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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Brustbein und Kilt war ein großer blauer Fleck.
    Jamie sah an sich hinab. »Ach, das«, meinte er abwehrend und fuhr fort, sich zu waschen.
    »Ja, das«, beharrte ich, stand auf und trat näher. »Was ist passiert?«
    »Nichts von Bedeutung«, winkte er ab und trocknete sich das Gesicht. »Ich bin heute nachmittag ein wenig hitzig geworden, und da hat mir mein Großvater vom jungen Simon eine Lektion erteilen lassen.«
    »Dann haben dich also zwei Frasers festgehalten, während er dich in den Bauch geschlagen hat?« Mir wurde übel bei dem Gedanken.
    Jamie warf das Handtuch beiseite und griff nach dem Nachthemd.
    »Sehr schmeichelhaft von dir, anzunehmen, daß mich zwei festhalten
müßten«, sagte er und grinste, während er es überzog. »Eigentlich waren es drei; einer stand hinter mir und hat mich gewürgt.«
    »Jamie!«
    Er lachte und schüttelte den Kopf, während er die Bettdecke zurückschlug.
    »Ich weiß nicht, was du an dir hast, Sassenach, daß ich vor dir immer angeben will. Irgendwann werde ich mich noch umbringen lassen, nur um dich zu beeindrucken.« Er seufzte und strich das wollene Nachthemd über seinem Bauch glatt. »Es ist alles nur Spielerei, Sassenach, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
    »Spielerei! Guter Gott, Jamie!«
    »Hast du noch nie gesehen, was passiert, wenn ein fremder Hund sich einem Rudel anschließt, Sassenach? Die anderen beschnüffeln ihn und knurren, um zu sehen, ob er den Schwanz einzieht oder zurückknurrt. Manchmal kommt es zu einer Beißerei, doch am Ende kennt jeder Hund seinen Platz und weiß, wer der Anführer ist. Der alte Simon will sichergehen, daß ich weiß, wer sein Rudel anführt, das ist alles.«
    »Ach. Und weißt du es jetzt?« Ich legte mich wieder hin und wartete, daß auch er ins Bett kam. Er nahm die Kerze und grinste mich an. Im flackernden Licht blitzten seine blauen Augen.
    »Wau, wau«, bellte er und blies die Kerze aus.
     
    In den folgenden beiden Wochen sah ich Jamie fast nur nachts. Tagsüber leistete er seinem Großvater auf der Jagd und beim Ausreiten Gesellschaft - denn Lovat war, ungeachtet seiner Jahre, ein rüstiger Mann - oder auch in der Bibliothek, während der alte Fuchs mit Bedacht seine Entscheidungen traf und seine Pläne schmiedete.
    Die meiste Zeit verbrachte ich mit Frances und den anderen Frauen. Wenn Frances aus dem übermächtigen Schatten ihres Vaters herausgetreten war, fand sie den Mut, ihre Meinung zu sagen, und erwies sich als kluge und interessante Gefährtin. Sie war verantwortlich für den reibungslosen Ablauf des Lebens auf der Burg, aber sobald ihr Vater auftauchte, hielt sie sich zurück, senkte den Blick und sprach nur im Flüsterton. Und dafür konnte ich ihr nicht einmal Vorwürfe machen.
    Zwei Wochen nach unserer Ankunft kam Jamie in den Salon, wo
ich mit Frances und Aline saß, um mir zu sagen, daß Lord Lovat mich zu sehen wünschte.
    Der alte Simon deutete auf die Karaffen, die auf dem Tisch an der Wand standen, dann setzte er sich auf einen riesigen, aus Walnußholz geschnitzten Stuhl, dessen blaues Samtpolster schon ganz abgewetzt war. Der Stuhl paßte so gut zu seiner kurzen, kräftigen Figur, daß ich mich fragte, ob er nach Maß gefertigt worden war oder ob der alte Simon im Laufe der Zeit in den Stuhl hineingewachsen war.
    Ich setzte mich still in eine Ecke, ein Glas Portwein vor mir, und schwieg, während Simon Jamie erneut über Charles Stuarts Erfolgsaussichten befragte. Jamie und sein Großvater waren inzwischen zum verwandtschaftlichen Du übergegangen.
    Zum zwanzigstenmal zählte Jamie die Anzahl der bereitstehenden Truppen auf; er erläuterte die Kommandohierarchie - soweit es überhaupt eine gab -, die Art und Qualität der Bewaffnung - sie war nicht anders als kläglich zu nennen -, er berichtete, was Glengarry nach Prestonpans gesagt hatte, was Cameron über die englischen Truppenbewegungen wußte, weshalb Charles beschlossen hatte, Richtung Süden zu marschieren, und so weiter und so fort. Ich wäre über dem Glas in meiner Hand fast eingenickt, und ich riß mich gerade noch rechtzeitig zusammen, um zu vermeiden, daß sich der Wein über mein Kleid ergoß.
    »... und Lord George Murray und Kilmarnock sind der Meinung, daß Seine Hoheit am besten beraten wäre, sich im Winter in die Highlands zurückzuziehen«, schloß Jamie seine Ausführungen und gähnte hemmungslos. Er stand von dem unbequemen Stuhl, dem man ihm zugewiesen hatte, auf und streckte sich.
    »Und was meinst du, du

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