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Die Geliebte des Malers

Die Geliebte des Malers

Titel: Die Geliebte des Malers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Gedanken verbannen. Und zusätzlich musste es ihr jetzt auch noch gelingen, die Erkenntnis zu ignorieren, die ihr nach der Szene mit Gail gekommen war. Weder durfte sie daran denken, dass sie sich in Colin verliebt hatte, noch an die Umstände, die eine solche Liebe unmöglich machten. Für zwei volle Tage würde sie so tun, als hätte sie ihn nie getroffen.
    Cassidy schrieb wie eine Wilde. All ihre Ängste, ihr Kummer und ihre Sehnsüchte flossen in ihre Worte. Sie arbeitete bis spät in die Nacht. Bis sie sicher sein konnte, dass die Erschöpfung keine Träume zulassen würde. Und so schlief sie tief und fest, bis zur völligen Ermüdung, getrieben von ihrer eigenen Arbeitswut. Und wieder einmal vergaß sie zu essen.
    Am zweiten Tag setzte der Regen ein, doch Cassidy bemerkte es nicht einmal. Unten auf den Bürgersteigen hasteten die Passanten unter ihren Regenschirmen vorbei.
    Cassidy war so in ihre Gedankenwelt vertieft, dass sie aufschrie, als sich plötzlich eine Hand auf ihre Schulter legte.
    »Mann, Cassidy, entschuldige.« Jeff gab sich wirklich Mühe, betreten auszusehen, doch er brachte nur ein breites Grinsen zustande. »Ich habe angeklopft, mehrmals. Und dich zweimal von der Tür aus gerufen. Du bist ja völlig weggetreten.«
    Cassidy presste die Hand auf ihr Herz, so als müsse sie es an seinem Platz festhalten und holte erst einmal tief Luft. »Ist schon in Ordnung. Wir alle sollten von Zeit zu Zeit zu Tode erschreckt werden. Das hält den Kreislauf in Schwung. Was gibt’s? Ist es wieder dein Kühlschrank?«
    Jeff zog eine Grimasse und versetzte ihr einen Nasenstüber. »Was glaubst du, wo mein Herz ist? In deinem Kühlschrank? Cassidy, ich bin ein sensibler Typ, das kann meine Mutter dir bestätigen.« Lächelnd lehnte Cassidy sich in ihren Stuhl zurück, und er fuhr fort: »Ich habe heute einen Auftritt in der Kneipe unten an der Ecke. Komm mit mir mit!«
    »Oh Jeff, ich würde ja gerne, aber …« Sie wollte sich mit einer Geste auf die verstreuten Papiere auf ihrem Schreibtisch herausreden, doch da fiel Jeff ihr schon ins Wort.
    »Du sitzt jetzt seit zwei vollen Tagen wie angekettet an dieser Schreibmaschine. Wann gedenkst du, mal wieder frische Luft zu schnappen?«
    Mit einem Achselzucken legte sie die Finger auf ein dickes Nachschlagewerk. »Morgen muss ich wieder ins Atelier zurück, und …«
    »Umso mehr Grund, heute Abend eine Auszeit zu nehmen und mal was anderes zu machen. Du treibst dich zu sehr an, Baby. Du brauchst eine Pause.« Er musterte ihr Gesicht und warf hinterher: »Ich könnte ein wenig Unterstützung im Publikum gebrauchen, weißt du? Wir aufstrebenden Stars sind nämlich eigentlich sehr unsicher.« Er grinste in seinen Bart.
    Cassidy seufzte erst, dann lächelte sie. »Also gut, ich komme mit. Aber lange kann ich nicht bleiben.«
    »Ich spiele von acht bis elf«, teilte er ihr mit und wuschelte ihr mit der Hand durchs Haar. »Vor Mitternacht bist du zu Hause und liegst kuschelig warm im Bett.«
    »Einverstanden. Um acht bin ich da.« Sie sah auf ihre Armbanduhr und tippte mit gerunzelter Stirn auf das Ziffernblatt. »Sie ist um viertel nach zwei stehen geblieben. Wie viel Uhr ist es jetzt überhaupt?«
    »Mittags oder nachts?«, hakte Jeff trocken nach. »Jetzt ist es kurz nach sieben. Momentchen mal.« Er musterte sie skeptisch. »Hast du heute schon etwas in den Magen bekommen?«
    Angestrengt versuchte Cassidy, sich zu erinnern. Hatte sie am Mittag einen Apfel gegessen? »Nicht so richtig«, antwortete sie wahrheitsgemäß.
    Jeff schnaubte und zog sie aus dem Stuhl auf die Füße. »Du kommst gleich mit mir mit. Ich spendiere dir einen Hamburger.«
    Cassidy strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Du meine Güte, so ein großzügiges Angebot hat mir schon lange niemand mehr gemacht.«
    »Hol deinen Mantel«, sagte er nur und war schon auf dem Weg zur Tür. »Wahrscheinlich ist es dir nicht einmal aufgefallen, aber es regnet in Strömen.«
    Cassidy sah kurz zum Fenster hinaus. »Stimmt«, nickte sie erstaunt. Sie zog eine gelbe Öljacke aus dem Schrank und schlüpfte hinein. »Kann ich auch einen Cheeseburger haben?«, kicherte sie und huschte an Jeff vorbei.
    »Frauen! Nie sind sie zufrieden!« Er zog die Apartmenttür hinter sich zu.
    Der Regen war Cassidy nicht unangenehm, im Gegenteil, er war erfrischend. Und der eilig verschlungene Cheeseburger und die Limonade waren ein wahres Festmahl nach den wenigen Bissen, die sie in den letzten zwei Tagen zu sich genommen hatte.

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