Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Titel: Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Gruber
Vom Netzwerk:
diesen, so lässt dies den Eisblock kalt. Die Moleküle bilden ein so kompaktes Kristallgitter, sodass es für die Mikrowellen durchsichtig ist. Es ist nur möglich, das Oberflächenwasser zu erhitzen. Sobald dieses erwärmt wurde, kann es über die konventionelle Wärmeleitung die Wärme in das Innere des Gefriergutes abgeben. Während das Oberflächenwasser die Wärme an die inneren Bereiche abgibt, bringt es gar nichts, wenn die Bestrahlung weiter andauern würde. Es führt nur dazu, dass dieses Wasser verdampft, und dann dauert es noch länger, bis der Eisblock auftaut. Damit kann man sagen, dass der Mikrowellenherd in der Auftaustufe sich im Minutentakt ein-und ausschaltet.
     

    Mikrowellenherde kann man nicht miteinander vergleichen. Betrachten wir zwei 1000-Watt-Mikrowellenherde bei 50 Prozent der Leistung. Also wird die halbe Zeit über keine Mikrowellen emittiert. Eigentlich müsste die Temperatur am Ende des Garvorganges die gleiche sein. Aber das Abkühlverhalten und das Erwärmungsverhalten unterscheiden sich bei den beiden Varianten beträchtlich. Manchmal stimmt die Temperatur überein, manchmal nicht.
    Jetzt werden einige Nutzerinnen und Nutzer sofort sagen, dass ihr Mikrowellenherd in der Auftaustufe doch kontinuierlich arbeitet – die Lampe leuchtet die ganze Zeit. Ich glaube Ihnen auch, dass die Lampe die ganze Zeit brav leuchtet, aber dies hat nichts damit zu tun, ob Mikrowellen das Gargut bearbeiten. Das Problem liegt leider tiefer. Im Backrohr können wir die Temperatur schön einstellen. Also erwarten wir uns, vor allem wenn wir uns den Leistungsschalter ansehen, dass man dies auch mit dem Mikrowellenherd durchführen kann. Aber die momentane Leistung eines Mikrowellenherdes lässt sich nicht steuern. Ein Mikrowellenherd kann nur Mikrowellen einer bestimmten Frequenz herstellen, und dies auch nur bei einer bestimmten Leistung. Alles andere wäre eindeutig zu teuer. Deshalb greifen die Hersteller von Mikrowellenherden zu einem Trick: Sie schalten den Mikrowellengenerator einfach an und aus. In Abhängigkeit zur Leistungsstufe ist der Generator länger aktiv, oder umgekehrt sind die Pausen länger. Greift man auf den eingeschalteten Herd, so bemerkt man, dass manchmal Vibrationen gerade beginnen. Dann werden wieder Mikrowellen produziert.
    Dass die Leistung nicht wirklich eingestellt werden kann, verursacht große Probleme. Haben wir ein Rezept mit der Angabe, dass wir bei 600 Watt die Speise rund drei Minuten erwärmen sollen, so können wir bei einem Herd, der eine Maximalleistung von 1000 Watt hat, nicht einfach den Schalter auf 600 Watt einstellen und drei Minuten warten. Während der aktiven Zeit wird der Herd trotzdem mit vollen 1000 Watt arbeiten. Dies kann dann dazu führen, dass die Speise übergeht oder dass sonst Prozesse ablaufen, auf die man verzichten möchte. Deshalb kann man bei Mikrowellenrezepten nur eine grobe Leistungs-und eine ungefähre Zeitangabe machen. Jeder muss dann selber ausprobieren, bei welcher Einstellung man das beste Ergebnis erhält.
    Warum sollten Sie eigentlich nicht immer gleich mit der höchsten Stufe arbeiten? Es würden die Speisen dann ja in kürzerer Zeit fertig werden. Dann würden viele Speisen schlicht und einfach zu heiß werden. Es muss nicht immer mit der höchsten „Leistungsstufe“ gearbeitet werden. In den Pausen verteilt sich die Wärme auf andere Teile des Gargutes. Damit wird das Gargut gleichmäßiger erwärmt. Es hat auch einen großen Nachteil, wenn Sie mit einer zu hohen Leistungsstufe arbeiten. Das Gargut ist in einem Bereich schon sehr heiß, in einem anderen Bereich ist es aber noch kalt – die Wärmeleitung braucht auch Zeit, damit alles gleichmäßig erhitzt wird.
    Das führt auch dazu, dass manche Leute behaupten, sie könnten schmecken, ob Speisen in der Mikrowelle erwärmt wurden. Ich gebe diesen Leuten recht. Bekommt man einen Teller und ist die Speise besonders heiß und kühlt besonders schnell aus, dann wurde mit der Mikrowelle gearbeitet – allerdings falsch. Das Problem besteht eigentlich darin, dass manche Teile der Speise, vor allem die Oberfläche, sehr heiß sind. Man spürt sogar die Wärme, die abgestrahlt wird. Aber die gesamte Speise, vor allem das Innere, wurde nicht ausreichend erhitzt. Wir lassen uns von einigen Bereichen, die eine hohe Temperatur haben, täuschen. Diese Bereiche werden durch die Wärmeleitung jene Bereiche, die noch nicht so heiß sind, erwärmen. Dadurch „kühlt“ die Speise dann relativ

Weitere Kostenlose Bücher