Die Geliebte des Zeitreisenden
sich dem Schmerz ergeben, Lucan verloren zu haben, aber nicht jetzt. »Du musst mit Rion fliehen und den Gral mitnehmen, während ich die Aufmerksamkeit des Feindes auf mich lenke.«
Rion schwieg dazu.
Lucan blickte finster drein und trat ihr in den Weg. »Du darfst dich nicht für uns opfern. Es kommt gar nicht in- frage, dass wir uns aufteilen.«
»Wir haben jetzt keine Zeit für einen Streit.«
Er bewegte sich nicht zur Seite. Sein Blick war unnachgiebig, er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, die Hüfte vorgestreckt und strahlte eine angespannte Stärke aus. »Und was passiert, wenn sie herausfinden, dass du den Gral nicht bei dir hast?«
»Dann werdet ihr schon lange über alle Berge sein.« Sie zwang sich, Lucans Blick mit einer Gelassenheit zu begegnen, die sie in Wahrheit gar nicht empfand. Das hier war ein endgültiger Abschied. Sie schluckte schwer. Für Cael und Lucan würde es kein Morgen geben. »Du hast den Gral. Geh und rette dein Volk, damit es uns alle vor den Stämmen bewahrt.«
»Du darfst das nicht tun.« Sanft legte ihr Lucan die Hand auf die Schulter.
Sie wollte sich gegen ihn schmiegen, doch schon spürte sie das Gefühl des Verlustes und machte einen Schritt zurück. »Die meisten Mitglieder meines Volkes sind anständig, und vielleicht kann ich meinen Namen noch vom Vorwurf des Mordes reinwaschen. Aber selbst wenn es mir nicht gelingen sollte, habe ich doch das erreicht, was ich wollte. Jaylon geht es wieder gut.«
»Und deshalb willst du jetzt dein Leben wegwerfen?«
Ihr Puls raste, aber sie wusste, was sie zu tun hatte. Sie warf Rion einen bittenden Blick zu. »Du musst eine ganze Welt retten, und ich könnte dir die Zeit verschaffen, die du zur Flucht brauchst.«
Rion fuhr mit der Hand in die Tasche.
Lucan zögerte keine Sekunde. »Wir werden alle zusammen fliehen.« Seine Augen brannten vor Entschlossenheit. »Ich werde es nicht zulassen, dass du für uns zur Märtyrerin wirst.«
»Entweder sie bekommen uns alle, oder sie fassen nur mich. Wie dem auch sei, ich habe jedenfalls keine Chance. Geh also.« Sie drehte sich auf dem Absatz um und versuchte, seine Sorgen auszublenden, aber sie musste keine Empathin sein, um zu spüren, wie sich Lucans Entschlossenheit verstärkte.
Sie warf einen Blick über die Schulter auf Rion. Guter Mann! Er betastete die Spritze.
Lucans Traurigkeit bedrückte sie sehr. Er trat ihr abermals in den Weg. »Und was wird aus uns?«
»Wir haben keine gemeinsame Zukunft. Das hast du immer gewusst. Ich habe endlich akzeptiert, was sein muss.« Sie klang kühl und gefasst. Doch ihre Herzen drohten zu zerspringen. Sie riss sich zusammen und bezwang den Schmerz. Er durfte nicht erfahren, wie wichtig er ihr war, denn sonst hätte sie noch unsicher werden können. Und diese Unsicherheit würde ihn das Leben kosten. »Dir und mir und Rion«, sagte sie und schluckte schwer, »uns allen bleibt keine andere Wahl.«
Das Militär hatte das Krankenhaus umstellt. Viel lieber würde sie ohne Lucan weiterleben oder auch sterben, falls es nötig sein sollte, wenn sie dann immerhin wusste, dass er sicher und als Held in seine eigene Welt zurückgekehrt war. Andernfalls bliebe er hier, wo das Militär den Gral für seine eigenen unredlichen Zwecke einsetzen und ihn vielleicht sogar den Stämmen aushändigen würde.
»Wir haben immer eine Wahl.« Lucans Stimme wurde zu Eis. Ein Muskel an seinem Kiefer zuckte, und die Adern an Hals und Stirn wirkten, als würden sie gleich platzen. »Ich werde nicht davonlaufen, während du dich an sie auslieferst.«
Noch nie hatte sie ihn so wütend gesehen, aber sie weigerte sich nachzugeben. »Du denkst nicht richtig nach. Was hilft es deiner Welt, wenn du umgebracht wirst?« Wieder machte sie einige Schritte um ihn herum.
Lucan packte sie am Arm. »Als du das letzte Mal erwischt wurdest, hat man dich gefoltert. Du gehst nicht nach draußen.«
Sie wich vor ihm zurück und lenkte Lucans Aufmerksamkeit von Rion ab.
Mit einem raschen Stoß rammte Rion die Nadel in Lucans Hals und drückte den Kolben der Spritze herunter. Verblüfft schlug Lucan aus, brach aber mit dem Gral in den Händen zusammen. Rion fing ihn auf und legte ihn vorsichtig auf den Boden.
»Wenn er aufwacht, wird er dir nicht gerade dankbar sein«, murmelte Cael, aber sie erinnerte sich daran, wie
Rion mit gefesselten Armen gekämpft hatte. Wenn jemand gegen Lucans Stärke und Entschlossenheit bestehen konnte, dann war er es.
Rion nickte; sein Blick wirkte
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