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Die gesandte der Köingin Tess 2

Die gesandte der Köingin Tess 2

Titel: Die gesandte der Köingin Tess 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cook
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Duncan. Du wirst keinen von beiden je wiedersehen, wenn du jetzt nicht loslässt.«
    Duncan?, dachte ich, und mein herumwirbelndes Haar klebte an meinen feuchten Wangen fest. Der Wind heulte, als er spürte, wie mein Wille schwächer wurde. Er brüllte begeistert und verlangte die Freiheit. Tränen nahmen mir die Sicht, als ich den Kopf senkte. Wie konnte ich ihn gehen lassen? Ohne ihn würde ich nichts sein. Ich würde fallen.
    »Lass ihn los, Tess«, flüsterte Jeck. »Ich fange dich auf.«
    Ich konnte nichts mehr tun. Er hatte mich körperlich besiegt, mit seinen Fesseln. Er hatte meine Seele besiegt, indem er mich an meine Menschlichkeit erinnert hatte. Er hatte meinen Willen besiegt und mich zum Gehorsam gezwungen, wo ich gelogen und betrogen hätte. Ich – die ich den Wind gerufen und ihn an meinen Willen gekettet hatte – musste mich einem anderen geschlagen geben.
    Schluchzend lockerte ich meine Kontrolle über den Wind. Mein Wille ließ nur ein klein wenig nach, doch der Wind spürte es.
    Er brüllte triumphierend und fegte über den Strand. Er wirbelte um mich herum und schlug mich für die Unverschämtheit, dass ich ihn hatte behalten wollen. Dann riss er sich von mir los.
    Ich schrie auf vor Kummer, als er davonraste. Ich hing in meinen Fesseln aus Seil und Jecks Armen und rang nach Luft. Der Schmerz ging so tief, dass ich nicht atmen konnte. Der Wind hatte aus Rache einen Teil von mir mit fortgenommen. Unsichtbare Klauen hatten so mühelos einen Teil meiner Seele zerfetzt, wie sie durch die geborstenen Überreste der Bäume gefahren waren.
    »Bleib bei mir, Tess«, sagte Jeck, dessen Stimme heiser und verängstigt klang. »Folge ihm nicht. Bleib hier. Bleib hier.«
    Ich wollte ihm folgen. Ich wollte mich von meinen Fesseln losreißen und ihm nachlaufen. Aber das konnte ich nicht. Selbst, wenn die Fesseln nicht gewesen wären – ich hatte den Willen verloren. Schluchzend ließ ich den Kopf an den ruinierten Mast sinken und weinte.
    »Bleib bei mir«, flüsterte Jeck und lockerte seinen Griff ein wenig, als er spürte, dass mein Bewusstsein zurückkehrte. Das Brüllen des Sturms, der mich umwehte, wurde sachter, denn schon erinnerte er sich nicht mehr an mich und meine Forderungen. Von einem keuchenden Atemzug zum nächsten erstarb er zu einer launischen Brise, die mit meinem Haar spielte. Er erinnerte sich nicht mehr daran, dass er Wellengipfel zerfetzt und Bäume abgeknickt hatte. Ich aber schon.
    Auch mein Haar wurde still. Ein schwacher Zephir streifte noch meine Wange, dann war er fort.
    Ich blieb zurück, an den geborstenen Mast eines zerschmetterten Floßes gefesselt, das zehn Schritt über die Flutlinie hinaus an Land geschleudert worden war. Ich schluchzte, während die Sonne gleichgültig ihren Anstieg am Himmel fortsetzte.
     

 
    17
     
    Die Sonne schien warm auf meine Wange, angenehm selbst da, wo mein Haar daran klebte. Sie fühlte sich auch auf meiner Schulter warm an. Eine leichte Brise berührte mich, wo das starre, feuchte Kleid meine Haut frei ließ. Vorne spürte ich gar keinen Wind, denn ich war immer noch an den Mast gebunden, die Arme vorne verschnürt. Und mein Rücken war warm, weil Jeck hinter mir saß und vergeblich versuchte, die Knoten zu lösen, die uns aneinander fesselten. Warm war mir also, ja. Aber ich war mehr als ein wenig besorgt.
    Jecks Arme waren um mich und den Mast geschlungen, und er hatte Mühe, seine Fesseln allein aus der Erinnerung und nach Gefühl zu lösen. Er arbeitete schon länger daran, als ich erwartet hätte. Jedes Mal, wenn ich ihm zu helfen versuchte oder einen Vorschlag machte, knurrte er, ich solle still sein. Ich glaube, in Wahrheit bekam er es allmählich selbst mit der Angst zu tun, denn sein Atem, den ich im Nacken spürte, war schneller geworden und klang angestrengt. Meine Gedanken huschten zu Duncan, und mein Auge zuckte.
    »Äh, Hauptmann?«, bemerkte ich nervös, als ihm ein gebrummter Fluch entfuhr. Das Floß hing etwa zwei Fuß über dem Boden, schief in den Überresten einer Weide verkantet.
    »Was?«
    Das klang barsch, und ich überlegte es mir anders. »Nichts.«
    »Meine Finger sind taub«, sagte er leise. »Ich gebe mir wirklich die größte Mühe.«
    Ich seufzte und zog meine Fesseln mit dem tiefen Atemzug vorübergehend noch fester an. Wenn ich geglaubt hätte, er wolle irgendetwas anderes als endlich von mir fortkommen, hätte ich ihm den Ellbogen in den Bauch gerammt und versucht, ihn zu schlagen. Aber wir waren so gründlich

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