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Die Geometrie der Wolken

Die Geometrie der Wolken

Titel: Die Geometrie der Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Foden
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Wissenschaft, die sie stattdessen verlangten, auch nicht mehr verstanden.
    Das Geheimnis war die korrekte Anwendung von Rymans Zahl. Wie der Chor in Haydns Oratorium sprach aus ihr der Himmel. Sie war der Code, der entschlüsselte, wie das Wetter sich zusammensetzte, welche Rollen Varianz und Invarianz spielten - und ich war keinen Schritt näher daran, ihn zu knacken, als bei meiner Ankunft. So schön der Ort auch war, Kilmun war für mich doch zu einer trostlosen Einsiedelei geworden.
    Aber ich wollte nicht aufgeben. Ich war entschlossen, die Sache zu Ende zu bringen. Ich verfolgte Ryman wie ein Dämon, erfand Gründe, ihn zu besuchen, ihn zu fragen und lief ihm bei jeder Möglichkeit zufällig über den Weg. Langsam wie ein Eiswürfel, der in einem Glas Gin schmilzt, gab er nach und ließ mich an seinem Leben teilhaben.
    Das Patronenhülsenfiasko wurde genauso wenig erwähnt wie der seltsame Zwischenfall mit Mrs Ryman und der Zitronensäure. Als ich sie - während ich ihren Mann belästigte - zum ersten Mal wiedersah, errötete sie leicht, ansonsten aber passierte nichts.
    Die Situation wurde dadurch noch seltsamer, dass ich langsam davon überzeugt war, dass Gill ein wirklich guter Mensch war, eine echte Christin. Sie interessierte sich für solche Dinge wie den Kampf gegen den Welthunger, und es war ihr wichtig, dass wir die Deutschen nicht allzu schlecht behandeln sollten, wenn wir den Krieg gewannen.
    Und sie redete nicht bloß davon. Oft lud sie die ärmeren Dorfkinder zu Tee und Brötchen ein (sie waren es, die mit dem Schaukelpferd spielten) und gab manchen von ihnen Klavierunterricht. Eines Tages kam ich bei den Rymans am Fenster vorbei und sah sie zuhören, während eins der Kinder eine Melodie spielte, die ich als Debussys »Clair de Lúne« erkannte. Sie hatte die Hand auf dem Bauch liegen, was meinen Verdacht bestätigte, dass sie schwanger war. Meine Vorstellung, dass sie mich hatte verführen wollen, tat ich als männliche Arroganz ab; es ist eine Tatsache, dass wir Männer in Ermangelung eindeutiger gegenteiliger Informationen annehmen, dass alle Frauen mit uns schlafen wollen.
    Manchmal kam Ryman dazu, wenn die Kinder da waren, besonders wenn sie Fragen zu wissenschaftlichen Themen stellten. Ich sehe ihn noch vor mir, wie er einmal, nachdem er nach den Himmelsrichtungen gefragt worden war, in seinem Labor eine Nadel magnetisierte und sie in einer Schüssel Wasser schwimmen ließ, um zu zeigen, wie sie sich ausrichtete.
    An einem anderen Tag im April waren Ryman und ich laut meinem Tagebuch alleine, und er zeigte mir die Folge von leuchtenden Röhren und Drähten, mit Hilfe derer er einmal das weite Feld zukünftiger meteorologischer Phänomene hatte berechnen wollen. Die Schaltungsanordnung war auf einer Sperrholzplatte mit Bohrlöchern befestigt.
    (Ryman nannte sie ein »Brotbrett«.) Er zeigte mir, wie verschiedene Widerstände und an- und ausgeschaltete Röhren verschiedene Eingabedaten wie Windstärke, Temperatur, Luftdruck und so weiter darstellen konnten. Selbst unterschiedliche Höhenebenen in der Atmosphäre, etwas, was wir im Met Office gerade erst auf Papier langsam in den Griff bekamen.
    »Manchmal glaube ich, dass Maschinen dieser Art die einzige Möglichkeit sind, wie meine Vorhersagefabrik jemals realisiert werden kann«, sagte er, während wir uns über die Platte beugten.
    »Ihr Plan mit der Albert Hall?«
    »Ja.« Er wickelte ein Stück Draht um einen Kondensator. »Aber ich bezweifle, dass es zu meinen Lebzeiten geschehen wird.«
    Ich half ihm dabei, einige Kontakte neu zu löten, die sich gelöst hatten, wobei wir das glänzende geschmolzene Blei auf die ausgefaserten Drahtenden tropften. Später fragte ich mich, ob ich Sir Peter von dieser rudimentären Rechenmaschine berichten sollte. Doch der Direktor wollte Theorien und keine Elektrospielzeuge. Mittlerweile hatte ich ihm einen Bericht mit einer Zusammenfassung dessen geschickt, was ich über Rymans Arbeit herausgefunden hatte, und hoffte, dass er auch fand, dass ich Fortschritte machte.
    Die Arbeit drinnen an den Schaltungen war eher etwas Ungewöhnliches. Ryman und ich verbrachten die meiste Zeit draußen und experimentierten mit Rauchfahnen und Saat und den Fallschirmchen des Löwenzahns und Ähnlichem, um zu sehen, wie sie vom Wind beeinflusst wurden und was wir daraus schließen konnten. Einmal bat er mich, in die Stadt zu fahren und sechzig Tischtennisbälle zu kaufen, aber in Dunoon konnte ich keinen einzigen

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