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Die gelöschte Welt

Die gelöschte Welt

Titel: Die gelöschte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Harkaway
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die Schönheit unserer Zähne tun. Link nickt. Verdammt seien diese zahnmedizinischen Folterknechte mit ihrem vollendeten Lächeln. Andromas scheint nach eingebildeten Fischen zu angeln. Vielleicht auch nach echten, wer weiß? Aber er benutzt dazu eine eingebildete Angelrute.
    Mist. Auf einmal trifft mich etwas zwischen den Schulterblättern. Es hat die Größe einer menschlichen Hand, besteht aber offenbar aus massivem Stein und wird von einer Art Presslufthammer angetrieben. Es tut nicht weh, erschüttert mich aber, und ich verkrampfe mich am ganzen Körper.
    »Hallo, Fremder, lassen Sie uns mal Tacheles reden!« Humbert Pistill. Ich hoffe, er will wirklich nur Tacheles reden, denn wenn er mit mir zechen möchte und ein paar firmeneigene Huris herbestellt hat, die wir uns vornehmen müssen, während wir irgendein mörderisches Gebräu trinken, an das er sich bereits in seiner Jugend gewöhnt hat, dann wird mich das umbringen. Er ist ungefähr doppelt so schwer wie ich und verbringt anscheinend viel Zeit im Fitnessstudio der Manager. Andererseits, wenn ihn mein Geheimnis interessiert – Wer ist dieser kluge junge Manager, und warum habe ich seine Akte noch nicht gesehen? –, finde ich vielleicht heraus, wie er und Dick Washburn in den Schlamassel passen, in den sich mein Leben verwandelt hat. Und vielleicht erfahre ich sogar, was er mit Gonzo vorhat, meinem idiotischen Bruder, Erschaffer, Kumpel und Beinahe-Mörder.
    »Lassen Sie uns an der Brüstung entlanggehen«, schlägt Humbert Pistill vor. Dann wendet er sich an Dick Washburn. »Sie haben doch eine Brüstung, oder?«
    »Nur die Terrasse«, sagt Dick. Er deutet zum Pool und zu Dr. Andromas. Alle blicken hinaus.
    »Das ist aber ein netter Pool, Richard«, sagt Humbert Pistill nach einem kurzen Schweigen. »Schönes Rosa.« Ich öffne ein Auge (anscheinend hatte ich irgendwann beide geschlossen) und stelle fest, dass Dr. Andromas verschwunden ist. Natürlich. »Können wir die Terrasse mal einen Moment für uns allein beanspruchen, Richard?« Natürlich, sagt Dick Washburn, und es stellt sich heraus, dass es einen magischen Knopf gibt, der das Glas undurchsichtig macht. Sehr futuristisch. Humbert Pistill gibt einen Laut von sich, der in etwa so klingt wie: »So'n Ding muss ich mir für meine Bude auch besorgen«, oder vielleicht auch wie: »Jungs und ihre Spielsachen«. Er führt mich auf die Terrasse. Draußen ist es zwar kühl, aber doch noch wärmer als erwartet, weil der Dunst vom Pool noch über der Terrasse hängt.
    »Da drin haben Sie mich zum Lachen gebracht«, murmelt Humbert Pistill, »und so etwas kommt sehr, sehr selten vor. Vielleicht liegt es daran, dass ich viel zu oft mit der Eisenfaust regiere. Oder vielleicht habe ich einfach nur den gleichen unzulänglichen Sinn für Humor wie Sie. Aber ich kenne Ihr Gesicht nicht, junger Mann, und deshalb muss ich Sie – noch bevor wir zur Sache kommen – fragen, wo Sie mich das schon einmal haben sagen hören.«
    Natürlich ist er ganz direkt. Keine Frage. Sieh ihn dir nur an. Er hält eine dicke Zigarre in der freien Hand und hat Schultern wie ein Kleiderschrank. Ein Mann, der zu Frontalangriffen neigt. Also gut. Beantworte die Frage, aber weiche der Wahrheit ein wenig aus.
    »Bei einem Briefing vor ein paar Monaten.«
    »Was für ein Briefing?«
    »Wegen der Lubitsch-Sache.«
    »Oh«, nickt Humbert Pistill. »Dieses Briefing. Ja. Das dachte ich mir schon.« Da wird mir klar, dass ich einen gewaltigen Fehler begangen habe. Ich merke es, weil ich kein Volltrottel bin, auch wenn es manchmal so scheint. Und auch, weil Humbert Pistills Faust mich trifft wie der Strahl aus einem Feuerwehrschlauch. Ich fliege rückwärts und weiß nicht einmal, wo er mich getroffen hat. Es spielt auch keine Rolle. Wenn etwas gebrochen ist, werde ich es rasch herausfinden. Wenn nicht, kann ich mir später noch Gedanken machen. Ich rolle mich ab, doch er ist schnell. Er erwischt mich, als ich mich gerade wieder aufrichten will. Unter dem Schlag tauche ich weg, doch sein Tritt trifft mich, und ich fliege schon wieder durch die Luft.
    Es gibt verschiedene Arten von Kämpfen. Eine Sorte ist wie ein Dialog – Boxkämpfe, Übungskämpfe, sogar die Paarungskämpfe von Nashörnern. Es ist immer ein Dialog. Bin ich besser? Bin ich schneller? Die zweite Sorte – nicht, dass sich die erste Sorte nicht in diese Richtung entwickeln könnte, wenn jemand es nicht mag, wie der andere seinen Standpunkt vorträgt – dreht sich um die

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