Die Geschichte von Liebe und Sex
heißt. Er ist so schön. Er ist klug. Und nur zwei Jahre älter als ich. Er stammt aus einer konservativen schiitischen Familie – ich aus meiner chaotisch liberalen Familie. Niemals werden wir den Segen seiner Familie bekommen. Er sagt: Doch. Einfach so. Doch. Und er weiß, dass ich schon einen Freund hatte und nicht mehr Jungfrau bin. Und er sagt: Aber ich liebe dich. Wir können dein Jungfernhäutchen wieder zunähen lassen, bei uns in Sidon allein kenne ich zwei Ärzte, die das machen. Und ich habe gesagt: Ist gut. Ich liebe dich nämlich auch. Und ich weiß, dass ich es nicht für dich machen muss, sondern für deine Familie. Damit wir den Segen beider Eltern bekommen. Hast du so was schon mal gehört?
Und jetzt schreibe ich dir ganz leise, noch leiser als das Kratzen meines Füllers auf dem Papier: Ich bin so glücklich mit Ahmad. In dieser Welt, wo so viel Hass und Hetze ist, lieben wir uns. Bitte sende uns auch deinen Segen.«
*
Aus einem Brief an den Autor. Die Bekanntschaft mit Leila H. und ihrer Familie, die damals in Nablus wohnte, geht zurück auf einen längeren Studienaufenthalt in Israel und Palästina 1989. Die Namen von Leila und Ahmad sind auf deren Wunsch verändert, beide sind heute verheiratet.
109
119
109
119
true
|109| Julia und Romeo
Das tragische erste Mal
1 000 bis heute
109
113
109
113
false
Deutsche Minnesänger und italienische Leidenschaft
Deutschland zu Zeiten der Kreuzzüge. In ihren Gedichten beteten Ritter unerreichbare Burgfräulein an, und im wirklichen Leben schliefen sie mit Mädchen aus »niederen Schichten« und ließen sie mit dem Nachwuchs allein. Ein zerrissenes Deutschland der zerstrittenen Fürsten und Könige, das als »Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation« (962 – 1806) mehr unter dem Einfluss des Papstes, der auch die ersten deutschen Kaiser krönte, als einer wie auch immer geeinten Kraft aus Deutschland stand. Ein Deutschland, in dem die Massen arm waren, unter Seuchen und Hungersnöten litten und nur wenige den Aufstieg in Positionen an die verschiedenen Höfe der Adligen schafften.
Zu denen, die bei den Mächtigen gern gesehen waren, gehörten Sänger und Artisten aller Art. Das Denken in gottgewollten Unterschieden von Arm und Reich, in bedingungslosem Gehorsam gegenüber den jeweiligen Herren und einem Ausgeliefertsein an allerlei Dämonen und Geister, von denen auch die Kirchen in ihrer Verfolgung von Hexen und Ketzern Gebrauch machten, verhinderte noch lange unabhängiges Denken. Die Möglichkeit der Idee, dass es so, wie es ist, nicht immer bleiben muss, lag noch in weiter Ferne.
Einer der bekanntesten Sänger und Dichter des Mittelalters war der in Österreich geborene Walther von der Vogelweide (zirka 1170 – 1230), der seine erste Stelle bei einem Herzog findet. Als er 18 Jahre alt ist, stirbt der Herzog, und Walther muss nun als sogenannter Minnesänger von Hof |111| zu Hof ziehen. Minne ist das mittelalterliche Wort für Liebe, sowohl die Liebe zu Gott als auch die geschlechtliche Liebe. In den Gedichten der sogenannten höheren Minne umwirbt Walther die Damen des Adels, wohl wissend, dass sie für ihn immer unerreichbar bleiben werden.
|110|
|111| Er schafft in über 500 Strophen Vorbilder dieses »höfischen Werbens«, wobei er sich oft bitter beklagt, dass er es zwar als Ehre betrachte, dem Ritterstand anzugehören, dass das aber nicht ausreiche, um ihn satt zu machen. Erst als er sich, zunächst vorsichtig, gegen den Papst und für mehr deutsche Unabhängigkeit ausspricht, gewinnt er die Sympathie des jungen Kaisers Friedrich II. (1194 – 1250), der ihn dafür mit einem Stück Land belohnt. Als die materielle Not einmal überwunden ist, widmet er sich auch der niederen und ebenen Minne – der erfüllten Liebe zu einem »Mädchen aus dem Volke« und von »gleich zu gleich«. Von nun an beschreibt er anschaulich, wie das Liebesbett mit Blumen geschmückt wird und das »tausendfache Küssen« beginnt. Ihm ist zu danken, dass bislang eher heimlich gelebter, wenig angesehener Sex nun auch öffentlich besungen werden darf.
Nur 100 Jahre später setzt der Italiener Giovanni Boccaccio (1313 – 1375) die bei den Minnesängern zumeist noch verhaltenen Sehnsüchte nach Liebe und Sex in eine anschauliche, zuweilen pralle Sprache um. Dabei schreckt er auch nicht davor zurück, sich über die Doppelmoral von Priestern und Bischöfen lustig zu machen. Seine erotischen Geschichten erzählen davon, wie Liebe glücklich und
Weitere Kostenlose Bücher