Die Geliebte des Zeitreisenden
ansah. Wenn er unter ihrer Berührung zusammenfuhr. Angesichts des Risikos, das sie einging, drehte sich ihr der Magen um. Es erforderte ihre ganze Selbstdisziplin, das Unvermeidliche nicht noch länger hinauszuzögern.
Entschlossener denn je, es hinter sich zu bringen, marschierte sie durch den Eingang in die eisige Luft hinaus. Er folgte ihr sofort, hielt aber immer ein wenig Abstand.
Cael betrachtete die steilen Gipfel der Berge, atmete die kalte Luft ein und ließ es zu, dass der Schnee unter ihren Füßen in ihr Fleisch, ihr Blut und noch tiefer in ihre Knochen eindrang.
»Sieh mich an«, befahl sie und stieg aus ihrer Robe.
Cael stand nackt vor ihm. Lucan sog die kalte Luft ein. Erneut durchströmte ihn jene wilde Kraft, und plötzlich hatte er wieder eine mächtige Erektion.
Er sehnte sich nicht nur danach, Caels sanfte Haut an der seinen zu spüren, er wollte sie erneut nehmen. Sofort. Was zur Hölle war bloß los mit ihm?
Cael bedachte ihn mit einem Stimrunzeln. »Du wirst deine Empfindungen etwas zügeln müssen.«
»Ich verstehe nicht.« Seine Leidenschaft war stark und baute sich wie ein herannahender Gewittersturm auf.
»Weil deine Empfindungen... wehtun.«
Verdammt. Er hatte vergessen, dass sie sein Verlangen ja spüren konnte. »Meine Gefühle bereiten dir Schmerzen?«
Sie presste die Lippen zusammen und nickte. Selbst im Schmerz war sie noch überwältigend. Mit ihren gereckten Schultern, dem erhobenen Kinn, dem geraden Rücken, den gestrafften Brüsten und den aufgerichteten Nippeln sah sie vor dem zerklüfteten Felsen ganz großartig aus. Aber sie würde sich in dieser Kälte noch den Tod holen, wenn sie nicht...
Er blinzelte, und Cael war verschwunden. An ihrer Stelle stand nun ein gewaltiger Drache mit sowohl purpurnen als auch grünen Schuppen und einem mächtigen Schwanz. Aus dem Haupt des Drachen wuchsen Stacheln hervor. Seine Zähne waren genauso lang wie Lucans Daumen.
Er taumelte rückwärts. Ein Drache. Falls er nicht halluzinierte, musste sich Cael eben gerade in einen Drachen verwandelt haben.
Verflucht! Die Hohepriesterin war eine Drachenwandlerin.
Er hielt den Atem an, als sie die Flügel anmutig spreizte, ihren gewaltigen Körper von der Felsklippe abstieß und in die Luft schwebte. Dieser riesige Torso mit der muskulösen Brust hätte zum Fliegen gar nicht in der Lage sein dürfen. Sogar mit ihrer Flügelspannweite, die seine Körpergröße mindestens um das Dreifache übertraf, wirkte sie zu schwer, um durch die Luft segeln zu können. Aber sie flog mit einer Eleganz, die ihm den Atem raubte. Als Frau bezauberte ihn Cael, und als Drachin war sie wunderbar und beeindruckend. Fesselnd.
In seinem Leben hatte Lucan schon vieles Schöne und Faszinierende gesehen: die ägyptischen Pyramiden, die Kristallhöhlen auf Isir IV, die singenden Korallenriffe bei der Abicron-Station, die phosphoreszierenden, gallertartigen Wassertreiber auf Sighi Meteron. Aber nichts kam der Pracht von Caels Flug gleich. Sie war grandios und zugleich gefährlich und wild.
Cael, die Hohepriesterin von Avalon, war also eine Dra- chenwandlerin. Egal wie oft er es sich sagte, diese Tatsache wollte einfach nicht in sein Bewusstsein dringen. Doch schließlich hieß dieser Mond auch Pendragon. Und Pen- dragon, also König Arthurs Nachname, bedeutete so viel wie Meisterdrache. War Caels Fähigkeit, sich in einen Drachen zu verwandeln, also nur eine weitere Verbindung zwischen dieser Welt und König Arthur? Oder suchte Lucan hier nach Beziehungen, die gar nicht existierten?
Er konnte sich einfach nicht ausreichend konzentrieren. Nicht einmal, während er ihrem Flug zusah: Ein wirklicher Drache schwebte vor ihm durch den Himmel. Noch erstaunlicher war der Umstand, dass er ihr Vergnügen über diesen Flug spürte. Und auch ihren Hunger.
Nahrung. Dieser klare Gedanke sprang von Caels Drachengeist unmittelbar in Lucans Kopf, als sie zu einem Felsvorsprung segelte und sich darauf niederließ. Sie aß eine Portion Dreck... und ein seltsam metallischer Geschmack erfüllte plötzlich seinen Mund.
Wie war das möglich? Es schien so, als teile er ihre Empfindungen. Dann erinnerte er sich an seinen unwirklichen Flug von Avalon hierher. Offenbar war seine Halluzination gar keine Halluzination gewesen. Nachdem der Gleiter explodiert war, musste sich Cael in einen Drachen verwandelt und ihn in Sicherheit geflogen haben.
Während er zu Cael in ihrer menschlichen Gestalt keine telepathische Verbindung gehabt hatte,
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