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Die Germanin

Titel: Die Germanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Und zur Einigkeit müsse die Freiheit kommen, die aber müsse erhalten und notfalls immer wieder erkämpft werden.
    Alle diese Ideen nahm Nelda auf. Es fiel ihr nicht schwer, denn das meiste davon war ihr lange vertraut. Immer wieder erstaunte es sie, wie ähnlich die beiden verfeindeten Männer, die in ihrem Leben die wichtigsten waren, dachten und urteilten. Beide strebten die Einigung der germanischen Stämme an, der eine allerdings unter dem römischen Kuppeldach, der andere unter dem weiten Himmel der Freiheit. Und beiden stand die Mehrzahl der Gaufürsten und Sippenältesten entgegen, die hinter ihren Wäldern und Sümpfen eifersüchtig über ihre aus uralten Zeiten überkommenen Rechte wachten und von einer einheitlichen Führung der germanischen Stämme nichts wissen wollten. Keinem einzigen fiel es noch ein, in Arminius seinen Heerführer zu sehen oder gar Anweisungen von ihm entgegenzunehmen.
    Nelda war meist an seiner Seite, wenn er sprach, und manchmal ergriff er dabei ihre Hand, als benötigte er sie für das, was er gerade erklärte, als Zeugin. Es kam auch vor, dass diese Geste eine Bitte um Beistand war. Nicht immer gelang es ihm, sich verständlich zu machen. Die Sprache der einfachen Bauern, die sich von Stamm zu Stamm und sogar innerhalb der Stämme in ihren Ausdrucksmitteln stark unterschied, war nicht seine Sprache. Am ehesten bewältigte seine Zunge noch das Diutisk der Cherusker, doch wenn möglich bediente er sich des Lateinischen, das ihm am geläufigsten war. Da vieles, was er erklärte, auch nur in dieser Sprache erklärt werden konnte, flocht er in seine Reden oft lateinische Sätze ein, die niemand verstand. Dann war es Nelda, die seine Gedanken in eine dem ungebildeten Volk verständliche Fassung übersetzte. Im Gegensatz zu ihm, der die meiste Zeit seines Lebens in römischen Militärlagern verbracht hatte, war sie in bäuerlichen Verhältnissen unter Cheruskern aufgewachsen, hatte immer unter diesen Menschen gelebt, sprach ihre Sprache, kannte ihr Wesen.
    Sie war es auch, die die Frauen beiseite nahm. Sie wusste, wie groß deren Einfluss war. Oft genug hatte sie erlebt, wie sich Frau Male, ihre Mutter, mit Klugheit, List und Hartnäckigkeit gegen ihren Vater durchgesetzt hatte. War seine Frau erst überzeugt, konnte mancher dickfellige, querköpfige Häuptling für Vorschläge und Maßnahmen gewonnen werden, gegen die er sich anfangs gesträubt hatte. Arminius sagte manchmal im Scherz, dass vieles, was er mit Lärm und Gepolter beginne, still und leise durch seine Frau vollendet werde.
    Auch innerhalb der Gefolgschaft musste sie oftmals eingreifen, wenn sein schroffes, ungeduldiges Wesen schwierige Situationen schuf. Er war es als ehemaliger Offizier nun einmal gewöhnt zu befehlen und Widerspruch duldete er nicht. Der kleinere Teil seiner Männer, darunter auch ein paar gallische Treverer, nahm keinen Anstoß daran. Sie fanden es normal, dass er schnauzte und sie hin und her jagte. Sogar Strafen ertrugen sie widerspruchslos. Wie er selbst hatten sie bei den Auxilien gedient und waren im Teutoburger Wald nach vorheriger geheimer Absprache zu ihm übergegangen. Die meisten waren aber Cherusker, darunter sehr junge, die ihn noch wenig kannten, die eigensinnig und manchmal aufsässig waren. Immer wieder musste Nelda zu ihren Gunsten eingreifen, wenn Arminius sie wegen dreister Reden oder eines nicht erfüllten Auftrags zornig anschrie und bestrafen wollte. Meistens hatte sie Erfolg, einmal allerdings – und das schmerzte sie besonders – bemühte sie sich vergebens.
    Es war wieder einmal ihr Vetter Segithank, der ewige Unruhestifter, der seinen Gefolgsherrn herausforderte. Unterwegs hörte er von einem Jäger, dass in der Nähe eine Fehde zwischen zwei Sippen ausgebrochen war. Er überredete einige der jüngeren Männer, mit ihm – trotz des allerstrengsten Verbotes, unterwegs Händel zu suchen – dem Mann zu folgen und sich an einem Überfall auf dessen feindliche Verwandten zu beteiligen. Sie schlichen bei Einbruch der Nacht davon und kehrten im Morgengrauen in blutbefleckter Kleidung, doch mit Beute beladen, zu den Zelten zurück. Zwei von ihnen waren verletzt, einen hatten sie tot zurücklassen müssen. Arminius war außer sich vor Zorn. So nutzten diese Dummköpfe in den Wäldern die Freiheit! Sie fingen wieder mit ihren Sippenfehden und Stammeskriegen an. Und seine eigenen Leute machten mit und bereicherten sich dabei! Neldas Bitte um eine milde Bestrafung des Vetters fand kein

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