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Die Geschichte eines Sommers

Die Geschichte eines Sommers

Titel: Die Geschichte eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wingfield Jenny
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ziemlich sauer auf sie gewesen, weil sie die ganze Zeit hinter Onkel Toy herlief, und hatten angefangen, allein zu spielen. Swan war das ganz recht. Alles, was ihr vor weniger als einer Woche noch aufregend erschienen war, wirkte nun blass neben Onkel Toy, der einfach nur großartig war, größer als alles andere, was sie je im Leben gesehen hatte oder sich auch nur vorstellen konnte.
    Swan fand ihn neben dem Haus. Er lag unter Papa Johns altem Lieferwagen, nur seine Füße ragten hervor, und bastelte an etwas herum. Swan hockte sich daneben, schaute unter den Wagen und räusperte sich laut. Onkel Toy brauchte nicht hinzugucken, um zu wissen, wer da neben ihm saß.
    »Kann ich dir helfen?«, fragte Swan.
    »Nein.«
    »Es würde mir wirklich nichts ausmachen.«
    »Aber mir.«
    Seine Stimme klang rau und abweisend. Swan kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und gab ihrem Gesicht einen äußerst nachdenklichen Ausdruck.
    »Weißt du was?«, fragte sie nach einer Weile.
    »Was denn?«
    »Ich hab meine ganze Zeit mit dir verplempert.«
    »Tatsächlich?«
    »Darauf kannst du Gift nehmen.«
    Sie stand auf und stampfte mehrmals verächtlich mit dem Fuß auf den Boden. Sie hatte die Arme über der Brust verschränkt und starrte auf seine Füße. Wäre sie sich sicher gewesen, welcher Fuß der echte war, hätte sie ihm einen kräftigen Tritt versetzt. Da sie es jedoch nicht wusste, versuchte sie ihn nur mit Worten zu verletzen.
    »Ich bin dir die ganze Zeit wie ein Hündchen nachgelaufen, als ob du so was wie ein Held wärst, und dabei bist du bloß ein alter, einbeiniger Alkoholschmuggler. Ich wette, du hast nie jemandem das Leben gerettet. Bestimmt hast du dein Bein nur verloren, weil du vor einem Kampf weggelaufen bist. Und diese Sache mit Yam Ferguson, der muss ja ein mickriger Armleuchter gewesen sein, wenn er sich von so jemandem wie dir hat abmurksen lassen. Vor dir hätte ich ja nicht mal Angst, wenn ich dir in einer dunklen Nacht auf dem Friedhof begegnen würde.«
    Plötzlich war es furchtbar still. Onkel Toy bastelte nicht mehr an dem Wagen herum. Jeden Moment würde er darunter hervorkommen. Doch das kümmerte Swan nicht. Sie hatte wirklich keine Angst vor ihm und beschlossen, sich in keinster Weise mehr um ihn zu scheren. Er war für sie jetzt genauso unwichtig, wie sie für ihn immer gewesen war.
    »Und ich will auch nicht mehr deine Freundin sein.« Es war hart, das zu sagen, weil sie es nicht wirklich meinte, noch viel weniger, als sie alles andere gemeint hatte, was sie eben gesagt hatte. Sie hatte ein ziemlich mulmiges Gefühl im Magen, wie wenn man eine Tür hinter sich zuwirft, die man eigentlich überhaupt nicht hat zumachen wollen. Doch sie war fertig mit ihm. Betteln tat sie grundsätzlich nicht, also drehte sie sich um und stolzierte davon, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Toy rutschte unter dem Lieferwagen hervor, setzte sich auf und sah noch, wie sie mit geraden Schultern und erhobenem Kopf ins Haus ging. »Da bin ich aber froh«, sagte er leise.
    Nicht dass das die reine Wahrheit gewesen wäre.
    Als Samuels altes Auto auf den Hof fuhr, war es schon fast dunkel. Swan saß auf der Verandatreppe, wo sie auf ihn gewartet hatte. Sobald er aus dem Auto gestiegen war, lief sie über den Hof, fiel ihm um den Hals und sprang dabei auf und ab.
    »Hey, hey, Moment mal«, protestierte Samuel, freute sich aber über den stürmischen Empfang.
    »Ziehen wir um?«
    »Tun wir.«
    »Das ist gut. Und wohin?«
    »Darüber reden wir später. Wo ist deine Mama?«
    In diesem Moment erschien Willadee auf der Veranda und winkte. Die beiden gingen aufeinander zu. Bernice saß auf der Hollywoodschaukel, die sie so weit zurückgeschoben hatte, dass die Winden, die sich um das Verandageländer rankten, sie fast gänzlich verbargen. Sie beobachtete, wie Samuel und Willadee sich umarmten. Noble und Bienville, die noch auf der Weide gewesen waren, kamen auf den Hof gestürmt und stürzten sich auf ihre Eltern. Sie umarmten beide gleichzeitig, da sie immer noch aneinandergeschmiegt dastanden. Eines musste man Samuel und Willadee lassen, dachte Bernice, sie begrüßten sich, als freuten sie sich wirklich, sich wiederzusehen.
    Schließlich ließ Samuel seine Frau los und hob Bienville hoch. Er schüttelte ihn heftig und brüllte dabei wie ein Löwe, bevor er ihn wieder auf die Füße stellte. Noble begrüßte er, indem er ihn gegen die Schulter boxte. Noble boxte zurück. Samuel fasste sich an die Schulter, als hätte es viel

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