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Die Geschichte eines Sommers

Die Geschichte eines Sommers

Titel: Die Geschichte eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wingfield Jenny
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Mit-Wasser-Besprengen und -Begießen wählen lassen. Doch Swan hatte weder die Absicht, eine methodistische Taufe vorzunehmen, noch, ihrer Taufkandidatin eine Wahl zu lassen. Sie würden eine baptistische Taufe abhalten. Eine Taufe durch Untertauchen. Sie musste nur noch eine Stelle finden, die dafür tief genug war.
    Sie wusste, dass es zumindest eine Stelle im Bach gab, die tief genug war, und zwar deshalb, weil man ihr und ihren Brüdern verboten hatte, ohne einen Erwachsenen dorthin zu gehen. Das alte Schwimmloch. So nannten ihre Mutter und ihre Onkel die Stelle immer, wenn sie sich daran erinnerten, wie viel Spaß sie als Kinder gehabt hatten, als sie dort an Weinranken geschaukelt und Arschbombe ins Wasser gemacht hatten.
    Swan kam natürlich nicht auf die Idee, dass ein Bach, der tief genug war, um eine Arschbombe zu machen, viel zu tief war, um mit einer frischen Konvertitin hineinzuwaten, die vermutlich die größte Heulsuse von ganz Arkansas war. Außerdem konnte Swan selbst nicht schwimmen. Aber wie sollte sie das auch können, wo ihr Daddy doch nie Zeit hatte, es ihr beizubringen? Und das, obwohl sie ihn schon häufiger darum gebeten und er es ihr auch immer versprochen hatte. Er wollte es auch ganz bestimmt tun, doch immer kam etwas Dringenderes dazwischen. Zum Beispiel irgendjemand irgendwo in der Prärie mit einem Kind, das über neununddreißig Grad Fieber hatte und zum Arzt musste. Da die Leute kein Auto hatten, rief jemand den Prediger an, der sofort alles stehen und liegen ließ und das tat, was getan werden musste.
    An all das dachte Swan aber nicht. Für sie zählte nur, dass Lovey eine eingebildete Göre war und von ihrem hohen Ross heruntergeholt werden musste.
    Das Schwimmloch war seit Jahren von niemandem benutzt worden. Deshalb gab es auch keine Pfade mehr, die dorthin führten, und es war nicht einfach zu finden. Swan ging am Bachufer entlang und starrte suchend auf das Wasser, aber das Schwimmloch war offenbar verschwunden. Das Ufer erhob sich an manchen Stellen hoch über den Bach und fiel an anderen wieder bis auf Wasserhöhe ab.
    Ein Riesenschreck durchfuhr Swan, als sie schließlich fand, wonach sie gesucht hatte, denn sie rutschte ganz plötzlich ab und wäre um ein Haar im Wasser gelandet. Sie war gerade dabei, sich auf einem höher gelegenen Uferstück durch ein anscheinend endloses Gestrüpp zu kämpfen, das von einem Moment auf den anderen aufhörte. Direkt vor ihr tat sich eine freie Stelle auf, und als sie dort hintreten wollte, stellte sich heraus, dass genau an dieser Stelle das Ufer jäh abfiel, direkt ins Wasser. Wären die berühmten Weinranken nicht gewesen und hätte Swan sich nicht mit einem Arm darin verfangen, als sie einen Schritt vorwärts aus dem Gebüsch hatte machen wollen, so hätte sie eine metertiefe Arschbombe in den Bach gemacht, ob sie wollte oder nicht.
    Doch die Weinranken waren da, und sie verfing sich mit einem Arm darin und mit einem Zipfel ihres Rockes. Also fiel sie nicht ins Wasser, sondern baumelte ein paar Meter darüber, sodass ihr Höschen zu sehen war – und schrie wie am Spieß.
    Noble war mit einem Seil zurückgekommen, und auch Bienville hatte einen Baum mit einem Ast gefunden, der tief genug herabhing. Die beiden waren gerade dabei, das Zelt für das Revival Meeting zu errichten, als sie Geschrei hörten. Ihre Schwester hatte sich allerdings so weit von ihnen entfernt, dass ihre von Panik erfüllte Stimme nicht gerade laut und deutlich zu ihnen drang. Sie klang gedämpft und fern und war auch nicht besonders glaubwürdig, da Swan schon mal gerne wegen nichts ein Riesentheater veranstaltete.
    Also arbeiteten die Jungen weiter an der Errichtung des Zeltes.
    Blade Ballenger war Swan gefolgt, seit sie Bienville zurückgelassen hatte und allein losgezogen war. Er hielt sich außerhalb ihrer Sichtweite und bewegte sich vollkommen geräuschlos. Als Swan sich durch das Gestrüpp kämpfte, hatte Blade angefangen zu rufen, um sie vor der steil abfallenden Böschung zu warnen. Er war schon einmal dort gewesen und kannte die Stelle. Überhaupt kannte er fast alles hier in der Gegend, weil er es irgendwann einmal erkundet hatte, wenn er von dem, was gerade zu Hause geschah, nichts mitkriegen wollte. Doch Swan bahnte sich viel schneller einen Weg, als er gedacht hatte. Gerade schlug sie sich noch durch das Gestrüpp, und im nächsten Moment schwebte sie auch schon über dem Bach. Das Einzige, was sie vor einem Sturz aus fast drei Meter Höhe bewahrte,

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