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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Brustpanzer trug, und schließlich blickte er sie doch an.
    »Guten Tag, Madame.«
    »Guten Tag, Mylord«, hauchte sie.
    Es herrschte Schweigen. Der Page half ihrem Gemahl beim Entkleiden, eine Aufgabe, die eigentlich ihr zufiel. Stephen kehrte ihr den Rücken zu. Sie wusste sehr gut, dass er kein Schamgefühl kannte, also war dies eine offenkundige Zurückweisung – eine kleine, aber nicht von der Hand zu weisende Geste, und sie tat weh. Die Wanne war gefüllt, die Diener verschwanden.
    Stephen stieg in sein Bad, den Blick von ihr abgewandt, ein weiteres Zeichen, dass noch lange nicht alles gut war. Dann sagte er zu dem jungen Knappen, er könne gehen. Der Knabe gehorchte, und sie waren allein.
    Mary war unsicher, Stephen offenbar ruhig und überlegt. Sie glaubte nicht, dass er vergessen und verziehen hatte. Dass er ihr den Rücken zuwandte, nicht einmal, sondern zweimal, war bezeichnend. Vielleicht war es eine Warnung, ein Signal an sie, auf Distanz zu bleiben.
    Mary dachte an das letzte Mal, als sie ihm beim Baden geholfen hatte, und ein hoffnungsloses, heftiges Sehnen überkam sie. Sicher würde sich eine derartig offen gezeigte Leidenschaft, ein solch schamloses, beiderseitiges Begehren nicht mehr wiederholen.
    »Soll ich Euch helfen, Mylord?«
    Stephen war dabei, sich mit Schwamm, Seife und Wasser zu reinigen.
    Er sah sie nicht an, als er ihr antwortete.
    »Vielleicht ein andermal«, sagte er müde.
    Mary konnte sich nicht bewegen. Sie hatte ihn also nicht falsch verstanden. Es war nichts vergessen, nichts verziehen. Fast hätte sie geschluchzt; sie schaffte es gerade noch, ihre Verzweiflung im Zaum zu halten. Dieser Mann war von dem warmherzigen, leidenschaftlichen Liebhaber, der er vor ihrem Streit gewesen war, so weit entfernt, wie er nur sein konnte.
    Ihre Unsicherheit überspielend, ging sie zum Feuer und stocherte darin herum, um wenigstens einen Teil ihres Ärgers und ihrer Enttäuschung loszuwerden. Er hatte also beschlossen, sie zu meiden. Aber für wie lange? Sie rief sich ins Gedächtnis, was auf dem Spiel stand – nicht weniger als ihrer beider Zukunft –, und sagte sich, dass es in dieser Weise nicht weitergehen konnte. Sie konnte nicht zulassen, dass die Situation so blieb.
    Stephen beendete sein Bad und stieg aus der Wanne. Mary drehte sich zitternd um. Ohne sie eines Blickes zu würdigen, wickelte er ein Tuch um seinen mächtigen, nackten Körper und trocknete sich ab.
    Wortlos begann er, sich anzuziehen. Mary hatte Angst, auf ihn zuzugehen und ihm zu helfen; sicher würde er sie erneut zurückweisen. Doch sie konnte dieses Schweigen nicht mehr ertragen.
    »Werdet Ihr mich nun bis ans Ende unserer Tage meiden, Mylord?«
    »Euch meiden?« Stephen wandte sich zu ihr um. »Ich habe nicht vor, Euch zu meiden, Madame. Aber wenn Ihr glaubt, von mir herzlich begrüßt zu werden, dann habt Ihr Euch getäuscht.«
    Sie hob stolz den Kopf, ihre Nasenflügel bebten.
    »Ihr seid noch immer zornig.«
    Er lachte harsch.
    »Ich bin noch immer zornig. Aber habt keine Angst. Ich habe mich vollständig im Griff.« Sein Blick war jetzt offen, so offen, dass sie den Zorn darin sehen konnte, und er war hart und kalt.
    »Ich werde bestraft. Aber ich rechtfertige mich nicht.« Zu wissen, dass sie sich keines Verrats schuldig gemacht hatte, machte es schwer fortzufahren. »Es tut mir leid.«
    Er starrte sie ungläubig an.
    »Wie aufrichtig Ihr scheint!«
    »Es tut mir wirklich leid!«, rief Mary. »Stephen, ich schwöre Euch, dass ich nie im Sinn hatte, Euch an meinen Vater zu verraten.«
    Er legte den Kopf schief. »Meint Ihr nicht, dass dieses Eingeständnis etwas zum falschen Zeitpunkt kommt?«
    »Das mag sein, aber es ist die Wahrheit.« »Ich bezweifle, dass Ihr die Bedeutung des Wortes >Wahrheit< begreift, Madame.«
    Mary atmete schwer.
    »Ihr seid grausam!«
    »Wieso wollt Ihr mich ausgerechnet jetzt überzeugen? Habt Ihr etwa nicht gelauscht?«
    »Doch, aber ...«
    »Verschwört Ihr Euch von Neuem gegen mich? Versucht Ihr, mich gütlich zu stimmen, um danach einen neuen Schlag gegen mich zu führen?«
    »Nein!«
    »Wenn ich Euer Bedauern für aufrichtig hielte, wäre das genug – mehr als echte Reue könnte ich nicht verlangen. Aber keine Rechtfertigung, aufrichtig oder nicht, reicht aus, um mein Bedauern und meinen Zorn zu zerstreuen. Ich nehme Verrat nicht auf die leichte Schulter, nicht von meiner Gemahlin, niemals von meiner Gemahlin.«
    »Aber ich schwöre, dass ich die Wahrheit sage – ich hatte nie

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