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Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Titel: Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Gruber
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sind nach dem EU-Lebensmittelkodex ein anderes Produkt, schmecken auch schlechter) ein Würstel zerkocht, damit das andere besser schmeckt. Ich persönlich verwende die „Opferwurst“ nur dann, wenn ich mehrere Würstel, zum Beispiel für eine Party, koche. Zur Not können auch ein paar Wurstblätter verwendet werden, die sich noch im Kühlschrank befinden. Das Kochwasser nur zu salzen und ein paar Tropfen Öl hineinzugeben, ist etwas zu wenig. Auch empfiehlt es sich nicht, Würstel in einer Suppe zu kochen. Sie würden dann nach der Suppe schmecken.
    Vielleicht noch kurz zu dem Begriff „Opferwurst“. Er entstand ungefähr im Jahr 1998 in der Volkshochschule Mauer. Damals hielt ich einen Vortrag über das Kochen von Würsten und sprach dabei auch davon, dass man eine Wurst opfern muss, damit die anderen besser schmecken. Ein Kursteilnehmer konnte es nicht fassen und schrie heraus: „Das ist dann ja eine Opferwurst!“ So entstand dieser schöne Begriff – ich bin gespannt, ob er den Einzug in den „Duden“ schaffen wird ...
    Einen großen Fehler muss ich allerdings noch verbessern: Ich spreche immer von Würstel „kochen“. Dies ist aber falsch. Man sollte Würstel genauso wie Knödel auch nur ziehen lassen. Sobald direkt unter der Wursthaut eine Temperatur von 92 °C entsteht, bilden sich Dampfbläschen, die zum Zerplatzen der Wurst führen. Also auch Würste nur ziehen lassen.
    Der perfekte Tafelspitz gelingt nur den wenigsten
     
    Es gibt verschiedene Arten von Suppen. Bei manchen Suppen möchten wir zum Beispiel Gemüse auslaugen – die Suppe sollte dann nach diesem Gemüse schmecken. Wie das Gemüse dann im Detail aussieht, ist uns in der Regel egal, da es meist püriert wird. Wenn wir eine Hühnersuppe köcheln, so soll das Suppenhuhn ausgelaugt werden. Die Suppe soll nach dem Huhn schmecken. Wenn man sich noch etwas Mühe gibt, so löst man nach dem Kochvorgang das Fleisch vom Huhn und gibt es in die Suppe. Aber es würde keiner auf die Idee kommen, das ausgelaugte Huhn als Hauptspeise zu servieren.
    Anders sieht es beim Tafelspitz aus. Er sollte einerseits den Geschmack der Suppe positiv beeinflussen, und andererseits sollte er auch schön saftig sein, wenn er dann serviert wird. Hier besteht ein Widerspruch zwischen saftig und ausgelaugt.
    Beim Tafelspitz liegt nicht nur das Phänomen der Diffusion vor, sondern auch der Osmose. Die Osmose tritt überall auf, wo eine semipermeable Membran vorhanden ist. Dies trifft so ziemlich auf alle Lebensmittel zu. Jede Zellwand stellt eine solche semipermeable Wand dar. Darunter versteht man eine Wand, die zwar Wasser in beide Richtungen durchlässt, aber nur dieses. Zucker oder andere Stoffe, wie zum Beispiel Geschmacksstoffe, können nicht hindurch. Das wäre ja an sich noch nicht spannend.
    Aber es gibt einen interessanten Grundsatz in der Natur: Ein Lösungsmittel begibt sich immer dorthin, wo etwas zu verdünnen ist, sodass überall die gleiche Konzentration besteht. Nehmen wir ein Glas, und quer durch dieses Wasserglas sollte eine semipermeable Membran gespannt sein. Diese teilt das Glas in eine rechte und in die linke Hälfte. In den beiden Hälften wird das Wasser gleich hoch stehen – das Wasser kann sich jederzeit vom rechten Bereich in den linken Bereich und umgekehrt bewegen. Geben wir nun etwas Zucker in den linken Bereich, so wird etwas Spannendes passieren. Der Zucker löst sich auf – die Diffusion kennen wir ja schon. Aber zusätzlich wird der Wasserstand im linken Bereich steigen. Es wandert mehr Wasser vom Bereich ohne Zucker in den Bereich mit Zucker als umgekehrt. Das Wasser versucht die Zuckerkonzentration zu verringern. Da der Zucker nicht wandern kann, wandert eben das Wasser. Natürlich gelingt kein perfekter Ausgleich, die Schwerkraft wirkt der Wasserbewegung entgegen.
     

    Bei der Osmose verhindert eine semipermeable Membran, dass sich große Moleküle durch die Membran bewegen. Aber das Wasser kann sich durch die Membran bewegen. So versucht es die Lösung zu verdünnen.
    Was lernen wir daraus? Wasser kann in Zellen eindringen oder aus ihnen herauswandern, in Abhängigkeit der Konzentration von verschiedensten Stoffen.
    Betrachten wir ein einfaches Beispiel: Erbsenkochen. Kochen wir Erbsen in normalem Wasser, so werden die Erbsen fad schmecken. Im Inneren der einzelnen Erbsenzellen befindet sich Zucker. Im umgebenden Wasser tritt kein Zucker auf. Also wird das kochende Wasser in die einzelnen Erbsenzellen hineinwandern, um die

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