unglück zog das andere nach sich – sie mussten die Tiere verkaufen oder schlachten, und vermutlich haben sie sich auch untereinander zerstritten, die Dummköpfe. Wie hart der Gutsherr auch gewesen sein mag – jetzt sind sie noch viel elender dran als zuvor.“
    In Natalja regte sich Widerspruch. Alles schien ihr unglaublich ungerecht. „Dummköpfe sind sie nur, weil sie keine Schulen besuchen können und nichts lernen!“
    „Glaubst du, es hätte ihnen geholfen, lesen und schreiben zu können?“, fragte er sarkastisch, denn er kannte ihre idealistischen Vorstellungen.
    „Natürlich“, beharrte sie, „vor allem aber müssen sie frei sein. Ein Mensch, der immer nur gewohnt ist, den Nacken zu beugen, kann keine eigenen Entscheidungen treffen.“
    „Auch die Kosaken sind weggelaufene Leibeigene gewesen“, widersprach er ärgerlich, „aber sie haben sich Regeln und Gesetze gegeben und ihr Leben gemeistert.“
    Sie lachte höhnisch auf. „Oh ja – ich habe von den alten Kosakengesetzen gehört. War es dort nicht so, dass eine Frau allen gemeinsam gehört?“
    „Sei jetzt still“, knurrte er getroffen. „Wir sollten vorsichtiger sein.“
    Der Wiesenweg führte hier in den Wald hinein, und Andrej betrachtete misstrauisch den Boden, der Fußspuren aufwies. Er lenkte das Pferd noch eine Strecke am Waldrand entlang, um einen weiteren Pfad zu finden, doch es gab keine andere Möglichkeit, und so tauchten sie in die grünliche Dämmerung des Waldes ein.
    Natalja war froh, das unheimliche Tal hinter sich gelassen zu haben. Immer noch war sie ärgerlich auf Andrej, der nicht bereit war, an den guten Kern in jedem Menschen zu glauben. Geschahen solch grauenhafte Dinge nicht gerade deshalb, weil man den Leibeigenen die Freiheit verweigerte? Sie erinnerte sich an ihre Gespräche mit Oleg, der in allen Dingen immer ihre Ansichten

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