Die Gerüchteköchin
Bank ins Gedächtnis, eine gesunde, intelligente, verständige, mit beiden Beinen im Leben stehende und durchtrainierte Blondine, die vermutlich die Hälfte ihrer Kundschaft im Armdrücken schlagen konnte. »Candace kam mir eigentlich nie schüchtern vor.«
»Du hast recht, schließlich fließt dieses deutsche Blut in ihr, aber du weißt schon, sie lächelt einfach nur ständig, und prompt ist sie Führungskraft in einer Bank.«
»Nun ja«, erwiderte Maddie und verstand gar nichts. »Ich weiß nicht, was du damit sagen willst.«
»Sieh mal, woher kommt sie denn? Jedenfalls nicht aus reichem Elternhaus.« Maddies Mutter stieß verächtlich die Luft aus. »Mein Gott, sie ist eine Lowery. Und trotzdem sitzt sie jetzt dort und hat fast die ganze Bank unter sich, weil, wie du sicher weißt, Harold Whitehead zu nichts zu gebrauchen ist. Sie haben ihn doch nur der Form halber auf diesen Stuhl gesetzt und unterstützen ihn. In Wirklichkeit schmeißt sie den Laden.«
Maddie dachte an Candace damals in der High-School zurück, die unmögliche Kleider trug, sich den Arsch für ein Stipendium abbüffelte und sich beharrlich gegen alle Widerstände nach vorne arbeitete. Candace hatte sich von der Stadt weder in eine Schublade stecken noch unterkriegen lassen. Vielleicht sollte sie Candace als vorbildliches Beispiel nutzen. »Mama, Candace hat wie eine Verrückte dafür gearbeitet, dorthin zu gelangen, wo sie jetzt ist.«
»Das weiß ich doch. Aber das sollte man nicht glauben, wenn man sie sieht, oder? Ein Eisschrank könnte nicht kälter sein.«
»Ich dachte, du magst Candace.«
»Ich mag Candace ja auch«, sagte ihre Mutter. »Sie ist eine nette Person. Ich bin nur erstaunt, dass eine Lowery die Bank leitet.«
»Das ist alles zu kompliziert«, meinte Maddie. »Ich muss Schluss machen. Ruf mich an, wenn du interessante Neuigkeiten über Gloria erfahren hast.«
»Sie hat Wilbur Carter für die Scheidung engagiert«, fuhr ihre Mutter fort. »Kannst du dir das vorstellen? Diese Frau muss dumm wie Bohnenstroh sein. Jeder Idiot weiß, dass man sich in Lima umsehen sollte, wenn man einen guten Scheidungsanwalt haben will.«
Maddie machte sich im Geist eine Notiz, sich das Telefonbuch von Lima zu besorgen. Es war schlimm genug, dass sie kurz vor einer Scheidung stand, aber sie wollte nicht auch noch dumm wie Bohnenstroh sein. Ihre Mutter hatte einen Ruf zu verteidigen.
»Mom, ich werde mich jetzt wieder ins Bett legen«, sagte Maddie. »Pass auf dich auf und mach dir keine Sorgen.«
»Ich mache mir immer Sorgen«, erwiderte ihre Mutter. »Ich bleibe neben dem Telefon sitzen, also ruf mich an, wenn du irgend etwas brauchst.«
»Danke, Mama«, sagte Maddie. »Ich hab dich lieb.«
»Ich dich auch, Maddie. Schlaf gut.«
Ich sollte netter zu dieser Frau sein, dachte Maddie, als sie auflegte. Sie ging in die Küche zurück, füllte Wasser in ein Glas und schluckte zwei weitere Schmerztabletten. Dann trat sie auf die Veranda hinaus und sank in einen der großen Korbstühle, um die Sommerluft einzuatmen, aber sie roch lediglich den Teer der Auffahrt. Der Veranda fehlten Heckenkirschen. Viele Heckenkirschen. In Gedanken dekorierte sie das Verandageländer mit blassgelben Glockenblumenranken und versuchte, sich an ihren Duft zu erinnern. Zugleich bemühte sie sich, ihre Mutter und Em aus ihren Gedanken zu verbannen - und Brent, den einzigen Mann, mit dem sie seit der High-School zusammengewesen war.
High-School. Ruhmreiche Zeiten. Wie an jenem Tag, als Howie die Strafe für die Überflutung der Umkleidekabine auf sich genommen hatte, damit Brent als Werfer das erste Saisonspiel bestreiten konnte. Indem er den Ball fallen ließ und nachher Margaret Erlenmeyer küsste. Das hätte ihr damals eine Warnung sein sollen. Aber statt dessen hatte sie auf Rache gesonnen und war auf dem Rücksitz von C.L.‘s Chevy am Point gelandet, um eine Revanche zu suchen und... um was zu finden? Na ja, mit Sicherheit keinen guten Sex, aber auch keinen Reinfall. Am besten war ihr noch das gemeinsame Lachen in Erinnerung. Der gute alte C.L. Vieleicht hatte Treva ja recht. Sie könnte mit C.L. schlafen und Brent alles heimzahlen.
Sie beschwor C.L.‘s Gesicht herauf, den wirklichen C.L., den sie an diesem Nachmittag gesehen hatte, nicht die verschwommene Erinnerung an High-School-Zeiten.
Er hatte einen ruhigen, selbstbewussten und... soliden Eindruck gemacht. C.L. Sturgis als solider Bürger, das war ein guter Witz. Wie auch immer, so solide er auch
Weitere Kostenlose Bücher