Die Genesis-Affäre: Mind Control (German Edition)
aufgetaucht und ohne LeClerc wäre der BND nicht auf der Bildfläche erschienen. Das war seine Überzeugung und was ihn dabei am meisten in Rage brachte, war, dass dadurch die ganze Aktion in Gefahr geriet. Dutronc sah die Sache hingegen gelassen und keinesfalls gefährdet.
Noch wütender wurde Ruschkow, als Dutronc darauf bestand, noch einige Utensilien einzukaufen, die sie ihrer Meinung nach für die Durchführung benötigte. Ruschkow befürchtete unnötige Spuren und das Risiko, man könne sie später auf irgendwelchen Überwachungsvideos wiedererkennen. Aber es gab keine Zeit mehr, darüber zu diskutieren. Nur noch wenige Stunden bis zum Showdown.
Wie verabredet trennten sich Ruschkow und Dutronc. Während Ruschkow in Berlin blieb, fuhr Dutronc zum Flughafen. Ihr kam es sehr gelegen, dass die CERN-Maschine immer noch auf dem Rollfeld wartete. Nachdem, was sie alles im Gepäck hatte, wäre sie niemals an Bord eines Linienfluges gekommen.
Die beiden Piloten fand sie in der Cafeteria des Flughafens, wo sie die ganze Nacht zubrachten und dementsprechend verärgert waren. Allerdings waren sie auch überrascht, denn sie erwarteten eigentlich Patrick LeClerc.
»Wir fliegen nach Frankfurt«, forderte Dutronc, ohne die Piloten zu begrüßen, was sie noch mehr in Rage brachte.
»Fliegt Herr LeClerc nicht mit?«, fragte der Flugkapitän mit einem provozierenden Gähnen, womit er auf das nächtliche Stelldichein auf dem Flughafen aufmerksam machen wollte. Dutronc verstand diese Anspielung nicht oder wollte sie nicht verstehen.
»Vergessen Sie LeClerc, sondern bereiten Sie alles für einen Flug nach Frankfurt vor. Wenn Sie mich dort abgesetzt haben, können Sie nach Genf weiterfliegen. Messieurs LeClerc wird Sie nicht mehr benötigen.«
Dutronc war äußerst kurz angebunden, was für die Piloten jedoch nichts Ungewöhnliches war. Eine knappe Stunde später hob der Learjet ab und verschwand über den Wolken. Dutronc versuchte sich zu entspannen und sah in Gedanken versunken hinaus. Die aufgehende Sonne verwandelte die Wolkendecke unter ihr in ein imposantes Farbenspiel, als sei sie von einem Künstler gemalt worden.
Ein Tag wie jeder andere brach an, der nicht wie jeder andere enden sollte. Doch das wussten zu diesem Zeitpunkt nur sehr wenige Menschen. Jan Ruschkow und Sandine Dutronc waren ab jetzt auf sich allein gestellt. Einen Fehler durfte sich niemand von ihnen leisten, auch der vereinbarte Zeitplan musste peinlichst genau eingehalten werden.
Während sich Dutronc im Landeanflug auf den Frankfurter Flughafen befand, mischte sich Ruschkow unter den Besucherstrom, der über den Haupteingang an der Tauentzienstraße das Europa-Center betrat. Es war exakt 10:30 Uhr. Noch war nicht sehr viel los, aber das sollte sich innerhalb der nächsten Stunde ändern, wenn die ersten Touristenströme das Europa-Center erobern würden.
Unbemerkt folgte Ruschkow jemand.
An der Uhr der fließenden Zeiten blieb er kurz stehen, zählte die gefüllten Glaskugeln und verglich die daraus resultierende Uhrzeit mit seiner Armbanduhr. Zufrieden ging er weiter und belächelte die Menschen, die über diese künstlerische Uhr rätselten. Zu gern hätte er ihnen erklärt, wie man die Zeit ablas, doch er wollte unnötige Kontakte vermeiden. Nur nicht auffallen, lautete das Gebot.
Zügig ging er hinüber zum Lotus-Brunnen und setzte sich dort in einem Café an einen abgelegenen Platz, von wo aus er gut beobachten konnte, jedoch selbst nur schwer zu sehen war. Die großen künstlichen Blätter und Blütenkelche boten ihm eine hervorragende Deckung. Das beruhigende Wasserplätschern verführte ihn fast dazu, die Augen zu schließen und zu träumen. Doch das wollte er sich in dieser Phase auf gar keinen Fall leisten. Höchste Konzentration war gefragt.
Als zwei Polizisten über den Steg kamen, der den kleinen, künstlichen See überspannte, schnappte sich Ruschkow rasch eine Zeitung vom Nachbartisch und verbarg sich dahinter. Vorsichtig lugte er über den Rand hinweg und beobachtete sie. Erleichtert nahm er zur Kenntnis, dass sie lediglich Kaffee zum Mitnehmen kauften und sofort ihre Streife fortsetzten. Er redete sich zur eigenen Beruhigung ein, dass die Polizei unmöglich über den bevorstehenden Terroranschlag Bescheid wissen könne.
Seine größte Aufmerksamkeit galt den Fahrstühlen, die in den angrenzenden Bürotower und dem Restaurant in der zwanzigsten Etage hinaufführten. Er wollte genau wissen, wie viele Menschen in den nächsten
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