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Die Geschichte eines Sommers

Die Geschichte eines Sommers

Titel: Die Geschichte eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wingfield Jenny
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hinzu.
    Bienville schüttelte den Kopf wie ein alter Mann, der zu dem Schluss gekommen ist, dass die Welt vor die Hunde geht.
    »Vielleicht sind wir die einzigen Kinder auf der Welt, die an einem Tag ein Pferd und einen Indianer-Scout verloren haben.«
    »Er war kein Indianer-Scout«, sagte Swan. »Er war mein Freund.«
    Samuel war klar, dass die Kinder ihm die Sache mit Blade nicht so schnell verzeihen würden. Er konnte sie sich ja selbst kaum verzeihen. Dass Blade ihm entwischt war, empfand er sowohl als Erleichterung als auch als Belastung, und das machte er beim Abendessen auch deutlich, als er erzählte, was passiert war.
    Swan, die seinem Blick auswich, seit er nach Hause gekommen war, sah ihn hoffnungsvoll an.
    »Du meinst, er ist abgehauen?«
    »Spurlos verschwunden.«
    »Dann hat sein Daddy ihn vielleicht noch gar nicht erwischt?«
    »Das kann schon sein.«
    Plötzlich lächelten alle am Tisch Anwesenden und wurden ganz lebhaft – bis auf Bernice. Selbst Toy wirkte froh, obwohl er sich seine Gefühle normalerweise nicht anmerken ließ.
    »Vielleicht schläft er in der Nacht wieder in unserer Scheune?«, jauchzte Bienville.
    »Vielleicht.«
    Sie sprachen nicht darüber, ob sie ihn wieder weggeben müssten, käme er tatsächlich zurück. Es gibt Dinge, die muss man Schritt für Schritt auf sich zukommen lassen, und die Frage, wie sie Blade Ballenger bei sich behalten könnten, war so ein Ding.
    »Wenn er heute Abend hier Essen stibitzen will, wird er ein großes Glas mit Willadees Hühnchen und Klößen darin finden«, erklärte Oma Calla.
    Dann ging sie zum Herd, holte den Buttermilchkuchen, den Willadee gebacken hatte, und stellte ihn auf den Tisch.
    »Für mich bitte kein Stück, Calla«, sagte Samuel. »Ich bin so satt, ich glaube nicht, dass ich noch Platz für Kuchen hab.«
    »Für mich auch keins«, sagte Noble. »Heute Abend werd ich wohl auf den Buttermilchkuchen verzichten müssen.« Und das, obwohl es Nobles Lieblingskuchen war.
    Es stellte sich heraus, dass alle zu satt für den Nachtisch waren, also wurde der Kuchen gar nicht angeschnitten, sondern zurück auf den Herd gestellt, wo ein kleines Kind, das Essensreste stibitzen wollte, ihn auf keinen Fall übersehen konnte.
    »Ich hoffe nur, dass er das Ding nicht auf einmal aufisst«, sagte Calla besorgt. »Wär’ ja schlimm, wenn ihm ganz allein da draußen schlecht wird.«
    »Er wird nicht allein sein«, beruhigte Swan sie.
    Willadee wusste nicht genau, was sie von Swans Idee halten sollte, in der Scheune zu schlafen, doch Samuel meinte, ihr würde schon nichts passieren, da ihre Brüder auf jeden Fall bei ihr bleiben wollten. Toy bot an, ab und zu nach den Kindern zu sehen, weil er eh die ganze Nacht arbeiten würde, musste ihnen aber versprechen, es möglichst unauffällig zu tun. Sie wollten Blade nicht verschrecken. Wenn er auftauchte und etwas Ungewöhnliches bemerkte, würde er vielleicht weglaufen.
    Willadee und Samuel versorgten die Kinder mit Decken, Kopfkissen, Taschenlampen und Toilettenpapier und brachten sie in die Scheune und halfen, alles herzurichten. Inzwischen hatte sich das Angebot auf dem Herd um einiges vergrößert. Es gab natürlich die Reste vom Abendessen, dazu einen Dauerlutscher, den Calla aus dem Laden geholt hatte, sowie ein Päckchen Kaugummi, das Willadee noch in ihrer Handtasche gehabt hatte. Noble hatte einen Stapel Sammelbilder von Baseballstars dazugelegt und Bienville eine Ausgabe von National Geographic mit einer aufklappbaren Karte von Südamerika gespendet. Samuel, der glaubte, dass jedes Kind eine eigene Bibel haben sollte, legte ein Neues Testament im Taschenformat auf den National Geographic . Toy steuerte nichts bei, solange alle zusahen, aber irgendwann lag auf dem Herd eine handgeschnitzte Steinschleuder, die ganz bestimmt nicht von Bernice stammte.
    Swan hatte nicht vor zu schlafen, bis Blade auftauchte. Auf gar keinen Fall! Willadee und Samuel breiteten mehrere Decken über dem alten Heu aus, und die Kinder krochen dazwischen, mit den Köpfen zur Scheunentür. Alle drei lagen auf dem Bauch, die Ellbogen aufgestützt, und beobachteten, wie ihre Eltern zurück zum Haus gingen. Willadee und Samuel redeten und lachten, eine Stimme hoch, die andere tief, eine sanft, die andere kräftig, Kontrast und Harmonie zugleich. Es war die schönste Musik der Welt.
    Eine andere Musik schallte vom »Never Closes« herüber, doch die war nicht so schön. Swan und die Jungen lauschten, bis die Stimmen von Samuel und

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