Die Gerüchteköchin
so müde davon, die Stellung zu halten, dass sie am liebsten laut geschrien hätte. »Meine Mutter trägt Faustkämpfe auf der Main Street aus, um meinen Ruf zu verteidigen; deshalb sollte ich ihr zumindest etwas bieten, das es zu verteidigen wert ist.«
»Davon habe ich schon gehört«, sagte C.L. »Ich habe ihr gesagt, ich würde mich geehrt fühlen, wenn ich beim nächsten Mal ihren Mantel halten dürfte.«
»Soll das heißen, du hast mit ihr gesprochen?« fragte Maddie. »Was führst du im Schilde?«
»Ich habe lediglich mit deiner Mutter zu Mittag gegessen«, antwortete er. »Nette Frau. Sie macht sich übrigens Sorgen um dich. Sie sagt, du würdest mit niemandem sprechen.«
»Ich muss mich auf den Schulanfang am Montag vorbereiten«, erwiderte Maddie. »Ich habe zu tun.«
»Das muss Treva auch«, sagte C.L. »Aber sie hat trotzdem Zeit zu reden, im Gegensatz zu dir, sagt sie. Was ist los mit dir?«
»Nichts ist los mit mir«, antwortete Maddie schnippisch. »Dein Onkel glaubt, ich hätte meinen Mann umgebracht, rennt Fragen stellend durch die ganze Stadt, um sicherzugehen, dass auch alle anderen das denken. Meine Tochter läuft wie eine alte Frau herum und versucht, mit dem Tod ihres Vaters fertigzuwerden, und jeder in der Stadt verlangt von mir, mich normal zu benehmen und am Klatsch zu beteiligen. Ich habe aber keine Lust auf Klatsch. Ich bin der Klatsch. Und deshalb werde ich jetzt auflegen. Tschüs.«
»Warte einen Moment«, wandte C.L. hastig ein, doch sie legte dennoch auf, nur, um den Hörer wieder abzunehmen, als das Telefon eine Minute später erneut klingelte und er noch einmal in der Leitung war.
»Okay, in Ordnung«, sagte er, als sie sich meldete. »Du willst nicht mit mir sprechen, aber vielleicht dein Kind. Gib sie mir bitte.«
»Nein«, sagte Maddie, und er beharrte: »Ich werde so lange anrufen, bis sie statt dir ans Telefon geht. Also gib sie mir einfach.«
Blass und still war Em im Türrahmen erschienen. Maddie deckte die Muschel ab und sagte: »Das ist C.L. Er möchte mit dir sprechen, aber du musst nicht, wenn du nicht willst.«
Em streckte die Hand aus. »Ich will aber«, sagte sie und nahm den Hörer entgegen, die Schnur dehnend, damit sie sich auf die Treppe setzen konnte. »Ich bin‘s«, hörte Maddie sie sagen, bevor Em die Stimme senkte und eine halbe Stunde lang redete und zuhörte.
Danach rief C.L. jeden Tag an. Zuerst legte Maddie immer auf, doch er rief stets zurück, und Em begann, nach dem Hörer zu greifen, bevor Maddie abnehmen konnte. Sie gab es daher auf und ließ Em und C.L. ihre ausgiebigen Telefongespräche führen. Alles, was Em über diese schwere Zeit hinweghalf, war wunderbar, selbst wenn es sich dabei um C.L. handelte.
Sonntags kam ihre Mutter vorbei, zeigte sich zurückhaltend und vorsichtig und passte auf Em auf, während Maddie ihre Großmutter besuchte.
»Ich hab‘s schon gehört«, verkündete Gran, als Maddie das Zimmer betrat. »Mach die verdammte Tür zu.« Maddie tat, wie ihr geheißen, und setzte sich neben sie. »Es ist zu dunkel hier drinnen«, beschwerte Gran sich, so dass Maddie wieder aufstand und die Vorhänge halb aufzog. »Jetzt sag schon, wie du‘s gemacht hast.«
»Wie ich was gemacht habe?« Maddie ließ sich in den Sessel neben dem Bett zurückfallen.
»Den Mistkerl um die Ecke gebracht natürlich«, erklärte Gran und beugte sich vor. »Es heißt, du hättest Tabletten benutzt. Genau wie ich damals. Hast du Süßigkeiten mitgebracht?«
Maddie, die gerade die Pralinen aus ihrer Tasche holen wollte, verharrte einen Augenblick regungslos bei den Worten Genau wie ich damals , aber der Impuls führte ihre Hand weiter, und sie reichte der alten Dame die goldfarbene Schachtel. »Ich habe ihn nicht umgebracht.«
»Madeline, ich bin deine Großmutter.« Gran riss das rote Band ab und zerrte an dem Deckel der Schachtel. »Sei also nicht albern. Ich habe auch gehört, du hättest ihn erschossen. Was stimmt denn jetzt?« Sie griff nach der Schildkröte aus Milchschokolade und biss hinein.
»Ich habe ihn nicht umgebracht«, wiederholte Maddie.
»Wie geht es Mickey?«
»Präsentiert sich noch immer.« Gran spuckte eine Nuss aus. »Und weiche nicht vom Thema ab. Wie hast du es gemacht?«
»Ich war es nicht«, sagte Maddie. »Keiner glaubt mir das, aber ich war es nicht.«
Ihre Großmutter sah sie mit unverhohlener Verachtung an. »Ich hab‘s getan.«
»Gran«, ermahnte Maddie sie, »ich weiß, dass du gerne Aufmerksamkeit erregst,
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