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Die gesandte der Köingin Tess 2

Die gesandte der Köingin Tess 2

Titel: Die gesandte der Köingin Tess 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cook
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wackelig aus, aber sie waren besser als nichts.
    »Vorsichtig«, sagte er und richtete sich auf. »Lass los.«
    Die Rollen klapperten, als das Seil hindurchglitt und herabfiel. Ich beobachtete den Mast. Er blieb stehen. Jeck lehnte sich leicht daran, dann mit mehr Gewicht. Er stemmte sich ein letztes Mal kräftig dagegen, sah, dass der Mast hielt, und lächelte zum ersten Mal an diesem Tag. »Danke«, sagte er, und beim Anblick des lächelnden Jeck blieb mir leicht der Mund offen stehen.
    »Gern geschehen«, erwiderte ich, doch er hatte sich schon abgewandt und konnte mich unmöglich gehört haben. Er presste die Lippen zusammen und musterte das Palmendach über uns -vermutlich versuchte er abzuschätzen, wie viele Palmwedel er würde abschneiden müssen, um ein richtiges Segel daraus zu machen. Ich wartete noch einen Moment lang und kehrte dann an meinen Platz im Schatten zurück. Ich hatte sonst nichts zu tun, also hatte ich versucht, mein Kleid zu flicken. Die Nacht würde gewiss kalt werden, und da wollte ich mein einziges Kleidungsstück heil und trocken haben, wenn es irgendwie ging.
    Im Augenblick trug ich nur meine Unterkleidung. Jeck wusste entweder nicht, dass das leichte weiße Kleid in Wirklichkeit aus Unterrock und Mieder bestand – oder es war ihm gleich. Ich vermutete Letzteres.
    Ich setzte mich unter die Bäume, schob den Zopf, zu dem ich meine Haare geflochten hatte, aus dem Weg und nähte die zerrissene Seite meines Kleides wieder zusammen. Meine Finger fühlten sich geschwollen und träge an, doch ich weigerte mich, mich davon bekümmern zu lassen – ich hatte Glück, dass ich überhaupt noch am Leben war. Ich nahm mir einen Augenblick Zeit, die Finger mit einer von Duncans Aufwärmübungen zu strecken, und beobachtete, wie Jeck an den Seilen herumhantierte.
    Ich wusste nicht mehr, was ich von Jeck halten sollte. Er war sehr still, reserviert und so auf seine Aufgabe konzentriert, dass er manchmal unhöflich wirkte. Ich war nicht mehr zornig auf ihn, denn er schien viel besser zu wissen als ich, was er tat. Und er war ein Meisterspieler, ich nur eine Schülerin – die Schülerin eines seiner Rivalen obendrein. Ich hatte aber nichts dagegen, Anweisungen von jemandem entgegenzunehmen, den ich respektierte, und so ungern ich das auch zugab – ich entwickelte allmählich Achtung für Jeck, für seine Persönlichkeit ebenso wie für seine Fähigkeiten. Ich konnte jedenfalls kein Floß bauen.
    Ich senkte den Blick auf meine Näharbeit, als Jeck die Stage mit Salzwasser begoss, um sie noch mehr zu spannen. Als er fertig war, richtete er sich auf, reckte sich mit einem erschöpften Stöhnen und kam zu mir in den Schatten. Ich sagte nichts, als er sich hinsetzte, aber mein Herzschlag beschleunigte sich. Er keuchte von der anstrengenden Arbeit.
    Als ich sah, wie er sich den Schweiß von der erschöpft gerunzelten Stirn wischte, schöpfte ich eine Muschelschale voll Wasser aus unserer Zisterne, die er mir anvertraut hatte, und hielt sie ihm hin.
    Jeck sah mich von der Seite an, immer noch schwer atmend. Ich konnte den Schweiß an ihm riechen, und das Meer. »Ich habe meine Ration bis Sonnenuntergang schon getrunken«, sagte er ein wenig heiser.
    »Das ist meine Ration«, erwiderte ich. »Aber ich habe keinen Durst.«
    Er fuhr sich mit dem Handrücken über das bärtige Kinn und blickte zur Strandläufer hinaus. »Trink du es. Es ist dein Wasser.«
    »Ich habe keinen Durst«, beharrte ich. »Und du hast die meiste Arbeit getan.«
    »Prinzessin, versuch nicht, dein Gewissen zu beruhigen, indem du mir deine Wasserration überlässt.«
    Ich war gekränkt, hielt meinen Tonfall aber trotzdem ruhig. »Meinem Gewissen geht es prächtig, Hauptmann. Deine Fehlkalkulation ist schuld daran, dass sie mein Schiff eingeholt und abgebrannt haben, nicht meine. Ich habe keinen Durst. Du schon. Also nimm das verdammte Wasser und trink es. Wir haben zwei Fässer voll.«
    Sein Gesicht hinter dem schwarzen Bart und Schnurrbart blieb ausdruckslos, als er die Muschelschale von mir entgegennahm. Seine Hände waren von der Sonne gerötet, die Fingerknöchel geschwollen. Er trank das Wasser in einem Zug, gab mir die Muschelschale zurück und blickte wieder über die Brandung zur Strandläufer hinaus. »Danke.«
    Ich sagte nichts, genoss aber den kleinen Triumph.
    Er schwieg eine Weile und fragte dann: »Meine Fehlkalkulation?« Sein Tonfall klang milde und ein wenig belustigt.
    Ich war nicht zornig; ich empfand gar nichts mehr.

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