Die gesandte der Köingin Tess 2
sie mich mit Worten ab. Ich will das, was sie mir versprochen hat, ehe sie stirbt. Und ich will sie feurig und wild haben, nicht heulend und schlapp, weil ein anderer Mann sie bereits gebrochen hat.«
Ich konnte Contessa nicht ansehen, obwohl ich an ihrer Atmung hörte, dass sie ebenfalls lauschte. Smitty brummte. »Du hast die gleiche Chance, sie als Erster zu bekommen, wie die anderen Männer. Bring sie alle mit dem letzten Boot rüber.«
Über mir hörte ich Smitty davongehen und weitere Befehle brüllen. Ich lag reglos auf meinem modrigen Haufen, das Herz tat mir weh, und meine Hoffnung schrumpfte zu einem säuerlichen Klumpen zusammen. Duncan würde mich nicht im Stich lassen. Daran musste ich glauben.
Trübselig fuhr ich mit dem Zeigefinger zwischen meinem Knöchel und der rostigen Eisenschelle entlang. Ich fror und klebte von altem Schweiß. Mein Haar war fettig, ich war grün und blau geschlagen und stank erbärmlich. Ich hätte weinen mögen, wagte es aber nicht. Also hielt ich den Atem an und biss mir auf die Lippe, bis es wehtat.
»Es tut mir leid, Tess«, flüsterte Duncan, und ich fragte mich, ob er wusste, dass ich ihn hören konnte. »Ich werde dich nicht so sterben lassen. Das verspreche ich dir.«
Seine Stiefel bewegten sich langsam fort, und meine Augen wurden heiß. Tränen brannten darin, und mein Kopf begann zu pochen.
»Die Nachtwache geht zuerst an Land!«, hörte ich Smitty rufen. »Ihr übrigen macht sie fertig zum Liegen.«
Gutmütige Scherze flogen hin und her und sagten mir, dass die Mannschaft weit über das kleine Schiff verstreut arbeitete. Nackte Füße tappten zur Reling, und nach kurzem Durcheinander und dem dumpfen Aufprall mehrerer Bündel wurde das Beiboot davongerudert. Es wurde still, und ich hatte das Gefühl, die Bewegung des Schiffes nun besser spüren zu können.
»Rosie?«
Das war wieder Alex, und ich schloss die Augen. Gott steh mir bei, ich werde von den Händen dieser Männer sterben. Wie konnte ein elegantes Abendessen nur so enden?
»Ich bin Contessa, Alex«, sagte meine Schwester leise, doch der Schmerz in ihrer Stimme war deutlich zu hören. Er fantasierte wieder. Er war nur heute Morgen ganz kurz bei klarem Verstand gewesen und hatte sich dafür entschuldigt, dass er eine solche Bürde für sie sei; der Blick seiner aufgerissenen dunklen Augen war leer gewesen, seine blassen Finger hatten die ihren umklammert.
Ich fuhr mir mit der Hand über die Augen. Das hinterließ einen hellen Fleck auf meinem Handrücken, wo die Tränen den Ruß und Schmutz abgewaschen hatten. Duncan versuchte mir zu helfen. Ich würde bereit sein, wenn es so weit war.
»Rosie?«, fragte Alex in einem sanft tadelnden Tonfall. »Du hast mir doch versprochen, mir nicht nachzukommen.«
»Bitte sei still, Alex«, sagte Contessa mit einem Anflug von Verzweiflung in der Stimme.
Ich öffnete ein Auge einen Spaltbreit und sah Contessa so dasitzen wie vorher, seinen Kopf in ihrem Schoß. Alex hob eine verbundene Hand und berührte ihre Wange, und sie ließ den Kopf hängen, so dass ihr Haar ihr Gesicht verbarg. »Nicht weinen, Liebste«, sagte er. »Du hast mir versprochen, dass du einen Mann finden würdest, der dich liebt, der dir alles von sich geben kann, nicht nur das halbe Leben und die höflichen Beleidigungen, die eine Konkubine bei Hofe ertragen muss. Ich liebe dich zu sehr, um dich so leiden zu sehen.«
»Ich bin Contessa«, flehte sie. »Bitte hör auf …«
Ich konnte die Tränen in ihrer Stimme hören und sah die Zärtlichkeit, mit der er die Hand an ihre Wange schmiegte. Contessa spürte sie ebenfalls.
»Keine Tränen«, flüsterte er, und seine aufgesprungenen Lippen bewegten sich kaum noch. »Du hast mich allzu gut verstanden. Alles andere wäre eine Lüge. Mein Vater braucht mich, und ich werde tun, was er wünscht.«
»Pssst«, drängte Contessa, und ihren leisen Worten war der Kummer deutlich anzuhören. »Sei still.«
Es war offensichtlich, dass die arme Frau nichts mehr hören wollte. Ich auch nicht. Es tat weh, das zu hören, und es hätte ihn entsetzt, wenn er wüsste, welche Qualen er seiner jungen Ehefrau bereitete.
»Aber nun habe ich sie kennen gelernt, Rosie«, sagte er, und Contessa begann zu zittern. »Und obwohl ich das wirklich nicht wollte, glaube ich, ich könnte sie lieb gewinnen.«
»Bitte hör auf …«, flehte sie.
»Psst. Ich werde dich immer lieben, Rosie. Vergiss das nicht. Aber ich muss das Wohl des Reiches vor unsere Wünsche stellen. Ich
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