Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
Vom Netzwerk:
sondern auch von jenen des Königs. In genau der gleichen Situation war Mary schon einmal gewesen. Auch nun fühlte sie sich verängstigt und ohnmächtig. Sie ließ Stephens Hand nicht los, und er drückte tröstlich die ihre. Natürlich würde der König ihre Heirat nicht verhindern, das würde er nicht wagen.
    Auf dem Weg die Treppe zum Wohnturm hinauf fragte sich Mary, ob sie den englischen Hof immer fürchten und ihm gegenüber Ablehnung empfinden würde, ob sie sich hier stets wie eine Fremde unter Feinden fühlen würde. Es war ein weiterer ernüchternder Gedanke, obwohl sie am Vorabend ihrer Hochzeit doch eigentlich nur Aufregung und Freude empfinden wollte.
    Sie betraten den großen Saal, und die Gespräche verstummten allmählich. Die Lords und Ladys, an denen sie vorüberschritten, drehten sich nach ihnen um, aller Augen leuchteten erwartungsvoll.
    Mary bedauerte es, jemals einen Fluchtversuch unternommen zu haben. Es konnte Stephen nicht gefallen, dass ihr Widerstand so öffentlich geworden war. Sie zweifelte nicht daran, dass seine kurzzeitige Demütigung vielen der missgünstigen Lords sehr gefallen hatte.
    Während sie den Saal durchquerten, warf Mary einen Blick auf ihn. Er trug den Kopf hoch, seine Miene war unergründlich. Sie meinte, jemanden kichern und Stephens Namen erwähnen zu hören, doch als sie in die Menge blickte, konnte sie keinen Täter ausmachen.
    Mit der Zeit, dachte sie leidenschaftlich, würde die ganze Welt von ihrer Liebe und Loyalität zu Stephen erfahren. Sie würde alles wiedergutmachen.
    Sie gingen direkt zu den königlichen Gemächern im zweiten Stock. Beim Eintreten sahen sie, dass Malcolm, Margaret und drei von Marys Brüdern bereits warteten. Ihre Eltern unterhielten sich unweit des Podiums, auf dem Rufus auf seinem Thron saß, ziemlich steif mit dem Grafen und der Gräfin von Northumberland. Mary war überrascht, zwischen Edward und Edgar Doug Mackinnon auszumachen, und als er sie sah, wandte er rasch den Blick ab.
    Es entsetzte sie, dass er gekommen war. Sie konnte sich nicht vorstellen, weshalb er ihre Eltern begleitet hatte. Dann fiel ihr auf, dass sie seit ihrer Gefangennahme nicht einmal mehr an ihn gedacht hatte. Wie hatte sie jemals glauben können, in ihn verliebt zu sein? Und wie sollte sie ihm jetzt gegenübertreten?
    Mary blickte verstohlen zu Stephen, doch seine Miene zeigte keine Regung. Sie merkte, dass er nicht wusste, wer Doug war, und das erleichterte sie unglaublich. Inzwischen kannte sie ihn gut genug, um zu wissen, dass er nicht darüber erfreut sein würde, Dougs Bekanntschaft zu machen.
    Ihre Eltern sahen sie. Mary blieb stehen. Abgesehen von einem kurzen ersten Blick hatte sie es bisher vermieden, ihren Vater anzusehen. Bei ihrer Mutter, die den Tränen nahe schien, schaffte sie ein Lächeln. Ihren Vater ignorierte sie. Sie konnte ihm nicht in die Augen schauen.
    Stephen und Mary begrüßten den König.
    »Es freut mich, Euch bei so gutem Befinden zu sehen, Prinzessin«, sagte Rufus überschwänglich, mit geröteten Wangen und nach Wein riechend. Etwas Hämisches lag in seinem Blick. »Ihr seht nicht aus, als ob Ihr dem Tode nahe gewesen wärt.«
    »Ich habe mich erholt, Sire.«
    »Das freut Uns außerordentlich.« Doch Rufus war kaum an ihr interessiert. Er lächelte Stephen zu.
    Stephen erwiderte diese freundliche Geste nicht.
    »Sire«, sagte er nur knapp.
    Mary blickte auf den Mann, den sie liebte, und dann auf den König. Stephens Miene war unergründlich, die des Königs hingegen angeregt, seine Augen funkelten. Mary konnte den Blick nicht von William Rufus wenden. Wie gut sie einen solchen Gesichtsausdruck nun deuten konnte.
    Lieber Gott, der König ist verliebt in Stephen!
    Schließlich bemerkte Rufus, wie sie ihn anstarrte. Sein Lächeln verschwand, sein Blick wurde kalt.
    »Euer Vater erwartet Eure Begrüßung, Prinzessin.«
    Mary wandte sich ab, doch ihre Entdeckung schockierte sie noch immer. Sie hatte nicht den leisesten Zweifel an ihrer Richtigkeit.
    Es blieb ihr keine andere Wahl, als Malcolm anzusehen. Er lächelte ihr zu, wie er es immer getan hatte, und ihr Herz wand sich schmerzlich. Tränen traten ihr in die Augen. Sein Blick war warm, liebevoll. Es schien, als habe der schreckliche Augenblick im Moor nie stattgefunden, als habe es nie diesen Zeitpunkt gegeben, an dem über sie verhandelt wurde wie über eine ungeliebte Leibeigene. Es schien, als würde er sich freuen, sie zu sehen.
    »V-vater«, stieß sie hervor.
    »Tochter! Wie

Weitere Kostenlose Bücher