Die Geometrie der Wolken
wie sie die Hände in riesige Fässer mit einer Mischung aus Schmierfett, Kalk und Asbestfasern tauchten, damit die Kontakte und den Verteiler unter der Motorhaube einschmierten und dann zum Üben im Hafen die Slipanlagen hinunter ins Wasser fuhren. Die Jeeps hatten senkrechte Auspuffe wie Schnorchel. Man konnte dann nur noch den Auspuff mit dem kleinen Deckel sehen, der munter hoch- und runterklappte, und vom Fahrer nur Kopf und Schultern.
So hatte ich mich bis kurz vorher auch gefühlt - als ob ich gerade eben den Kopf über Wasser halten konnte. Jetzt war ich stärker, dachte ich, während der Verkehr auf der nassen Straße an uns vorbeiglitt. Bei meiner Arbeit hatte ich gleichzeitig gelernt, dass alle Dinge nur von kurzer Dauer sind, wenngleich sie von einem wunderbaren Netz der Wesensverwandtschaft verbunden werden ... einem, das sich von den Grenzen des Universums bis zu denen einzelner Individuen erstreckt. Wie wunderbar wäre es, eine Art Wissenschaftssuperheld zu sein, der ungehindert von einer geheimnisvollen Gegend in die nächste fliegen kann!
Wir passierten einen Wegweiser nach Chobham, glaube ich (im peitschenden Regen war es schwer zu erkennen), und ich weiß noch, dass meine Überzeugung von der Verbindung aller Dinge in genau diesem Moment zu bröckeln anfing, als ich die Kontinuität zwischen mir und all den Verbrechern und Monstern ahnte, von denen Hitler damals bloß das bekannteste Exemplar war. Wenn ich heute allerdings mit geschärftem Auge zurückblicke, wird mir klar, dass die Verbindung mit den Wahnsinnigen einfach eine der Tatsachen ist, die ein System aus gutem Grund ignorieren muss. Zumindest, wenn es seine Identität wahren will.
Wie selten wir einen Überblick haben. Wie selten sind durch unsere vernebelte Wahrnehmung und unsere Illusion, alles unter Kontrolle zu haben, solche Menschen geworden, die in diesem seltsamen Land flüchtiger Elemente, andauernder Veränderung und unberechenbaren Schicksals, das wir das Leben nennen, stillstehen können; lange genug, um ein Ideal des Ganzen wahrzunehmen. Und sich in ihrem Stillstand ihrer eigenen Strömung bewusst werden: des vergrabenen Flusses eines wahren Selbst, der auf seinem verschlungenen Lauf leise murmelt. Nur die Augen eines anderen können den Weg an diesen Ort weisen, und mir sind sie nun für immer verschlossen worden. Geblieben ist nicht ihre geisterhafte Erscheinung, sondern meine - die meiner eigenen früheren inneren Natur, die mich verfolgt wie ein fremder Hund.
Wenn mich dieser Schatten meiner Vergangenheit aufspüren und fragen würde, wie man die Zukunft voraussagen könne, würde ich ihm raten, nach Mustern in Systemen und Störungen an deren Rändern zu suchen. Zu erkennen, was neu ist und - oft viel wichtiger - was verschwindet. Variationen der Eingangswerte sind sehr bedeutend, ebenso die Geschwindigkeit, mit der das System arbeitet, und die, mit der die Informationen es durchlaufen. Wenn zwischen den beiden Geschwindigkeiten ein großer Unterschied besteht, kann das zu einer Schockwelle führen. Im Idealfall sollten die Informationen das System nur so schnell durchlaufen, dass es sich an sie anpassen kann.
Das haben wir gelernt. Das ist die Neuigkeit aus der Zukunft, die ich mit dem Füller an mein altes Ich übermittle, als würde ich ihn wie einen Torpedo vom Bug des Eisschiffs in die Vergangenheit abfeuern. Das würde ich dem hartnäckigen alten Hund meines früheren Ichs sagen, während er durch den Kriegsverkehr auf ein ungewisses Schicksal zusteuert, ohne zu wissen, welche Liebe und welcher Verlust vor ihm liegen, ohne zu ahnen, dass er zwischen Afrika damals und Afrika heute schwebt, wo er vielleicht die Ebene aufsuchen wird, der sein altes Leben entstammt.
Um halb zehn abends wurde ich in Newbury an einer Reihe kräftiger junger Fallschirmjäger der 82nd US Airborne Division nach der anderen vorbeigeführt. Manche dösten auf ihre Rucksäcke gelehnt mit Tarnfarbe im Gesicht; andere saßen aufrecht und wachsam da, ihre Gesichter voll Sorge wegen der großen Unternehmung.
Ich wurde Colonel Tommy Moorman vorgestellt, dem Chef des 21st Weather Squadron, das mit der 82nd US Airborne Division zusammen in der Normandie landen sollte. Er teilte mich Corporal Eugene Jourdaine zu, einem stämmigen Mann mit kräftigen Schultern und buschigen, schwarzen Haaren, die ihm aus den Nasenlöchern wuchsen.
Ich sollte als Verbindungsoffizier zwischen den Briten und den Amerikanern arbeiten, aber da ich keinen Feldanzug
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