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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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angereicherten Gänseschmalzes stieg mir in die Nase. Kein Laut war zu hören, nur tiefe schnarrende Atemzüge aus dem Schlafzimmer und das ferne Rauschen des Windes, der an den dicken Mauern des Hauses vorbeistrich.
    Ich kniete mich vor den Kamin und versuchte, das Feuer wieder
zu entfachen. Meine Hände zitterten, und der Feuerstein fiel mir zweimal zu Boden, bevor es mir gelang, Funken zu schlagen. Das macht die Kälte, sagte ich mir. Es war wirklich eisig.
    Hat er Ihnen alles erzählt, was zwischen uns geschehen ist? hatte Jack Randall spöttisch gefragt.
    »Alles, was ich wissen muß«, murmelte ich vor mich hin. Ich hielt ein Stück Papier in die winzige Flamme, um den Zunder zu entfachen. Dann legte ich Zweige nach, die ebenfalls rasch Feuer fingen. Als das Feuer lichterloh brannte, legte ich einen großen Holzscheit auf. Es war Kiefernholz; grün, doch mit ein wenig Harz, das durch einen Spalt im Holz heraustrat wie eine winzige goldene Perle.
    Irgendwann einmal könnte daraus ein Tropfen Bernstein werden, hart und dauerhaft wie Edelstein. Doch der Harztropfen erglühte in der Hitze der Flammen, platzte auf, explodierte in einem winzigen Funkenregen und war verschwunden.
    »Alles, was ich wissen muß«, flüsterte ich. Fergus’ Strohlager war leer; er war wohl frierend aufgewacht und hatte sich einen warmen Unterschlupf gesucht.
    Ich fand ihn zuammengerollt in Jamies Bett; der dunkle und der rote Haarschopf lagen einträchtig nebeneinander auf dem Kissen. Die beiden schnarchten friedlich. Ich lächelte, aber ich hatte nicht vor, auf dem Boden zu schlafen.
    »Los, raus hier«, flüsterte ich Fergus zu, schob ihn behutsam an den Bettrand und nahm ihn in meine Arme. Er hatte einen leichten Knochenbau, und für ein zehnjähriges Kind war er sehr schmächtig, trotzdem war er keine leichte Last. Doch ich trug ihn ohne große Schwierigkeiten zu seinem Strohlager und legte ihn darauf nieder. Er wachte nicht auf.
    Während ich mich langsam auszog, betrachtete ich Jamie. Er hatte sich in seiner Betthälfte zusammengerollt. Seine langen Wimpern waren kastanienbraun, an den Spitzen fast schwarz, am Ansatz hellblond. Er wirkte unschuldig, trotz der langen, geraden Nase und den festen Linien von Mund und Kinn.
    Im Hemd schlüpfte ich zu ihm ins Bett und kuschelte mich an sein weites warmes Wollnachthemd. Er hatte mir den Rücken zugewandt und bewegte sich ein wenig; er hustete, und ich legte ihm meine Hand auf die Hüfte, um ihn zu beruhigen. Daraufhin rollte er sich noch mehr zusammen und rückte mit einem zufriedenen Grunzen zu mir hin; er spürte, daß ich da war. Ich legte ihm den Arm um
die Hüfte und streifte dabei seine Hoden. Es war leicht, ihn zu erregen, auch wenn er schlief; durch die Berührung meiner Hand konnte ich ihn sofort zur Erektion bringen.
    Doch ich wollte seinen Schlaf nicht stören und begnügte mich damit, ihm sanft den Bauch zu streicheln. Er reichte mit seiner Hand nach hinten und tätschelte meine Beine.
    »Ich liebe dich«, murmelte er im Halbschlaf.
    »Ich weiß«, flüsterte ich und schlief bald ein.

39
    Familienbande
    Das Haus lag in einem elenden, heruntergekommenen Viertel. Mit tastenden Schritten versuche ich, den Kothaufen und Urinlachen auszuweichen. Sie rührten von den Nachttöpfen her, die bedenkenlos durch die Fenster auf die Gasse gekippt wurden. Erst der nächste kräftige Regen würde den Dreck fortspülen.
    Randall ergriff meinen Ellbogen, damit ich auf den schlüpfrigen Pflastersteinen nicht ausrutschte. Ich versteifte mich, und augenblicklich zog er seine Hand weg.
    Als er sah, daß ich den wackligen Türrahmen skeptisch musterte, versuchte er, sich zu rechtfertigen: »Ich konnte es mir nicht leisten, ihn in einem besseren Quartier unterzubringen. Innen ist es nicht so schlimm.«
    Das stimmte. Er hatte sich bemüht, das Zimmer bequem auszustatten. Am Boden stand eine Wasserschüssel mit einem Krug, und auf dem stabilen Tisch befand sich ein Laib Brot, Käse und eine Flasche Wein. Das Bett hatte eine Federmatratze und mehrere dicke Decken.
    Der Mann, der auf der Matratze lag, hatte sich der Decken entledigt - wohl, weil ihm durch die Anstrengung beim Husten heiß geworden war. Er war rot im Gesicht, und wenn er hustete, erzitterte das robuste Bettgestell.
    Ich ging zum Fenster und riß es auf, ohne auf Randalls Protest zu achten. Kalte Luft drang herein, und der üble Geruch von Körperausdünstungen, schmutzigen Bettüchern und dem randvollen Nachttopf verflüchtigte sich

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