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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Ferkel, die die Wirtin in der Küche hinter dem Ofen großzog.
    » Tres français, n’est-ce pas? « fragte ich amüsiert über die Auseinandersetzung, die im Stockwerk unter uns geführt wurde - eine liebevolle Abrechnung zwischen der Wirtin und dem ansässigen Weinhändler.
    »Verkrüppelter Sohn einer pestverseuchten Hure!« rief eine weibliche Stimme. »Der Weinbrand von letzter Woche hat wie Pferdepisse geschmeckt.«
    »Wie wollen Sie das wissen, Madame? Nach dem sechsten Glas schmeckt doch eh alles gleich, oder?«
    Jamie und ich lachten so laut, daß das Bett schwankte. Er hob den
Kopf vom Kissen und zog anerkennend den Duft nach gebratenem Speck ein, der durch die undichten Fugen des Holzbodens drang.
    »Ja, das ist Frankreich«, stimmte er zu. »Essen, trinken und - die Liebe.« Er tätschelte meine nackte Hüfte, bevor er das zerknautschte Nachthemd darüberzog.
    »Jamie«, fragte ich leise. »Freust du dich über das Baby?« In Schottland geächtet, aus seinem Heim verbannt und mit vagen Zukunftsaussichten in Frankreich, hätte er allen Grund, über diese neue Pflicht nicht gerade ins Schwärmen zu geraten.
    Er schwiegeinen Augenblick, drückte mich noch fester an sich und seufzte kurz auf, bevor er antwortete.
    »Aye, Sassenach.« Seine Hand wanderte abwärts und rieb sanft meinen Bauch. »Ich bin froh. Und stolz wie ein Spanier. Aber ich habe auch furchtbare Angst.«
    »Wegen der Geburt? Das werde ich schon schaffen.« Ich konnte ihm seine Besorgnis kaum vorwerfen. Schließlich war seine Mutter im Kindbett gestorben, und eine Entbindung, vor allem eine komplizierte, war in jener Zeit die häufigste Todesursache bei Frauen. Aber da ich mich in diesen Dingen ein wenig auskannte, hatte ich nicht die Absicht, mich dem auszusetzen, was man medizinische Betreuung nannte.
    »Ja, das und überhaupt alles«, sagte er leise. »Ich will dich beschützen, Sassenach, ich will mich wie ein Mantel über dich legen und dich und das Kind mit meinem Körper beschirmen.« Stockend und mit heiserer Stimme sprach er weiter. »Ich würde alles für dich tun... wenn... wenn ich nur könnte. Wie stark ich auch bin oder wie sehr ich dir helfen möchte - diesen Weg mußt du alleine gehen... und ich kann dir nicht zur Seite stehen. Wenn ich daran denke, was alles geschehen kann und wie hilflos ich bin... aye, dann habe ich Angst, Sassenach.«
    Er drehte mich zu sich und legte sanft eine Hand auf meine Brust. »Aber wenn ich mir vorstelle, wie mein Kind an deiner Brust liegt... dann könnte ich vor Freude platzen wie eine Seifenblase.«
    Er drückte mich fest an sich, und ich umarmte ihn leidenschaftlich.
    »O Claire, ich liebe dich so, daß es mir das Herz zerreißt.«
     
    Ich schlief noch eine Weile, und als ich aufwachte, läutete am nahegelegenen Platz eine Kirchenglocke. Da ich gerade aus der Abtei Ste. Anne kam, war ich es gewohnt, daß sich die Aktivitäten des
Tages nach dem Glockengeläut richteten, und so blickte ich unwillkürlich zum Fenster, um mit Hilfe des Lichtes die Tageszeit abzuschätzen. Hell und klar fiel es herein, und das Fenster trug keine Eisblumen mehr. Demnach war es Mittag, und die Glocken läuteten zum Angelusgebet.
    Ich streckte mich und genoß das wohlige Gefühl, nicht gleich aufstehen zu müssen. Die ersten Wochen der Schwangerschaft ermüdeten mich, und die Anstrengungen der Reise hatten ein übriges getan, so daß mir die lange Rast mehr als willkommen war.
    Die Winterstürme waren Frankreichs Küste entlanggefegt, und während unserer Reise hatte es unablässig geregnet und geschneit. Aber es hätte auch noch schlimmer kommen können. Ursprünglich hatten wir beabsichtigt, nach Rom zu fahren und nicht nach Le Havre. Bei solch einem Wetter hätte das eine Reise von drei oder vier Wochen bedeutet.
    Da Jamie im Ausland darauf angewiesen war, Geld zu verdienen, hatte man ihm für James Francis Edward Stuart, im Exil lebender König von Schottland - oder schlicht und einfach Chevalier de St. George, Thronprätendent, je nach Treuebekenntnis -, ein Empfehlungsschreiben als Übersetzer mitgegeben. Aus diesem Grunde hatten wir uns seinem Hofstaat in der Nähe von Rom anschließen wollen.
    Unmittelbar vor unserer Abreise nach Italien hatte uns Jamies Onkel Alexander, Abt von Ste. Anne, jedoch in seine Räume gebeten.
    »Ich habe eine Nachricht von Seiner Majestät«, verkündete er ohne vorherige Einleitung.
    »Von welcher?« fragte Jamie. Die Familienähnlichkeit zwischen den beiden Männern wurde durch

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