Die Genesis-Affäre: Mind Control (German Edition)
den Pressesaal verlassen, jedoch fühlte er sich wie gelähmt. Auf dem Bildschirm, auf dem immer noch sein Gesicht in Großaufnahme zu sehen war, eingefangen von Lena Jansens Kamera, war eine Laufschrift eingeblendet, die ihn im Erdboden versinken ließ.
Bundespräsident Winter sagt nicht die Wahrheit über Genesis, war auf den Fernsehschirmen zu lesen und das nicht nur im Pressesaal, sondern in Millionen Haushalten. Bär hatte die Techniker im Regieraum des Senders dazu gezwungen.
»Schalten Sie sofort die Kamera ab!«, forderte Winter, dem der Zorn ins Gesicht geschrieben stand. Lena Jansen gab ihrem Kameramann ein Zeichen, dass er sich nicht beeinflussen lassen solle. Jetzt die Übertragung abzubrechen, kam für sie nicht in Frage. Jemand müsste schon das Kabel durchtrennen, um sie dazu zu zwingen. Blitzartig nahm sie sich ein Mikrofon und stellte sich direkt vor die Linse.
»Meine Damen und Herren«, begann sie eine nicht geplante Moderation. »Die Situation hier im Pressesaal des Schlosses Bellevue scheint zu eskalieren. Alles, was sie über Genesis bisher erfahren haben, stimmt. Ich kann es bestätigen. Zur Stunde befindet sich in Falkensee ein Wissenschaftler von CERN als Geisel in der Hand von Terroristen und auch in unserem Funkhaus, wo es heute Morgen zu einer Bombenexplosion kam, findet eine Geiselnahme statt. Wir halten Sie auf dem Laufenden und werden lückenlos über den Skandal Genesis aufklären. Mein Name ist Lena Jansen.«
»Ist die verrückt geworden!«, fluchte Strobel, als er im Sender Lena Jansens Aktion verfolgte. Jetzt drohte die ganze Sache tatsächlich zu eskalieren.
Nachdem die Laufschrift zum dritten Mal über den Monitor lief, wurde die Regie gezwungen, auf eine Studiokamera umzuschalten. Auf den Fernsehschirmen war jetzt der Geiselnehmer zu sehen, der sich Bär nannte. Was jetzt geschah, steigert die Vorfälle in das absolut Unfassbare.
Als die Mikrofone offen waren, begann Bär in sachlich verhaltener Stimmlage zu erklären: »Genesis ist nichts anderes als der Deckname eines geplanten Terroranschlags, der von der ehemaligen Regierung angeordnet wurde und finanziert wird. Man will später die Taliban für diesen Anschlag verantwortlich machen und damit Argumente für den umstrittenen Afghanistaneinsatz der NATO-Streitkräfte schaffen. Das ist die Wahrheit über Genesis.«
»Ist der wahnsinnig!«, brüllte Winter. »Nichts von dem ist wahr«, behauptete er, wusste aber, dass es durchaus der Wahrheit entsprach. »Wer ist das überhaupt?«, brüllte er und rang nach Luft.
Lena Jansen stellte sich ganz dicht vor das Rednerpult und zog ein Pultmikrofon zu sich, damit alle im Saal verstehen konnte, was sie zu sagen gedachte. Niemand konnte sie mehr aufhalten. Sie sah den Zeitpunkt gekommen, ihr Versprechen einzulösen. Dabei war es ihr egal geworden, ob sie gerade ihrer Karriere ein Ende setzte oder nicht.
»Das ist der Mann, der meine Kollegen im Sender als Geiseln genommen hat«, erklärte Lena Jansen. »Er droht, eine Bombe zu zünden, sollte die Wahrheit nicht ans Licht kommen. Nachdem, was ich auf dem Gelände der ehemaligen NVA in Falkensee selbst gesehen habe, glaube ich nicht, dass er die Unwahrheit sagt«, fügte Lena Jansen mutig hinzu, die mehr und mehr von Journalisten umlagert wurde.
»Es stimmt, was dieser Mann sagt, nicht wahr, Herr Bundespräsident? Genesis ist ein von der Regierung geplanter Terroranschlag, um Argumente für die Fortsetzung des Afghanistan-Einsatzes zu schaffen?« Lena Jansen wunderte sich selbst über ihren Mut, dem höchsten Staatsmann dies direkt ins Gesicht zu sagen. Aber sie war nicht mehr aufzuhalten. Die Situation spitzte sich zu.
Auch im Kontrollraum in Falkensee kam Unruhe auf. Ruschkow sah auf den Countdown. Der Zeitpunkt des Anschlags konnte nicht mehr vorverlegt werden. Würde die verbleibende Zeit reichen, bevor das Gelände gestürmt würde? Nachdem, was sich gerade abspielte, rechnete er fest damit, dass in kurzer Zeit Sondereinheiten den Zaun niederreißen und die Anlage zerstören würden, bevor der Terroranschlag zur Ausführung käme. Schon wieder sollte ihm jemand einen Strich durch die Rechnung machen. Ruschkow fluchte.
»Hey – Sandine. Ich kenne diesen Typen«, sagte LeClerc und meinte den Geiselnehmer, der immer noch auf dem Fernsehschirm zu sehen war. Dutronc warf ihm einen wortlosen Blick über die Schulter zu, als wollte sie sagen: halt den Mund.
LeClerc schaute sie herausfordernd an.
»Du kennst ihn auch, nicht
Weitere Kostenlose Bücher