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Die Geschichte eines Sommers

Die Geschichte eines Sommers

Titel: Die Geschichte eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wingfield Jenny
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Odell, jeder kenne Odell, und Odell sei ein guter, aufrechter Bürger.
    Daraufhin rief Jack Odell an, um ihm zu sagen, dass man sein Pferd gefunden habe, und Odell rief Ras an und fragte ihn, wann denn das Pferd verschwunden sei, zum Teufel, und warum, zum Teufel, er ihm nichts davon gesagt habe. Derweil rief Early Meeks Toy zurück, um ihm zu sagen, man habe Odell ausfindig gemacht.
    Ras Ballenger traf vor Odell bei den Moses ein, und man hätte meinen können, es würde schon wieder ein Tornado im Columbia County wüten. Er sprang aus seinem Truck und rannte wie ein Wirbelwind über den Hof. Toy war gerade dabei, eine Angelleine mit mehreren Fanghaken zu entwirren, die er, sobald er Zeit hatte, über Callas Teich spannen wollte, als er Ras kommen sah.
    Er wünschte bei Gott, er hätte den Jungen vorhin nicht ins Auto gepackt und dorthin zurückgeschickt, wo selbst die Wände von Angst durchtränkt sein mussten. Doch er hatte keine andere Wahl gehabt. Sobald bekannt geworden wäre, dass sich der Junge bei den Moses aufhielt, wäre ihn jemand holen gekommen. Es ging hier nicht darum, ob Blade zurückgemusst hätte oder nicht. Die Frage war, wer jetzt nachts wach liegen würde, weil er wusste, dass er seine Hände mit im Spiel gehabt hatte.
    Toy ließ die Angelleine fallen und trat Ras gerade noch rechtzeitig in den Weg, bevor er Callas gefüllte Petunien zertrampelte.
    »Kann ich Ihnen helfen, Mr Ballenger?« Am liebsten hätte Toy ihn umgehend von dieser in die nächste Welt befördert, aber er wusste aus Erfahrung, dass man mit solchen Taten hinterher nur schwer leben konnte.
    »Sie haben sich bereits zu einem Pferd verholfen, das Ihnen nicht gehört«, sagte Ras knurrend. »Das reicht mir an Hilfe.«
    Darauf hätte Toy natürlich eine Menge erwidern können, doch er sagte nur: »Das Pferd steht hinten im Pferch.«
    Dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging zur Scheune. Ras musste fast laufen, um mit ihm Schritt zu halten. Als sie zum Kälberpferch kamen, lehnte sich Ras gegen den Zaun und starrte das Pferd an, als hätte er es noch nie zuvor gesehen. Er hätte nicht schockierter aussehen können, wäre der Zaun unter seinem Gewicht zusammengebrochen.
    »Sie wollen mir wahrscheinlich nicht sagen, wer das getan hat?«, fauchte Ras und deutete auf Snowmans Verletzungen.
    Toy schüttelte angewidert den Kopf. Manche Leute waren einfach unglaublich dreist und nicht mehr zu retten.
    Snowman hatte sich abgewandt, sobald er Ras sah, und begann nun leicht zu zittern. Toy ging in den Pferch und stellte sich vor das Pferd.
    »Keine Sorge«, sagte er. »Du wirst nicht mit dem mitgehen.« Die Tatsache, dass er den Jungen nicht davor hatte bewahren können zurückzukehren, nagte jetzt noch stärker an ihm.
    Ras hatte Toys Worte gehört und wäre in den Pferch gestürmt und über ihn hergefallen, hätten nicht zwei Gründe dagegengesprochen. Erstens glaubte er nicht daran, Toy Moses in einem fairen Kampf besiegen zu können, und zweitens war er sich ziemlich sicher, dass das Pferd ihm das Hirn zu Mus zertrampeln würde, wenn er ohne seine Peitsche in den Pferch ging. Und Letztere hatte er aus offenkundigen Gründen zu Hause gelassen. Also stand er nun einfach nur da und kochte vor Wut.
    Da kam plötzlich Odell Pritchetts Truck samt Anhänger auf den Hof gefahren. Odell sprang aus dem Wagen und rannte auf Ras zu.
    »So richten Sie also ein Pferd ab?«, brüllte Odell, sobald er Snowman sah. Er war ein kräftiger Mann. Nicht so groß wie Toy, doch er machte trotzdem einiges mehr her als Ballenger. Allerdings war er im Grunde sanftmütig, und das sah man ihm auch an. Es zeigte sich darin, wie er ständig die Fäuste ballte und wieder öffnete, als wolle er zuschlagen, sich aber nicht trauen.
    Ras plusterte sich auf und schob sein Kinn vor, ganz die Entrüstung in Person.
    »Dieses Pferd war in einem Topzustand, als es von meinem Hof gestohlen wurde«, behauptete er mit lauter Stimme. »Mir passen Ihre Unterstellungen nicht, dass ich mit dem was zu tun gehabt haben soll, was später passiert ist.«
    »Ich unterstelle Ihnen gar nichts«, fauchte Odell zurück. »Ich stelle lediglich fest.« Er sprach mit zusammengebissenen Zähnen, als hätte man ihm den Mund mit Draht zugenäht.
    »Und als Nächstes sagen Sie mir wahrscheinlich, dass Sie nicht vorhaben, mich für die Arbeit zu bezahlen, die ich in das Pferd gesteckt habe?«, sagte Ras.
    Plötzlich stand Odells Mund weit offen. Ihm war der Unterkiefer heruntergefallen.

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