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Die gesandte der Köingin Tess 2

Die gesandte der Köingin Tess 2

Titel: Die gesandte der Köingin Tess 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cook
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gewiss an uns erinnern und uns Pferde überlassen. Wir könnten die Hauptstadt noch vor den Piraten erreichen – wenn nur der Wind auffrischen würde.« Ich plapperte vor mich hin. Die Unruhe in mir ließ nicht zu, dass ich den Mund hielt. Ich brauchte Bewegung.
    »Der Wind wird nicht auffrischen«, sagte Jeck zu seinen hässlichen Füßen. Das Segeltuch klatschte an den Mast, als eine langsame Welle unter uns hindurchzog. »Setz dich hin, ehe du uns zum Kentern bringst. Dein Meister wird sich schon darum kümmern.« Er hob den Kopf, und seine Augen waren schmal vor Besorgnis. »Aus diesem Spiel sind wir ausgeschieden«, erklärte er.
    »Ich nicht.« Er sollte still sein, damit ich nachdenken konnte. Wind. Wir brauchten nichts weiter als den Wind. Es ärgerte mich, auf etwas so Unbeständiges angewiesen zu sein.
    Ich suchte den schwarzen Horizont ab. Die Sonne war in Rosa-und Blautönen untergegangen. Also würde es morgen wahrscheinlich auch keinen Wind geben. Ich würde tagelang mit Jeck auf diesem Floß festsitzen. Wenn ich dann endlich herunterkam, würde ich nichts mehr tun können, außer meine Schwester zu betrauern. Falls ich je von diesem Floß herunterkam.
    »Wind«, flüsterte ich und schloss die Augen. Ich würde alles dafür geben.
    Ein fernes Platschen ließ mich die Augen öffnen. Luftblasen zeigten an, wo ein riesiger Rochen die Oberfläche durchbrochen hatte. Drei weitere schwammen direkt neben mir. Ich legte auch die zweite Hand an den Mast, stand vor dem schlaffen Segel und spürte den Mangel an Bewegung bis hinab in meine Füße. Der Mast fühlte sich an wie ein totes Ding. Selbst ein Baum kannte Bewegung.
    »Wind«, hauchte ich, und plötzlich kam mir ein Gedanke. Der Punta hatte einen Windstoß herbeigerufen, um bei seiner Flucht für Verwirrung zu sorgen. Ich hatte ihn gespürt, diesen Kraftstoß in unseren geteilten Gedanken. »Das kann ich auch«, sagte ich leise.
    »Was?« Das klang ton-und gefühllos, genau so, wie Jeck sich gern gab. Er belog sich selbst mit der Behauptung, nur die Ehre und das Spiel könnten ihn bewegen. Er hatte einmal geliebt. Dass er jetzt jedes Gefühl verbarg, bewies es geradezu.
    »Ich kann den Wind rufen«, sagte ich.
    Nun hob er den Kopf. Ich trat von einem Fuß auf den anderen und spürte die groben Bretter unter den Fußsohlen. Ein erwartungsvoller Schauer durchlief mich und ließ meine Finger und Zehen kribbeln.
    Er schnaubte. »Du kannst den Wind nicht rufen. Das hier ist keine Gute-Nacht-Geschichte. Du sitzt fest, bis die Gezeiten uns an Land schwemmen. Finde dich damit ab. Setz dich in Gedanken darüber hinweg.«
    Ich schürzte die Lippen. »Ich bin ein Gossenkind, das dazu erzogen wurde, im Geheimen ein ganzes Königreich zu regieren. Dank dir kann ich durch eine bloße Berührung töten. Ich kann unbemerkt durch einen vollen Saal spazieren und mein Pferd mit einem Gedanken zu mir holen. Mein ganzes Leben ist eine einzige Gute-Nacht-Geschichte. Also erzähl mir nicht, ich könne den Wind nicht rufen.«
    Ich wusste nicht, warum ich ihn eigentlich überzeugen wollte. Immerhin konnte er mir nicht verbieten, es zu versuchen. »Ich habe gesehen, wie der Punta den Wind gerufen hat«, erklärte ich, und er wandte sich verächtlich ab. »Ich habe versucht, ihn zu betören, damit er mich nicht beißt«, gestand ich, und Jecks Kopf fuhr zu mir herum. »Es hätte beinahe geklappt, und er hat uns beiden wehgetan, als er mich gebissen hat. Und er hat den Wind herbeigerufen, um seine Flucht darin zu verbergen, als ich ihm gesagt habe, wie er aus der Grube hinauskommt. Ich habe gesehen, wie er es gemacht hat. Ich kann das auch.« Ein Schauer überlief mich, und die Nachtluft fühlte sich kühl an; da stand ich in dem zerfetzten Kleid, das ich an einem leeren Strand in Meerwasser gewaschen und über einem Palmwedel getrocknet hatte, während Jeck sein Floß gebaut hatte. Ich würde niemandem erzählen, dass der Punta den Spieß umgedreht und mich beherrscht hatte.
    Jecks Augen wirkten im fahlen Licht schwarz. »Du hast ihm gesagt, wie er aus der Grube herauskommt?«, fragte er, und als ich schwieg, hob er ergeben die Hand. »Schön. Dann ruf den Wind.«
    Die Worte klangen herablassend und troffen vor Hohn. Plötzlich wurde ich unsicher und trat von einem Fuß auf den anderen. Es waren nur wenige, kleine Sterne zu sehen, und Jecks Silhouette hob sich scharf vor dem untergehenden Mond ab. Wir schaukelten auf den trägen Wellen. »Also?«, höhnte er, und ich reckte das

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