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Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Titel: Die geschwätzigen Kleinode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Diderot
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brachte die Nacht mit ihnen zu, und am Morgen darauf kannten wir uns fast nicht mehr. Diese Damen haben zwei Beschäftigungen auf der Welt: nämlich, sich Liebhaber zu verschaffen, sollten sie sie auch ihren besten Freundinnen wegnehmen und sodann sie wieder los zu werden. Aus Furcht, sie möchten einmal unversorgt sein, während sie eine Intrige anzetteln, schauen sie gleich nach zwei oder drei Liebhabern aus. Sie haben, ich weiß nicht wieviel, kleine Künste, um den einzufangen, auf den sie ihr Augenmerk gerichtet haben, und halten hunderterlei Vorwände in Bereitschaft, um den los zu werden, den sie besitzen. So war es von jeher, so wird es immer sein. Ich will keine Namen nennen, aber ich habe alle Damen gekannt, die nur an Erguebzeds Hofe für jung und schön galten und alle diese Verhältnisse wurden innerhalb sechs Monaten angeknüpft, gelöst, wieder aufgenommen und vergessen.
    Da ich dieser Welt überdrüssig war, begab ich mich zu den Antipoden. Ich sah Bürgerinnen, die, falsch und auf ihre Schönheit stolz, alle nur das Wort Ehre im Munde führten, beinahe immer von wilden brutalen Ehemännern oder von sogenannten plattfüßigen Vettern umlagert waren, die den lieben langen Tag vor ihren teuren Mühmchen die Leidenschaftlichen spielten und mir sehr mißfielen. Man konnte diese Weiber keinen Augenblick allein haben. Diese Bestien kamen immer dazwischen, störten jede Zusammenkunft und mischten sich bei jeder möglichen Gelegenheit ins Gespräch. Doch überwand ich diese Schwierigkeiten und brachte fünf oder sechs dieser Zierpuppen so weit, als ich wollte, ehe ich sie sitzen ließ. Was mir an ihrem Umgang Spaß machte, war, daß sie mit aller Gewalt empfindsam sein wollten, so daß ich mich auch empfindsam stellen mußte und Zeug von ihnen zu hören bekam, worüber ich mich fast totlachte. Auch forderten sie viel Aufmerksamkeiten und Sorgfalt. Alle Augenblicke sollt’ ich gegen sie gefehlt haben. Sie predigten eine so einwandfreie Liebe, daß man bald davon genug hatte. Aber das Schlimmste war, daß sie immer meinen Namen im Munde führten, und daß ich zuweilen genötigt war, mich mit ihnen zu zeigen und alles Lächerliche einer Philisterliebe auf mich zu nehmen. Das ward mir endlich zu toll, und ich rettete mich eines Tages aus den Kramläden und der Rue Saint Denis, um in meinem Leben nicht wieder hinzukommen.
    Damals wurden die kleinen heimlichen Häuschen Mode. Ich mietete mir eines in der morgenländischen Vorstadt und hielt mir nach und nach einige Mädchen darin, die man sieht und bald nicht mehr sieht, mit denen man plaudert, denen man nichts mehr zu sagen hat und die man zum Teufel schickt, wenn man ihrer satt ist. Dahin lud ich meine Freunde und Spielerinnen von der Oper, dort gab ich kleine Abendgesellschaften, die Prinz Erguebzed selbst zuweilen mit seiner Gegenwart beehrte. Ach! gnädige Frau, ich hatte köstlichen Wein, herrliche Schnäpse und den besten Koch in Congo.
    Aber nichts hat mich mehr belustigt als ein Streich, den ich in einer entlegenen Provinz ausführte, wo mein Regiment in Quartier lag. Ich verließ Banza, um es zu mustern. Das war das einzige Geschäft, das mich aus der Stadt entfernte, und meine Abwesenheit würde nicht lange gedauert haben, wenn ich nicht einem närrischen Einfall nachgelaufen wäre. Es gab ein Kloster zu Baruthi, welches wunderschöne Mädchen enthielt. Ich war jung und hatte noch keinen Bart, ich ließ mir beikommen, mich dort als Witwe einzuschleichen, die eine Zuflucht gegen die Nachstellungen der Welt suchte. Man machte mir ein Frauenkleid, ich zog es an, und so trat ich vor das Gitter der Nonnen. Sie nahmen mich liebreich auf, trösteten mich über den Verlust meines Gatten, bestimmten mein Kostgeld, und ich blieb bei ihnen.
    Das Gemach, das man mir einräumte, stieß an den Schlafsaal der Novizen. Es waren ihrer viele, mehrenteils junge und außerordentlich frische. Ich kam ihnen mit Höflichkeiten zuvor und ward bald ihre Freundin. In weniger als acht Tagen lehrte man mich die Verfassung der kleinen Republik von allen Seiten kennen; schilderte mir die Charaktere, erzählte mir Anekdoten, vertraute sich mir in jeder Rücksicht, und ich bemerkte, daß wir Weltkinder uns auf üble Nachreden und Verleumdungen nicht so gut verstanden wie sie. Ich hielt streng auf die Klosterregel; ich nahm eine scheinheilige Miene und einen sanften Ton an, und man sagte sich ins Ohr, es werde ein großes Glück für das Kloster sein, wenn ich mich dort einkleiden

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