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Die Germanin

Titel: Die Germanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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»viel angenehmer als den anderen, seinen Bruder. Er sagte mir vor, als ich in dem Gedicht stecken blieb. Hinterher plauderten wir ein bisschen und ich erinnere mich, dass er sich dauernd für irgendetwas entschuldigte. Das fand ich sehr komisch.«
    »Ja, ja, er ist höflich, er ist angenehm, er ist beliebt. Als ich in Rom zur Ausbildung war, traf ich ihn öfter in den Thermen. Er war nicht hochnäsig, machte alles mit. Wir haben Ball gespielt, sogar einmal miteinander gerungen. Ich ließ ihn gewinnen, er ist ja ein paar Jahre jünger als ich. Aber das ist lange her. Heute sind wir nicht mehr die Gleichen, ich nicht… und er sicher auch nicht.«
    »Glaubst du, dass er angreifen wird?«, fragte sie, wobei sie die Stimme dämpfte, damit die anderen im Raum nichts hörten und sich nicht beunruhigten.
    »Ja«, sagte er. »Ja, das ist zu vermuten. Wenn einer Germanicus heißt und Sohn des Drusus ist, wird das auch sicher erwartet. Vielleicht will ihm Augustus Gelegenheit geben, sich auszuzeichnen. Damit er mal Anspruch auf seine Nachfolge hat. Schon deshalb wird er Erfolge brauchen.«
    »Er muss sich tatsächlich sehr verändert haben. Wenn ich mich an den schmalen, zarten Jüngling erinnere, würde ich ihm so viel Ehrgeiz nicht zutrauen.«
    »Vielleicht hast du recht. Aber wir haben ja gerade gehört, dass er auch seine Frau im Tross hat – Agrippina, eine Enkelin des Augustus. Die hat Ehrgeiz für zwei. Vielleicht führt sie schon heimlich das Kommando.«
    Arminius seufzte. Nelda hielt ihm die Schüssel mit heißem Wasser hin und er wusch sein glatt rasiertes Gesicht.
    »Und warum sollte nicht eine Frau das Kommando führen?«, fragte sie lächelnd, herausfordernd. »Jetzt bin ich so lange mit dir umhergezogen… habe so viel gesehen, eine Menge gelernt, habe sogar Waffenübungen mitgemacht. Ich könnte das auch!«
    »Ich trau’ es dir zu«, sagte Arminius. lachend und küsste sie. »Was diese hochnäsige Agrippina kann, kannst du bestimmt!«
    »Nur eines nicht…«
    Plötzlich verflog ihre Heiterkeit.
    »Was meinst du, Liebste?«
    »Der Kundschafter sagte, sie hätten auch ihre drei Kinder mitgebracht. Drei! Das Kleinste ist noch ein Säugling, aber es lebt und gedeiht…«
    »Ja, ja…«
    Sie kämpfte gegen die Tränen, die hervorbrechen wollten. Er zog sie an sich und eine Weile schwiegen sie.
    »Nimm das alles doch nicht so schwer«, sagte er schließlich. »Auch wir werden einmal drei Kinder haben.«
    Es war die traurige Kehrseite ihres Glücks, dass ihre Hoffnung, Kinder zu bekommen und dann auch am Leben zu erhalten, bisher unerfüllt geblieben war. Zweimal hatte Nelda geboren, doch beide Male war der großen Freude schon nach wenigen Tagen die große Traurigkeit gefolgt. Die beiden Kümmerlinge erkrankten und starben. Ein drittes kam so früh auf die Welt, dass es noch ganz unfertig und nicht lebensfähig war. Nelda fürchtete, dass sich an ihr das Geschick ihrer Mutter, Jahr für Jahr Kinder zu gebären, die nicht leben konnten, wiederholen würde. Immerhin waren der Mutter zwei geblieben, sie aber hatte bisher nicht eines. Sie opferte den Matronen, den Schicksalsfrauen, und ließ sich von Zauberinnen Tränke mischen, die eine glückliche Geburt fördern und die Leibesfrucht stärken sollten. Sie ahnte jedoch, welches die Ursachen für ihr Unglück waren: die unstete Lebensweise, die Reisen bei Wind und Wetter, die Nächte auf Schilfmatten und schmutzigem Stroh in Zelten und Bauernhütten, die holprigen Wege, über die sie unter Rütteln und Schütteln zu Pferde und im Wagen dahinzog. Beim Überqueren des Visurgis-Stroms, als plötzlich ein Unwetter aufgezogen war, das die Wellen gepeitscht und das Boot fast umgeworfen hatte, so dass sie sich verzweifelt an ihren Mann klammern musste, um nicht über Bord zu gehen… lag am Ende das blutige Etwas, die Totgeburt, auf den Bootsbrettern.
    Das war nun einige Monate her und sie hatten beschlossen, dass Nelda nunmehr ständig zu Haus auf dem Herrenhof bleiben sollte. Inzwischen waren Wall, Zaun und Graben instandgesetzt und nach römischem Vorbild an vier Ecken Wachtürme errichtet worden. Wenn Arminius unterwegs war, ließ er eine Hundertschaft zurück, die jedem Angreifer lange standhalten konnte. Sogar ein unterirdischer Gang war gegraben worden, der im Falle der Belagerung einem Boten ermöglichen würde, hinauszugelangen und Hilfe zu holen.
    Doch auch Arminius verließ seinen Herrenhof nun seltener. Es war alles getan, was getan werden musste, um einem ersten

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