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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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nahm. Sie keuchte und würgte.
    Tot. Mary stockte der Atem.
    Tot.
    Gott, dieses Wort war so endgültig. Sie blickte zu Margaret, die im Tod so gelassen wirkte wie sie es im Leben gewesen war.
    Tot!
    Es schien nicht möglich.
    Nicht Margaret, nicht Mutter!
    Auch Mary wollte wehklagen, sie wollte schreien und jammern und sich die Haare raufen wie die Frauen im Saal. Aber sie tat es nicht. Sie musste ihren Kummer noch ein bisschen länger im Zaum halten. Sie musste an ihre Brüder denken. Sie würden sie brauchen, um sie durch diese schreckliche Zeit des Verlusts zu begleiten.
    Plötzlich stockte Mary der Atem.
    »Mutter, ich liebe dich so sehr!«, stieß sie hervor. Es schien einfach nicht möglich. Margaret war tot! Margaret, ihre liebe Mutter, war tot, Malcolm war tot, und Edward war tot! Das war nicht fair. Sie konnte es nicht ertragen, sie konnte es nicht.
    Blind drehte sie sich im Kreis, auf der Suche nach Trost, den es nicht gab. Schließlich drückte sie eine Wange an die kalte Steinwand, presste den Körper daran. Und begann zu weinen.
    Sie weinte und weinte, dann schlug sie auf die Mauer ein, bis ihre Hände blutig waren, und schrie ihren Kummer heraus. Jetzt hasste sie ihn, für seine Mitschuld an ihren Toden, an ihrer Ermordung. Sie hasste ihren Gemahl. Sie waren alle tot, Malcolm, Margaret, Edward, und es war für immer – sie würde sie alle nie wiedersehen.
    Schließlich konnte sie nicht mehr weinen. Sie lag völlig entkräftet auf dem Boden. Gott, sie war so müde! Sie konnte sich kaum aufsetzen. So konnte sie nicht weitermachen. Nicht wenn sie dermaßen erschöpft war. Sie zweifelte, ob sie überhaupt in der Lage sein würde zu laufen.
    Doch dann befahl ihr der Verstand zu überlegen. Sie solle an die große Gefahr denken, die Edinburgh drohte, eine Gefahr, die nicht nur sie bedrohte, sondern auch ihre Brüder, ja sogar ganz Schottland. Mary wischte die letzten Spuren ihrer Tränen ab. Sie hatte keine Zeit für Tränen. Zu viel stand auf dem Spiel. Es ging um Menschenleben; es ging um ein Königreich.
    Malcolm war tot, Schottland ein Königreich ohne König. Der Sitz des Königtums war Edinburgh, und bald würden die stärksten Clans des Landes über die Stadt herfallen in der Hoffnung, die Macht an sich reißen zu können. Schon jetzt musste ein Dutzend der großen Oberhäupter in einem wahnwitzigen Wettrennen um die Krone nach Edinburgh unterwegs sein.
    Ihre Brüder hatten alle legitime Ansprüche auf die Krone. Um Edmund machte sie sich keine Sorgen – er konnte und würde sich zweifellos um sich selbst kümmern –, und Ethelred war als Mann Gottes sicher. Doch ihr oblag die Verantwortung für den Schutz ihrer drei anderen Brüder, von denen jeder eine reelle Bedrohung für Schottlands nächsten König darstellte.
    Der Gedanke, dass diese Verantwortung eigentlich Edgar zufiel, da er älter war als sie, kam Mary nicht.
    Sie zwang sich aufzustehen. Sie bewegte sich wie eine sehr alte Frau. Dann hielt sie inne. Sie bemerkte, dass sich die Geräusche, die in das Gemach drangen, verändert hatten. Während sie sich anstrengte zu begreifen, was sie hörte, spürte sie eine heftige Angst in sich aufsteigen. Es klang wie ferner Donner, doch der Himmel war blau und wolkenlos. Marys Atem stockte.
    Was sie durch das lautstarke Klagen in der Burg hörte, war kein ferner Donner, sondern es war das polternde Geräusch einer riesigen Armee, die sich der Stadt näherte. Lieber Gott, so schnell! Gab es denn gar keine ruhige Minute mehr?
    Und dann stürmte Edgar in den Raum. Mary hörte ihm bleich vor Entsetzen zu, als er erzählte, Donald Bane sei zum Nachfolger Malcolms ernannt worden, und dass Edmund sie verraten und sich ihrem Onkel angeschlossen habe, um sich des Throns zu bemächtigen. Draußen wurde der Donner derweil lauter.
    Einen Moment lang starrten Mary und Edgar einander an. Mary wusste nicht, was zu tun war; Edmund würde unter diesen Umständen so skrupellos sein wie irgendein Fremder – wenn nicht noch schlimmer.
    Dann richtete sie sich auf.
    »Trommle die Brüder zusammen! Sofort! Bring einen Wagen für ...« Sie blickte zu Margaret; ihre schwer erkämpfte Kontrolle entglitt ihr, sie schluckte schwer. »Für die Königin. Wir begraben sie in der Abtei in Dunfermline, dort können wir Zuflucht suchen. Beeil dich!«
    Edgar machte auf dem Absatz kehrt und ging. Mary konnte nicht aufhören zu zittern; sie umklammerte das Betpult, um nicht zusammenzubrechen. Kummer, Angst und eine unglaubliche

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