Die Geliebte des Piraten
verließen die Kapitänskajüte, nur Balthasar blieb, um das Durcheinander aufzuräumen.
»Eine weitere Prise?«, fragte Willa, während sie ihre Hände abtrocknete.
Raiden erwiderte ihren Blick. »Nein. Ein weiteres meiner Schiffe.«
»Eurer Schiffe? Eurer ganz allein?«
Er sah sie unverwandt an. »Ja.«
»Und wie viele genau habt Ihr?« Sie sah ihn aus schmalen Augen an.
Raiden zuckte die Achseln. »Vielleicht ein halbes Dutzend.«
»Neun«, sagte Tristan benommen. Dann stöhnte er laut und hielt sich das Kinn.
»Großer Gott. Der Preis auf Euren Kopf muss sehr hoch sein.«
Raiden verzog den Mund. »Höre ich da Hoffnung oder Sorge in Eurer Stimme, Mädchen?«
»Nichts davon.« Willa wandte sich ab. »Könnt Ihr Mr Dysart in seine Kabine tragen?«, fragte sie Balthasar.
»Ich kann gehen«, behauptete Tristan und bedachte Raiden mit einem erbosten Blick, als er sich aufsetzte und seinen Kiefer betastete. »Ich glaube, du hast einen Zahn locker geschlagen.«
»Du hast gebockt wie ein Maulesel.«
Tristan errötete, aber seine Verlegenheit verschwand sofort wieder, als Willa an seine Seite eilte, um ihm beim Aufstehen zu helfen. Balthasar stützte Tristan hoch, während sie die Überreste seines Hemdes unter ihm herauszog und zusammenknüllte. »Nein. Vorsichtig. Ihr habt genug getrunken«, sagte sie, als er versuchte, die Flasche Rum zu greifen.
»Meinen Dank, Mistress«, sagte Tristan, beugte sich vor und hauchte einen Kuss auf ihre Wange.
Willa errötete und legte die Hand um sein malträtiertes Kinn. »So ein braver Junge«, spottete sie gutmütig und lächelte ihn an.
Raiden, der hinter ihr stand, machte ein finsteres Gesicht. »Sieh zu, dass du ins Bett kommst, Dysart. Ich habe keine Lust, dich an die Ankerwinde binden zu müssen, damit du nicht über Bord gehst.«
»Wenn er jemanden gerettet hat, ist er immer so miesepetrig«, flüsterte Tristan Willa laut und vernehmlich zu. Dabei zwinkerte er mit den Augen. Dann erlaubte er es Balthasar, ihn über die hohe Türschwelle zu tragen.
»Habt Ihr vielleicht eine Suppe für ihn, wenn er ein paar Stunden geschlafen hat?«, fragte sie Balthasar und gab ihm noch Dysarts Stiefel mit. »Und ein Mittel, um das Fieber zu senken?«
»Wie Ihr wünscht«, entgegnete Balthasar mit einer respektvollen Verbeugung, die Willa vor Staunen erstarren ließ.
Ihr Blick glitt über sein keine Regung verratendes Gesicht, über die Tätowierungen an seinen Schläfen und auf seinen Wangen und Unterarmen. Ein ausgesprochen exotisch aussehender Mann, dachte sie, und stellte fest, dass er wie Raiden einen Ohrring trug. Der Schmuck bestand aus einer einzelnen, tränenförmigen Perle. Um den Hals hingen Ketten aus Gold und Silber, seine Finger waren von Ringen gleichsam übersät, und er ging barfuß. Die weiten Pumphosen seiner heimatlichen Tracht hüllten ihn von der Taille abwärts in endlose Meter schwarzen Stoffes, die breite rote Schärpe betonte seinen muskulösen Bauch. Balthasar war so groß wie Raiden, und Willa wurde schlagartig bewusst, wie leicht er sie hätte töten können, als er damals in die Kabine gekommen war. Und ihr wurde klar, wie sehr sie die kleine Allianz zwischen ihnen schätzte.
Sie legte die Hand auf seinen Arm und flüsterte: »Meinen Dank für Eure Hilfe, Sir.«
Er richtete die dunklen Augen auf Tristan, dann wieder auf sie. »Dafür müsst Ihr mir nicht danken.«
Er trug Tristan vorsichtig hinaus. Als er fort war, wandte sich Willa zu Raiden um, der sie auf eine Art anstarrte, die sie nervös machte.
»Wo habt Ihr das alles gelernt?«
»Ich habe es Euch doch schon gesagt – in den Kolonien.« Sie ging an ihm vorbei, in der Hand die Flasche Rum, die sie Tristan weggenommen hatte.
»Gut erzogene Damen versorgen normalerweise nicht die Wunden eines Mannes.«
Sie setzte sich auf die Polsterbank unter dem Bullauge und sah Raiden abschätzend an. »Und Ihr wisst natürlich eine ganze Menge über wohl erzogene Damen?« Sie trank einen Schluck von dem gewürzten Rum, der ihr wie flüssiger Sonnenschein die Kehle herunterrann.
»Allerdings.«
Sie wandte keinen Blick von ihm, während sie noch einmal an dem starken Jamaika-Rum nippte. »Nichts als Prahlerei. Und so typisch Mann.«
Wie es scheint, ist sie nur zu Verwundeten sanft, dachte Raiden. Und natürlich war sie noch immer wütend wegen der getroffenen Absprache. Er rechnete nicht damit, dass diese Wut verschwinden würde, ehe er nicht ihren Sohn herbeigeschafft hatte.
Auch wenn er den
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