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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Goldfäden bestickt. Sein goldener Gürtel war zwei Handspannen breit und mit Rubinen und Saphiren besetzt; die Schuhe waren vergoldet, die Spitzen mit Quasten verziert, in die Edelsteine eingearbeitet waren. Er trug mehrere Halsketten und an den Fingern große Ringe, und seinen Kopf schmückte natürlich die Krone von England.
    Hinter dem König saßen auf Stühlen drei Höflinge und hörten dem Kleriker zu; doch als Stephen und Mary eintraten, richtete sich alle Aufmerksamkeit sofort auf sie. Der Kirchenmann merkte schließlich, dass niemand mehr auf ihn achtete, und verstummte. Stephen führte Mary quer durch den stillen Raum.
    William Rufus lächelte. Zu Marys Überraschung sah er nicht sie an, sondern Stephen, was sie etwas verblüffte. Sie schaute zu Stephen auf und bemerkte seine steinerne, unergründliche Miene. Als sie sich wieder dem König zuwandte, bedachte er sie mit einem kalten und durchdringenden Blick; irgendwie schien er ungehalten zu sein.
    Sie wusste, sie sollte seinen Blick nicht erwidern, doch sie konnte nicht anders. Sie hatte diesen Mann noch nie gesehen, einen Mann, den zu hassen sie von Geburt an gelehrt worden war.
    Sie hatte bereits gehört, dass er ein eitler Pfau und ein Sodomit sei und ungeheure Summen für seine Garderobe ausgebe; dennoch überraschte sie seine Erscheinung. Er strahlte so viel Macht aus, dass es schon fast sonderbar wirkte. Er war von durchschnittlicher Größe, hatte ein rötliches Gesicht und war etwas dicklich. Früher mochte er einmal attraktiv gewesen sein, doch das schien lange zurückzuliegen. Seine Augen waren ziemlich klein, aber unverkennbar klug, und als er schließlich mit echter Wärme lächelte, sah Mary, dass ihm ein Zahn fehlte. Und er lächelte nur Stephen zu.
    »Willkommen, Stephen, willkommen. Wir haben nicht Euch erwartet, nur Eure Braut.«
    »Oh, ist das tatsächlich so?«, fragte Stephen mit seidenweicher Stimme.
    Mary merkte sofort, dass er diesen Mann überhaupt nicht mochte. Seine Augen waren dunkel, die Lippen dünn, und in seinem Ton schwang ein leichter Spott mit.
    »Ihr dachtet, ich würde meine Braut allein zu Euch schicken?
    Rufus zuckte die Achseln.
    »Wir freuen uns, Euch nach so langer Zeit wiederzusehen. Es ist zu lange her, dass Ihr uns einen Besuch abgestattet habt. Wir haben vieles zu besprechen, Ihr und ich.« Rufus streckte ihm die Hand entgegen. »Ihr werdet heute Abend mit uns essen.«
    Stephen ging auf ein Knie nieder, ergriff die Finger des Königs und küsste die Luft darüber. Es war eine anmutige, aber irgendwie unvollständige Geste, denn seine Haltung von Kopf und Schultern wirkte hochmütig. Rufus wandte sich endlich Mary zu; sie trat vor neben Stephen, machte einen tiefen Knicks und verharrte, bis der König sie aufforderte, sich zu erheben.
    »Ihr seid also Malcolms Tochter«, sagte er nachdenklich. »Warum hat er so lange damit gewartet, Euch zu verheiraten? Wie alt seid Ihr? Ihr seht eher wie ein Kind denn wie eine Frau aus.«
    Mary war entrüstet. Sie konnte seine herablassende Art nicht ertragen. Als sie aufblickte, merkte sie, dass alle Aufmerksamkeit auf sie gerichtet war. Sie sollte diesem Mann, Englands König, nicht trotzen, doch sie hatte keine Lust, auf solche Fragen zu antworten. Widerwillig ging sie auf eine ein.
    »Ich bin sechzehn.«
    Rufus hatte sich jedoch schon längst wieder Stephen zugewandt, der unbeweglich an Marys Seite stand.
    »Gefällt sie Euch, Stephen?«
    Mary stockte der Atem. Was für eine Frage war das?
    Der König fuhr gleichgültig fort – als wäre sie gar nicht da.
    »Sie hält dem Vergleich zu Adele nicht stand, so klein und blass – wenn ihre langen Haare nicht wären, könnte man sie glatt für einen Jungen halten.«
    Mary kochte innerlich vor Wut. Sie konnte nicht glauben, dass er sie dermaßen beleidigte, und wandte sich in Erwartung einer Verteidigung Stephen zu.
    Doch der zuckte lediglich die Achseln. Seine Lippen waren ein Strich.
    »Ihr wisst, dass ich keine Knaben mag.«
    Rufus begann zu lächeln.
    »Nein – Eure Frauen waren immer reif und üppig.«
    In einem Ton, der so gleichgültig war wie der des Königs, stimmte Stephen zu.
    »Sie gefällt Euch also nicht?«
    Jetzt glänzten Rufus' Augen.
    »Sie ist Malcolms Tochter. Das gefällt mir, Sire.«
    Mary fühlte sich elend. Das war der letzte, der tödliche Schlag. Sie ballte die Fäuste und sagte sich, sie dürfe ihr Mittagessen nicht erbrechen, nicht jetzt, nicht hier, vor aller Augen.
    In der kurzen Stille, die nun

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