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Die Geometrie der Wolken

Die Geometrie der Wolken

Titel: Die Geometrie der Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Foden
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auf. Sie schob sich eine blonde Locke aus der Stirn, lächelte hinreißend und nickte; ich war mir sicher, dass mein Tag gekommen war - ich hatte schon lebhaft heldenhafte Erfolge im romantischen wie auch im meteorologischen Bereich vor Augen.
    Doch sobald wir auf dem Parkett standen, war klar, dass ich mir falsche Hoffnungen gemacht hatte. Das Tanzorchester hieß »The Flying Yanks« - es war eine Band der US Air Force, und natürlich spielte es amerikanische Musik: Jive, Swing, Jitterbug, solche Sachen. Ich gab alles, aber es war hoffnungslos. Ich kam mir steif vor und bewegte mich wie eine Marionette, während Joan von Anfang an den Bogen raushatte, sich mit natürlicher Anmut drehte und die Tanzfiguren so selbstbewusst ausführte, als wäre sie ebenso dafür geschaffen wie ihr strahlend fließendes Kleid.
    Mit Gwen lief es auch nicht besser. Zweimal trat ich ihr auf den Fuß, und bald hatte sie sichtlich genug davon, zu versuchen, mir die Schritte beizubringen, und entschuldigte sich. Die beiden machten ohne mich weiter, tanzten mit Offizieren und später hauptsächlich miteinander. Ich stand an der Bar herum, tröstete mich mit Bier und kaufte mir dann eine Flasche Whisky zum Mitnehmen. Ich war wütend und fühlte mich reingelegt von den beiden, aber ehrlich gesagt hatte ich ja auch kein Anrecht auf eine Sonderbehandlung. Junge Leute stellen leider so oft übertriebene Forderungen an das andere Geschlecht.
     

2.
    Als ich den Tanzsaal verlassen hatte, streifte ich eine Weile ziellos umher und hielt die schmachvolle Flasche unter dem Mantel versteckt. Ich weiß noch, dass der Whisky ein Whyte & Mackay war. Ich setzte mich zu Füßen der Statue der Highland Mary, von wo ich mir die Lichter der Schiffe zu beiden Seiten der Hafensperre ansah, die über den Clyde verlief. Ich nuckelte an der Flasche wie ein Baby an der Brust, sah mir dabei das vom Mond angestrahlte Zifferblatt der Uhr auf dem Pierhaus an und warf den Paaren eifersüchtige Blicke zu, die Arm in Arm aus dem Pavilion kamen.
    In meinen frühen Jahren beim Met Office hatte ich hin und wieder eine Freundin gehabt, aber es war nie etwas Ernstes daraus geworden - das übliche Händchenhalten im Kino und Küsse und immer kühnere Vorstöße, aber irgendwie ging es dann jedes Mal in die Brüche. Einer der Gründe war wohl, dass ich mich immer um bessergestellte Frauen oder Künstlerinnen bemühte, die von meinem Alltag so weit entfernt waren, wie es nur ging, was sie gerade deshalb so begehrenswert machte. Die meisten sagten schließlich, ich sei ihnen zu besessen, was mir seltsam vorkam, da ich der Ansicht war, dass Frauen es eigentlich attraktiv finden müssten, wenn jemand sympathisch-akademisch vor sich hin schwafelte. Selbst dieses Geschwafel machte ich ihnen nur vor: Seit dem Tod meiner Eltern lebte ich emotional völlig eingeigelt.
    Auf jeden Fall sah es wohl so aus, dass ich mit Frauen nicht umgehen konnte. Es war aber auch nicht so, dass ich gar keinen Verkehr hatte. Ich nahm, was ich kriegen konnte (zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich meine Unschuld bei einer Affäre mit der Hausherrin der Pension verlor, in der ich während meiner Ausbildung in Dunstable wohnte), aber die große Leidenschaft war mir damals fremd. Auch wenn die Hausherrin vor Lust schrie, blieb mir der Moment selbst unbefriedigend. Am besten erinnere ich mich an die kirschfarbenen Gardinen des Zimmers. Hinterher sagte sie: »So, jetzt hast du's hinter dir.« Oder vielleicht: »Ist ja gut, jetzt hast du's hinter dir.« Man sollte eigentlich annehmen, dass sich einem solche Momente besser einprägen, aber im Laufe der Zeit wird es anscheinend immer schwerer, einzelne Dinge aus dem Fluss zu fischen.
    Vielleicht - an diesen Gedanken erinnere ich mich noch genau - lag das Problem darin, dass ich in das Wetter verliebt war. Die meisten Leute plaudern bei der Begrüßung darüber, aber ich musste es immer ganz genau wissen. Es gab doch bestimmt noch andere wie mich. Vielleicht, dachte ich beim nächsten Schluck, musste ich nur eine Frau finden, die mir in dieser Hinsicht glich.
    Musikfetzen schwebten wie Rauchschwaden vom Pavilion zu mir her, krochen mir in die Ohren und mischten sich mit dem Geräusch der Wellen, die gegen die Pfähle des Piers schlugen, von dem ein starker Schwerölgeruch aufstieg. Ich hatte das Gefühl, ankerlos und vom Scheitern verfolgt umherzutreiben.
    In meinen Crombie Coat gehüllt, ließ ich mich rückwärts ins Gras sinken und starrte die Frau über mir

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