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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Erfahrung bringen möchte, wie das politische Klima im schottischen Hochland ist?« Voller Bewunderung schüttelte Jamie den Kopf. »Eigentlich habe ich dich geheiratet, weil du ein hübsches Gesicht hast und einen schönen runden Hintern. Und nun stellt sich heraus, daß du auch noch denken kannst!« Geschickt wich er dem Hieb aus, den ich ihm übers Ohr ziehen wollte, und grinste mich an.
    »Ich weiß es nicht, Sassenach, aber ich werde es heute noch in Erfahrung bringen.«

16
    Die Magie des Schwefels
    Prinz Charles kaufte seinen Weinbrand tatsächlich bei Mr. Hawkins. Doch abgesehen davon brachten die folgenden vier Wochen kaum neue Erkenntnisse. Es ereignete sich nichts Bemerkenswertes. König Louis nahm nach wie vor keine Notiz von Charles. Jamie betrieb seinen Weinhandel und besuchte den Prinzen. Fergus unternahm weiterhin Beutezüge. Louise de la Tour zeigte sich mißmutig, aber nichtsdestoweniger blühend an der Seite ihres Gatten. Ich übergab mich weiterhin jeden Morgen, arbeitete nachmittags im Spital und überstand das Abendessen mit anmutigem Lächeln.
    Zwei Dinge ließen uns jedoch hoffen, sie würden uns unserem Ziel näherbringen. Zum einen lud der höchst gelangweilte Charles Jamie immer öfter ein, mit ihm in Tavernen zu gehen - häufig ohne Mr. Sheridan, seinen Hauslehrer, der sich zu alt für derartige Abenteuer wähnte.
    »Meine Güte, der Mann trinkt wie ein Loch«, hatte mein nach Fusel riechender Ehemann erklärt, als er von einer dieser Sauftouren zurückkehrte. Kritisch untersuchte er einen großen Fleck auf seinem Hemd.
    »Ich werde ein frisches bestellen müssen«, erklärte er.
    »Wenn Charles bei der Zecherei auch nur ein paar seiner Geheimnisse preisgibt, soll uns das ein frisches Hemd wert sein«, meinte ich. »Worüber spricht er überhaupt?«
    »Über die Jagd und über Frauen«, antwortete Jamie knapp und lehnte jedes weitere Wort darüber entschieden ab. Entweder kreisten Charles’ Gedanken mehr um Louise de la Tour als um Politik, oder er konnte auch dann diskret sein, wenn Mr. Sheridans wachsames Auge nicht auf ihm ruhte.
    Zum anderen wurde Monsieur Duverny, der Finanzminister,
von Jamie im Schach besiegt. Nicht nur einmal, sondern immer wieder. Wie Jamie vorhergesehen hatte, spornten die erlittenen Niederlagen Monsieur Duverneys Ehrgeiz an, was zur Folge hatte, daß wir häufig Einladungen nach Versailles erhielten. Während ich mich unter die Leute mischte, dem Klatsch lauschte und mich von Alkoven fernhielt, spielte Jamie unter den Blicken einer Schar von Bewunderern Schach.
    Ohne das Stimmengemurmel und das Klirren der Gläser in ihrem Rücken wahrzunehmen, saßen Jamie und der Finanzminister - ein kleiner rundlicher Mann mit gebeugten Schultern - über ihrer Partie.
    »Es gibt wohl kaum ein langweiligeres Spiel«, raunte eine Dame ihrer Nachbarin zu. »Und so etwas nennt sich Vergnügen! Dabei ist es weitaus vergnüglicher, meiner Zofe dabei zuzusehen, wie sie den schwarzen Pagen laust. Die quietschen und kichern wenigstens ein bißchen.«
    »Den rothaarigen Burschen würde ich nicht ungern zum Kichern und Quietschen bringen«, antwortete ihre Gesprächspartnerin und lächelte Jamie zu, der den Kopf gehoben hatte und gedankenverloren an Monsieur Duverney vorbeiblickte. Als die erste Dame mich erspähte, versetzte sie ihrer Begleiterin, einer üppigen Blondine, einen Stoß in die Rippen.
    Ich bedachte sie mit einem liebenswürdigen Lächeln und genoß mit einer gewissen Boshaftigkeit, wie von ihrem Hals eine tiefe Röte aufstieg. Jamie selbst wirkte so geistesabwesend, daß sie ihre fleischigen Finger in sein Haar hätte wühlen können, ohne daß er es bemerkt hätte.
    Ich fragte mich, was seine Aufmerksamkeit fesselte. Das Spiel konnte es nicht sein. Monsieur Duverney wich von seiner vorsichtigen Taktik nicht ab und beschränkte sich auf die immer gleichen Züge. In hastig überspielter Ungeduld fuhr Jamie mit der rechten Hand zum Oberschenkel, und ich spürte, daß er mit seinen Gedanken überall, nur nicht beim Schach war. Die Partie mochte sich noch eine halbe Stunde hinziehen, aber er hatte den König seines Gegners bereits in der Hand.
    Neben mir stand der Duc de Neve und ließ Jamie nicht aus den Augen. Plötzlich wandte er den Blick ab, überlegte einen Augenblick, betrachtete das Schachbrett und entfernte sich, um seinen Wetteinsatz zu erhöhen.

    Ein Lakai bot mir mit einer unterwürfigen Verneigung ein weiteres Glas Wein an. Ich winkte ab, denn ich war schon

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