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Die Geliebte des Trompeters

Titel: Die Geliebte des Trompeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Jaskulla
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Riesenaquarien gegangen, um ihm zu zeigen, was sie meinte. Erklären konnte sie es nicht. Dann kletterten sie wieder an Bord, Dick warf ihnen die Handtücher zu, und Chet rieb sie so heftig trocken, dass es schmerzte. Er übertrieb dabei, wie er so oft übertrieb, dann war er wieder der ungeschickte, plötzlich kindische Junge, der sie an den Haaren zog oder sie vor Dicks Augen in die Brust kniff und albern dabei kicherte. Da wusste Ricky, dass es nicht ging. Dass es keinen Sinn hatte. Und Chet, der eine feine Antenne für Ablehnung hatte, wandte sich ab, zog sich zurück und schwieg.
    Dann wieder saßen sie zusammen auf dem Achterdeck, das Boot glitt sanft und leise dahin, es ging kaum Wind, und Chet saß am Ruder, blickte gelegentlich konzentriert nach oben, wo ein Fähnchen die Windrichtung anzeigte, und korrigierte gelegentlich den Kurs, damit sie Fahrt aufnähmen, und wenn er nicht nach oben schaute, blickte er irgendwohin, ins Wasser, auf die Uferlinie. Manchmal holte er einen Lappen und polierte den Kompass, den er nie brauchte. Er hauchte das Metallgehäuse an und wischte und wischte, und wenn er merkte, dass Ricky ihn dabei beobachtete, hörte er sofort auf, wie jemand, der bei etwas Ungehörigem ertappt wird.
    Sonst schaute er meist ein wenig müde, melancholisch, nach innen gewandt, und wenn Ricky ihre englischen Sätze gebaut und sich selbst innerlich ein paar Mal vorgesagt hatte, um nun endlich eine Frage zu stellen, dann wusste sie, dass sie keine Antwort bekommen würde. Dann war Chet da und war gleichzeitig unerreichbar. Auch dann wusste Ricky, dass es nicht ging. Dass es niemals gehen würde.
    Zuerst hatte sie geglaubt, es läge am Altersunterschied: Was war er doch manchmal für ein Baby! So sehr
Baby,
dass |165| sie es wochenlang versäumt hatte, Kondome zu benutzen, eine eigentlich unverzeihliche Nachlässigkeit, nicht nur wegen einer möglichen Schwangerschaft, sondern auch als Schutz vor den grassierenden Geschlechtskrankheiten. Jede fünfte Berlinerin hatte es schon erwischt, so hieß es. Demütigende Untersuchungen und schmerzhafte Behandlungen waren mindestens die Folgen. Renate und Ricky hatten sich geschworen, dass sie sich nicht anstecken ließen, auf keinen Fall wollten sie krank werden, das hatten sie sich gegenseitig immer wieder in die Hand versprochen, so, als ob ein Pakt zwischen Schwestern zusätzlichen Schutz brächte. Und sie hatten aufgepasst, höllisch aufgepasst. Nie ohne Gummi!
    Und jedes Gummi nur ein Mal benutzen! Und dann das! Als es Ricky bewusst wurde, hatte sie es schon wochenlang mit Chet gemacht, ohne die geringste Vorsichtsmaßnahme zu treffen. Sicher, wenn sie am Wannsee waren, wusch sie sich hinterher, aber das brachte nichts, wie sie allzu genau wusste. Was war nur mit ihr los? Es war, als ob Ricky sich nicht vorstellen konnte, dass dieses Kind ihr ein Kind anhängen würde. Und schon gar nicht würde Chet sie krank machen. Es war nicht möglich, es war nicht vorstellbar.
    Wenn er befriedigt in ihren Armen lag und sich nicht gleich wieder aufsetzte, um eine Zigarette zu rauchen, sah sie, wie weich seine Züge waren, wie undeutlich sie noch waren, wie unsicher sein Blick. Dann hatte sie das Gefühl, ihn beschützen zu müssen, sie beschützte ihn manchmal auch, wenn sie mit ihm schlief, sie barg diesen zarten Jungen in ihrem Schoß, sie nahm ihn auf und wiegte ihn, und dann vergaßen sie beide die Zeit.
    Hinterher war Ricky noch stundenlang weich und gerührt und leicht zum Weinen zu bringen, und in einer solchen Stimmung hatte sie Renate einmal erwischt, und Ricky hatte ihr alles erzählt, von ihrem unmöglichen Geliebten und dass |166| sie nichts tat, um zu verhüten, verwundert hatte sie das erzählt, über sich selbst erschrocken. Und da hatte Renate ihr eine Ohrfeige verpasst, dass ihr der Kopf herumflog, und hatte sie angebrüllt: Wach auf, verdammt noch mal, wach endlich auf! Und hatte ihr fürchterliche Geschichten von gemarterten Frauen erzählt, Geschichten, die sie doch kannte, jede Berliner Frau wusste von den Risiken, die sie mit jedem neuen Partner einging, von den Schmerzen, von den Gefahren. Allgegenwärtig waren die Warnungen, von Kinoleinwänden und aus den Zeitungen mahnte es, Litfaßsäulen malten das Schreckgespenst der Geschlechtskrankheit als dunkles, widerwärtiges Monster. Was hatten sie darüber gelacht, sie und Ricky – und nun das! Wollte sie vielleicht als
Veronika
enden? Als Lachnummer oder als Krüppel?
    Für die Alliierten waren die

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