Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
Vom Netzwerk:
musste Einhalt geboten werden, sie konnte das nicht ertragen. Sie spürte noch immer diese Vorahnung, an die sie voll und ganz glaubte, so stark war sie. Jemand würde sterben, jemand, den sie sehr liebte – sie wusste es, sie spürte es –, aber nicht, wenn diese entsetzliche Konfrontation vermieden werden konnte.
    »Und ob ich Euch verstehe, Madame«, sagte Stephen eisig. Mary zuckte zusammen. »Du glaubst doch wohl nicht, ich würde dich in eine Falle schicken?«
    »Könntest du ein derart verräterisches Biest sein?«
    Mary trat zurück. »Nein, Stephen, du hast mich nicht verstanden, wieder einmal.« Ihre Stimme zitterte. Aber sie begriff, weshalb er so dachte: Weil sie sich gestern privat mit Edward getroffen hatte.
    »Welche Geschichte willst du mir jetzt auftischen?«
    »Du musst mit meinem Vater verhandeln«, schrie sie schon fast hysterisch. »Siehst du das denn nicht? Worte, Stephen, Worte könnten die Waffenruhe wiederherstellen, die Katastrophe abwenden!«
    »Ich glaube nicht, dass du so naiv bist, Mary, wirklich zu denken, du könntest mich zu deinem Vater schicken, um mit ihm über Frieden zu sprechen. Du schickst mich in meinen Tod oder in lebenslängliche Kerkerhaft. Das gefällt mir nicht!«
    Seine letzten Worte waren ein tiefes Knurren. Mary hatte ihm in einer bittenden Geste die Hände entgegengestreckt; er schob sie beiseite.
    Seine schwarzen Augen funkelten wütend.
    »Nein«, flüsterte Mary. »Ich meine es wirklich ernst.«
    »Du meinst das ernst? Du erwartest von mir zu glauben, dass dir das ernst ist? Du hast mich seit unserer ersten Begegnung bekämpft und alles an mir verachtet, vor allem meinen Namen und mein Land. Du hast unsere Ehe bis zuletzt bekämpft. Schon ein paar Tage nach unserem Ehegelübde hast du es gebrochen.« Sein Lächeln war kalt. »Und gestern war dein Bruder hier.«
    Mary sank zu Boden, und Stephen baute sich drohend über ihr auf, seine Miene zeigte eine kaum mehr zurückgehaltene Wut.
    »Nein!«, schrie sie.
    Doch sie erkannte, wie es für ihn aussehen musste. Edwards Besuch zum falschen Zeitpunkt war der Todesstoß. Stephen konnte nicht glauben, dass dieser Besuch harmlos war. Nicht, wenn sich ein Krieg zusammenbraute, nicht so bald nach der Niederlage von Carlisle, und nicht nach ihrem angeblichen Verrat.
    In seiner Vorstellung war dieser Besuch kein bloßer Zufall, sondern Absicht. Wie sehr musste ihr Bitten wie eine List wirken, wie eine Falle.
    »Nein, Stephen, so ist es nicht.«
    Stephen richtete sich auf. »Ich bin Eurer Spiele überdrüssig, Madame«, erklärte er sehr kalt. »Hört mir gut zu. Morgen ziehe ich in den Krieg. Das ist unumgänglich.«
    »Stephen, bitte! Dieses Mal musst du mir vertrauen!«
    Er drehte ihr den Rücken zu und verließ das Gemach. Als Mary am nächsten Morgen nach einer langen, schlaflosen Nacht aufstand, war er noch immer nicht zurückgekehrt. Viele Wochen sollten vergehen, bevor sie ihn wiedersah.
    Mary wagte nicht, daran zu denken, wo Stephen in jener Nacht geschlafen hatte. Stattdessen grübelte sie über den Krieg nach, der bald über das Land kommen würde. Viermal war Malcolm in England, in das Gebiet der de Warennes, eingefallen, und viermal war er besiegt und gezwungen worden, dem englischen König die Lehnstreue zu schwören. Mary sah keinen Grund zu glauben, dass es dieses Mal anders kommen würde. Trotzdem standen die Vorzeichen anders. Denn dieses Mal befand sie sich auf der anderen Seite der Grenzlinie.
    Dieses Mal würde sie nicht mit ihrer Mutter in Edinburgh auf Neuigkeiten warten und mit ganzem Herzen für einen schottischen Sieg beten. Dieses Mal würde jeder Sieg eine Tragödie für sie bedeuten. Sollte ihr Vater wie durch ein Wunder gewinnen, dann wäre Stephen der Verlierer. Wie sollte sie sich darüber freuen können? Doch wenn Malcolm wieder verlor, würde sie ebenso weinen. Niemals würde eine Niederlage Schottlands sie ungerührt lassen. Es würde in die sem Krieg einen Sieger geben, aber es würde nicht Mary sein; sie hatte schon jetzt verloren.
    Nein, dachte sie resolut. Sie hatte noch nicht verloren. Nicht, wenn sie die Dinge selbst in die Hand nahm.
    Vielleicht war es letzten Endes falsch gewesen, Stephen zu drängen, Malcolm aufzusuchen und um Frieden zu bitten. Trotz der Ehe waren die beiden schließlich Feinde. Aber was, wenn sie, Mary, Malcolms eigene Tochter, an Stephens Stelle ging?
    Eine lähmende Erregung überkam sie, und mit ihr Angst.
    Es wäre das größte Wagnis ihres Lebens, das wusste

Weitere Kostenlose Bücher