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Die Germanin

Titel: Die Germanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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vorletzten, in dem sich ihr Pferd befand, das Geschenk des Arminius. Halb abgewandt standen die beiden Männer hinter der knapp mannshohen Zwischenwand und bemerkten sie nicht. Sie ließ sich auf einem Hocker nieder. Während sie so tat, als bearbeitete sie das Fell des Tieres, spitzte sie die Ohren.
    Gerade sagte ihr Vater: »Nein, nein, so etwas ist mir nicht aufgefallen. Ich sage es dir noch einmal: Alles ist ruhig. In den anderen Gauen mag es anders sein, vor allem im Norden, wo die Römer noch nicht Fuß gefasst haben.«
    »Auch hier kann es wieder losgehen«, entgegnete Arminius in entschiedenem Ton. »Man muss den Anfängen wehren!«
    »Ist das dein Auftrag? Hat man dich deshalb von der Armee entlassen? Oder bist du gar nicht entlassen und hast den Befehl erhalten, uns auszuspionieren?«
    »Warum dieses Misstrauen? Bist du nicht mehr auf unserer Seite? Kann man sich nicht mehr an dich halten, wenn man erfahren will, wo es Widerstandnester gibt? Varus zählt auf dich!«
    »Er hat keinen Grund, an meiner Zuverlässigkeit zu zweifeln!«, versicherte Segestes mit Nachdruck.
    »Dann rück mit der Wahrheit heraus!«, drängte Arminius. »Wo gibt es noch solche Nester, aus denen wir die böse Brut entfernen müssen?«
    Einen Augenblick schwieg Segestes, bevor er zögernd erwiderte: »Die Frage ist schwer zu beantworten. Gewiss, es gibt Unzufriedenheit… wegen der Abgaben, wegen der Aushebungen, wegen hoher Strafen für geringfügige Vergehen…«
    »Die scheinst du doch aber zu billigen. Hättest du sonst einen römischen Richter herkommen lassen?«
    »Das ist ein vernünftiger Mann, er vermeidet unnötige Härte. Außerdem…«
    »Ich weiß. Deine Tochter ist an seiner Seite und hat mäßigenden Einfluss auf ihn. Sehr gut! Das ist nötig. Aber zurück zu meiner Frage. Gibt es Weiler in deinem Gau, wo sich ernsthafter Widerstand regt? Wo sich zum Beispiel junge Männer zusammentun, aufrührerische Reden führen, Drohungen ausstoßen…«
    »Lass mich nachdenken… Du erscheinst hier so überraschend… darauf bin ich nicht vorbereitet…«
    Vom Fortgang der Unterredung konnte Nelda kaum noch etwas verstehen. In der Nähe ertönten Hammerschläge. Knechte richteten die verbogene Klinge einer Sichel. Die Stimmen hoben und senkten sich wieder und einmal wurde ihr Vater sehr laut und sie hörte ihn sagen:
    »Das nicht… eine solche Beschuldigung lasse ich nicht auf mir sitzen! Sei vorsichtig!«
    »Täuschen kannst du mich nicht«, gab Arminius ebenso heftig zurück. »Versuch es erst gar nicht! Ich kenne meine Cherusker!«
    Dann war wieder nichts zu verstehen. Nelda starrte auf ihre Hände, die immer schwerfälliger den Striegel bewegten. Kein Zweifel, Arminius war nicht ihretwegen gekommen. Es störte ihn nicht, dass sie ständig mit dem jungen Römer zusammen war. Im Gegenteil, er fand das »sehr gut«. Die abgewiesene Brautwerbung erwähnte er anscheinend gar nicht. Nichts deutete darauf hin, dass er beleidigt war oder irgendetwas zu unternehmen gedachte, um doch noch eine Heirat zustande zu bringen. Von Rache und Fehde war schon gar nicht die Rede. Das Einzige, was ihn bewegte, waren Fortschritte in der Provinz Germania, die er durch Widerstandsnester gefährdet sah. Hatte er ihr zu Standhaftigkeit und Geduld geraten, damit sie nichts Unbedachtes tat, ihn nicht bloßstellte und ihn bei seinen eifrigen Unternehmungen im Auftrag seiner römischen Herren nicht störte?
    Die Unterredung zog sich noch eine Weile hin, dann verließen die beiden Männer den Verschlag. Sie schwiegen, ihre Mienen waren verhärtet. Nelda versteckte sich hinter dem Pferderücken, so dass sie von ihnen nicht bemerkt werden konnte.
    Arminius blieb noch einen Augenblick stehen und sah sich um.
    »Du verstehst zu wirtschaften, das muss man dir lassen«, sagte er. »Alles hat hier seinen Platz und erfüllt seinen Zweck. Das habe ich stets an dir bewundert. Aufrichtig! Bei mir zu Hause liegt vieles im Argen und ich weiß nicht, wo ich beginnen soll. Ich war immer nur bei der Armee, habe mich niemals mit Haus und Wirtschaft beschäftigt. Vielleicht sollte ich dich im Frühjahr noch einmal besuchen. Du könntest mir manchen Hinweis geben.«
    »Du sollst mir willkommen sein«, erwiderte Segestes. »Und jetzt nimm etwas zu dir. Ein warmes Getränk, einen Imbiss.«
    »Nur eine Kleinigkeit, ihr müsst mit euern Vorräten haushalten. Es ist alles besprochen, wir sind in Eile, müssen heute noch weiter.«
    Sie gingen wieder hinüber in die Wohnhalle. Nelda

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