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Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Titel: Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Duncker
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Kindern zu nehmen. In der Morgenfrühe schon, ehe Paris erwachte, wollte sie, begleitet von ihrer Schwägerin, in die Rue d'Enfer fahren.
    Aber ehe sie an irgendein Geschäft ging, musste sie trachten, ihre Ruhe zurückzugewinnen. Die Bewegung, die der unvermutete Anblick des Königs in ihr erweckt hatte, durchzitterte ihr ganzes Wesen. Mit aller Gewalt kämpfte sie dagegen an. Sie rief die Religion, sie rief die Vernunft zu Hilfe, vergebens. Erst jetzt schien sie den Schmerz dieser ewigen Trennung von ihm ganz zu empfinden.
    Sie beschied, um auf andere Gedanken zu kommen, ihre Damen, ihre gesamte Dienerschaft zu sich. Sie alle, die noch immer gehofft, dass die gütige, geliebte Herzogin ihre Entschlüsse ändern werde, waren in Tränen aufgelöst. Umsonst versicherte Louise, dass für alle gesorgt sei, dass niemand von ihnen jemals Not leiden würde. Die Rührung und Dankbarkeit für diese neue Güte ließ ihre Tränen immer heißer fließen.
    Inzwischen war der Abend in die Nacht gesunken. Um halb elf Uhr hörte man plötzlich einen Wagen in den Hof des Palais fahren. Louise sprang auf, als ob sie fliehen wollte. Eine Ahnung durchzuckte sie, die ihr ganzes Wesen in Aufruhr brachte.
    „Oh mein Gott”, rief sie laut, „willst du mir noch eine neue schreckliche Prüfung auferlegen!”
    Ihre Begleitung und ihre Dienerschaft verließ eilends das Zimmer. Jeder von ihnen kannte den raschen ungeduldigen Schritt, der binnen Augenblicks Länge auf der Treppe hörbar wurde.
    Louise hielt sich mit beiden Händen krampfhaft an der schweren goldenen Lehne des Stuhls, hinter den sie geflüchtet war. Ihre Augen blickten starr auf die Tür. Wollte der Himmel ihr nichts ersparen?! Dann senkte sie den Blick in bebender Furcht. Sie fühlte, mehr als sie es sah, der König war eingetreten. Sie empfand den Druck seiner Hand auf ihren zusammengekrampften Fingern, sie hörte seine Stimme, die wie einst zu ihr sprach, warm, hinreißend, beredt.
    „Louise”, sagte er, „ich bin gekommen, Sie von dem letzten grausamen Schritt zurückzuhalten. Sie haben kein Recht, Ihrem Leben freiwillig ein Ende zu machen, und was bedeuten die Karmeliterinnen anderes für Sie als den Tod? — Wenn Ihnen mein Anblick unerträglich geworden, so fliehen Sie mich, Louise, ich will jeden Ihrer Schritte ebnen, aber bleiben Sie frei.”
    Sie schüttelte kaum merklich das Haupt, auf dessen goldener Haarfülle der Schein der Kerzen spielte und sie wie mit einer Aureole umwob.
    „Louise”, flehte er, „wenn Sie mich je geliebt haben — geben Sie mir diesen letzten Beweis Ihrer Liebe — nehmen Sie Abstand von Ihrem Entschluss!”
    Sie hob den Blick, den reinen, unschuldigen, zärtlichen Blick. Es lag etwas in ihm, das dem König wie ein Dolchstoß durchs Herz fuhr — eine unbeirrbare, durch nichts zu erschütternde Festigkeit.
    „Ich gehöre nicht mehr mir selbst, Sire, ich habe mich Gott zugeschworen, und Sie wissen, Sire — ich breche keinen Schwur!”
    Es lag kein Vorwurf, nichts von einer Beschuldigung in ihren schlichten Worten, und doch trafen sie ihn tief. Er presste die Lippen aufeinander. Sein Blick verdunkelte sich. Seine Brust atmete schwer. Sie verstand ihn sofort.
    „Wir wollen nicht von der Vergangenheit sprechen, Sire. Was geschehen ist — ist geschehen — vielleicht auch war es gut so—”
    Er bewegte heftig abwehrend den Kopf.
    „Sie werden ein Leben bei den Karmeliterinnen nie ertragen — nie, Louise! Sie kennen seine grausamen Härten nicht — es wird — es muss Ihren zarten Körper, Ihre empfindsame Seele töten.”
    „Sie irren, Sire. Ich habe mich bereits an einen Teil der Härten dieses Lebens gewöhnt. Darf ich Sie davon überzeugen?”
    Er wusste nicht, wie sie es meinte, und sah sie fragend an. Louise löste eine Schnur von ihrem Gürtel, die an dem langen schwarzen Wollkleid niederhing. Am unteren Ende war ein Schlüssel befestigt. Sie führte den König zu einer kleinen Tür, die beinahe unsichtbar neben dem Kamin in die Wand eingelassen war. Sie drehte den Schlüssel im Schloss, die Tür sprang auf.
    Der König fuhr entsetzt zurück. Durch eine ewige Lampe schwach erhellt, lag eine enge Klosterzelle vor ihm, kahl, nackt, öde starrten die weiß gekalkten Wände ihm entgegen. An der Längswand, der kleinen Tür gegenüber, stand ein schwarzer Sarg, zur Bettstatt hergerichtet. Die Mitte der Zelle nahm ein Tisch aus grobem Holz ein. Ein schlichtes Kruzifix stand darauf. Neben ihm lag ein Totenschädel und die Bücher der

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