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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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hatte.
    »Es gleicht sich aus«, erklärte er. »Wenn sie im nächsten Monat kommt und nach einem Abtreibungsmittel verlangt, werde ich ihr so viel berechnen, daß nicht nur der Schaden wieder behoben werden kann, sondern auch noch drei neue Vitrinen dabei herausspringen. Und sie wird ohne Murren zahlen.« Er lächelte kurz, aber ohne den Humor, den er zuvor noch gezeigt hatte. »Sehen Sie, es ist alles eine Frage der Zeit.«
    Ich merkte, daß seine schwarzen Augen wissend über meinen Körper glitten. Obwohl man noch nichts sah, war ich mir sicher, daß er es wußte.

    »Und wird das Mittel, das Sie der Vicomtesse nächsten Monat verordnen, seinen Zweck erfüllen?« erkundigte ich mich.
    »Alles eine Frage der Zeit«, wiederholte er, während er abwägend den Kopf neigte. »Rechtzeitig eingenommen, tut es sein Werk. Wenn man zu lange wartet, wird es gefährlich.«
    Die Warnung war nicht zu überhören, und ich lächelte ihm beruhigend zu.
    »Es ist nicht für mich«, erklärte ich. »Ich frage nur aus Neugier.«
    Erleichtert seufzte er auf.
    »Gut. Das hätte ich auch nicht erwartet.«
    Ein Poltern auf der Straße verriet, daß die blausilberne Kutsche der Vicomtesse am Laden vorbeifuhr. Der Lakai auf seinem Stand rief und winkte, während die Fußgänger sich in Hauseingänge und Torwege flüchteten, um nicht von den Rädern zerquetscht zu werden.
    »A la lanterne« , murmelte ich vor mich hin. Es kam nur selten vor, daß mir meine ungewöhnliche Sicht der gegenwärtigen Entwicklungen eine derartige Befriedigung bot, doch diesmal war es wirklich der Fall.
    »Hört nur, nach wem der Schinderkarren ruft«, sagte ich, zu Raymond gewandt. »Ruft er nach Euch?«
    Erstaunt blickte Raymond mich an.
    »Wie auch immer. Sie verwenden für einen Abführungstrank schwarze Betonien, sagten Sie? Ich ziehe die weißen vor.«
    »Tatsächlich? Warum?«
    Ohne uns weiter mit der Vicomtesse zu beschäftigen, setzten wir uns nieder, um unser Geschäft abzuwickeln.

9
    Die Pracht von versailles
    Leise zog ich die Tür des Salons hinter mir zu und blieb einen Moment lang stehen. Um Mut zu schöpfen und um mich zu beruhigen, holte ich tief Luft, doch unter dem Einfluß des engen Fischbeinkorsetts entwich mir der Atem mit einem erstickten Keuchen.
    Jamie, der das hörte, blickte von dem Stapel Versandformulare auf, in den er sich vertieft hatte. Er riß die Augen auf und erstarrte. Dann öffnete er den Mund, brachte jedoch keinen Ton heraus.
    »Gefällt es dir?« Geziert nahm ich die Schleppe auf und trat mit leichtem Hüftschwung, den mir die Näherin gezeigt hatte, in die Mitte des Raumes, um die hauchdünnen Keile aus Seidenplissee, die in den Rock eingesetzt waren, in ihrer ganzen Pracht zu zeigen.
    Jamie schloß den Mund und blinzelte.
    »Es ist... es ist rot, nicht wahr?« stellte er fest.
    »Ziemlich.« Sang-du-Christ , um genau zu sein. Das Blut Christi, die modischste Farbe der Saison, wie man mir zu verstehen gegeben hatte.
    »Nicht jede Frau kann das tragen, Madame«, hatte die Näherin gesagt, die sich von den Stecknadeln, die sie zwischen die Lippen geklemmt hatte, nicht hatte stören lassen. »Aber Sie, mit Ihrem Teint! Mutter Gottes, die Männer werden den ganzen Abend versuchen, unter Ihren Rock zu kriechen.«
    »Sollen sie nur! Dann trete ich ihnen auf die Finger«, erklärte ich. Denn das war gewiß nicht die beabsichtigte Wirkung. Ich wollte lediglich auffallen. Jamie hatte mich gedrängt, mir ein Kleid anfertigen zu lassen, das mich aus der Masse heraushob. Trotz seiner morgendlichen Benommenheit hatte sich der König offensichtlich an Jamies Auftritt beim Lever erinnert und uns zu einem Ball in Versailles eingeladen.
    »Ich muß bei den Reichen Gehör finden«, hatte Jamie erklärt, als
wir Pläne schmiedeten. »Und da ich weder über Einfluß noch über Macht verfüge, muß ich dafür sorgen, daß sie meine Gesellschaft suchen.« Damals hatte er mich, die ich ihm in meinem alles andere als kleidsamen wollenen Nachthemd gegenübersaß, mit einem tiefen Seufzer angeblickt.
    »Und in Paris heißt das wohl leider, daß wir uns aufs gesellschaftliche Parkett begeben und sogar bei Hof erscheinen, wenn es sich einrichten läßt. Jeder weiß, daß ich Schotte bin, und deshalb ist es nur natürlich, wenn mich die Leute über Prinz Charles ausfragen oder wissen wollen, ob die Schotten die Rückkehr der Stuarts sehnsüchtig erwarten. Dann kann ich ihnen unter dem Siegel der Verschwiegenheit erklären, daß es den meisten

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