Die Genesis-Affäre: Mind Control (German Edition)
doch gebrochen, seit seiner Jahre in Hohenschönhausen? Für Talert war die Antwort eindeutig: Er war stark genug gewesen, sich nicht brechen zu lassen. Doch war er es wirklich oder machte er sich nur selbst etwas vor? Für Lena war er jedenfalls nicht mehr derselbe, den sie aus ihrer Jugend kannte.
Für eine Weile schwiegen sie, während Lena gedanklich an die Zeit bei der FDJ dachte, als sie Talert kennenlernte. Mitten in die tranceähnliche Welt platzte das Läuten von Lenas Handy. Auf dem Display stand der Name Fechner, der mittlerweile die Bürde des Chefs vom Dienst ablegen konnte, als Chefredakteur jedoch immer noch Lenas Vorgesetzter war.
»Was gibt's?«, meldete sie sich knapp. Fechner kannte dies von ihr und wunderte sich schon gar nicht mehr.
»Wie sieht es bei euch aus?«, erkundigte er sich.
»Alles ruhig. Haben Sie die Polizei verständigt?«, wollte Lena Jansen wissen.
Fechner berichtete, dass in Kürze ein Sondereinsatzkommando die Umgebung des Europa-Centers abriegeln würde.
»Das Center wird außerdem evakuiert«, fuhr er fort und stieß bei Lena Jansen auf Unverständnis. Sie überlegte, ob eine Evakuierung nicht vielleicht genau das auslösen könnte, was sie nicht wollte: eine Panik.
Fechner beruhigte sie. »Lena, das sind Profis. Die wissen, wie man so was macht.«
»Was ist, wenn Ruschkow hier irgendwo in der Nähe ist und alles beobachtet? Wenn er die Evakuierung mitbekommt und das SEK, wird er vielleicht alles stoppen und die Polizei kann ihn nicht festnehmen.«
»Die Polizei hat an alles gedacht, keine Sorge. Ich habe die Pressestelle der Polizei angerufen. Sie werden Polizisten als Touristen getarnt im Europa-Center einschleusen. Für Ruschkow wird es ganz normal aussehen. Er wird keinen Verdacht schöpfen.«
»Machen die das freiwillig?«, fragte Lena skeptisch.
»Das kann ich dir nicht beantworten. – Noch etwas, fast hätte ich es vergessen. Die Morgenthal-Klinik hat uns angerufen.«
»Was ist da schon wieder los?«, fragte Jansen erstaunt. »Keine Ahnung, du sollst sofort dorthin fahren.«
»Chef, ich kann hier jetzt unmöglich weg. Der Anschlag auf das Europa-Center ist die Story des Jahres. Die Klinik muss warten.«
»Mir schien es so, als ob es sehr wichtig sei. Wenn der Countdown stimmt, haben wir noch ein paar Stunden Zeit. Also kannst du rechtzeitig zurück sein. Fahr’ bitte hin und sieh nach, was dort los ist. Sie taten sehr geheimnisvoll und betonten, dass nur du dorthin kommen sollst, niemand anderer.«
»Kann das eine Falle sein?«, fragte Lena besorgt. »Vielleicht haben die Genesis-Leute mit mir das Gleiche vor wie mit LeClerc.«
»Wozu sollten sie dich deshalb extra in die Morgenthal-Klinik kommen lassen. Das hätten sie in Falkensee viel einfacher haben können, oder? Fahr' bitte hin, ja? Das Europa-Center läuft dir nicht weg.«
Wirklich begeistert war sie keineswegs. Talert sah ihr an, dass ihr etwas nicht behagte. Allem Anschein nach würde hier am Europa-Center in den nächsten Stunden die Hölle losbrechen und sie sollte nicht dabei sein. Wie konnte ihr Chef ihr das antun? Er wusste doch, wie tief sie in der Sache Genesis steckte und nicht zuletzt war sie es, die mit ihrem TV-Beitrag zum Kanzlerrücktritt den Stein ins rollen brachte. Sie beschwerte sich bei Axel Talert und regte sich ein wenig über Fechner auf.
»Kann es vielleicht sein, dass Fechner dich nur schützen möchte?«, fragte Talert. »Er schickt dich zur Morgenthal-Klinik, nur um dich von hier wegzubekommen? Das wäre doch denkbar, oder? Ich würde das toll finden, wenn mein Chef so besorgt um mich wäre und mich aus der Gefahrenzone herausholt.«
»So habe ich das noch gar nicht gesehen«, sagte Lena Jansen und gewann ihre gute Laune zurück.
Lena Jansen tat, was von ihr erwartet wurde. Doch es blieb ein flaues Gefühl im Magen. Warum war es ausgerechnet die Morgenthal-Klinik, wo sie hinfahren sollte? Wenn ihr Chef sie nur unter einem Vorwand vom Europa-Center wegbringen wollte, dann hätte er sie überall hinschicken können, nur nicht in die Klinik. Dort würde es sofort auffliegen, dass es fingiert war. Nein, es musste etwas anderes dahinterstecken. Irgendetwas war in der Klinik geschehen. Sie gab Gas.
22
Als Lena Jansen ihren knallgelben Beetle auf dem Besucherparkplatz abstellte, war ihr immer noch kein triftiger Grund eingefallen, weshalb sie so dringend in der Klinik erwartet wurde. Es gab nur einen Anhaltspunkt und der hing mit dem Mord an Professor Morgenthal und mit
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