Die Gesellschaft des Abendsterns
meine zu benutzen.«
»Könntest du deine Magie gegen ihn einsetzen?«, fragte Kendra. »Und ihn in eine kleine Marionette zurückverwandeln?«
»Der Zauber, der ihn belebt, ist immer noch stark«, antwortete die Fee. »Aber der Befehl, der seine Handlungen leitet, ist schwach. Mit ein wenig Hilfe könnte ich ihn wahrscheinlich verwandeln.«
»Oh, bitte, würdest du das tun?«, flehte Kendra.
»Nun, ich bin hier, um das Gefängnis zu bewachen«, entgegnete die Fee. »Wir alle, die wir Kobolde waren, wechseln uns als Wachposten ab.«
»Du warst ein Kobold?«, fragte Kendra.
»Erinnere mich nicht daran. Es war ein würdeloses Leben.«
»Er versucht, einen Tunnel zu Muriel hinunter zu graben«, sagte Kendra. »Wenn du ein Wachposten bist, solltest du ihn dann nicht aufhalten?«
»Ich nehme an, das sollte ich«, räumte die Fee ein. »Aber die Pflaumen riechen im Augenblick so wunderbar, und die Nacht ist so schön … Feen zur Arbeit zusammenzutreiben ist so mühsam.«
»Ich wäre dir so dankbar«, sagte Kendra.
»Wir Feen wünschen uns nichts mehr als deine Dankbarkeit, Kendra. Wir schauen ja so sehr zu dir auf. Ein freundliches Wort, und unsere kleinen Herzen beginnen zu rasen! Alles, was wir uns ersehnen, ist die Liebe großer, hilfloser Mädchen.«
»Du bist so was von gemein!«, erwiderte Kendra.
»Das bin ich, nicht wahr?«, gab die Fee zurück, die zum ersten Mal tatsächlich geschmeichelt klang. »Ich sag dir was. Es ist meine Aufgabe, Muriel und Bahumat zu bewachen, in dem Punkt hast du Recht, also könnte ich vielleicht nachsehen, ob irgendjemand sonst sich genug langweilt, um dir zu helfen.«
Die kleine Fee schwirrte davon. Kendra hoffte, dass sie wirklich Hilfe holte. Die Fee hatte nicht sehr zuverlässig geklungen. Kendra versuchte, die Arme der Stockpuppe auseinanderzudrücken, indem sie die Beine streckte. Die Anstrengung schmerzte sie im Rücken. Aber Mendigo war zu stark.
Je tiefer Mendigo grub, desto mehr schwand Kendras Hoffnung, dass die Fee zurückkehren würde. Das Loch war schon
hüfttief, als eine kleine Gruppe von Feen, die in allen Farben des Regenbogens schimmerten, sie umringte.
»Seht ihr, ich hab’s euch doch gesagt«, klimperte die kleine gelbe Fee. »Er gräbt tatsächlich einen Tunnel zu Muriel«, sagte eine andere Fee.
»Nicht sehr wirkungsvoll«, meldete sich eine dritte zu Wort.
»Sollen wir ihn so verwandeln, dass er deinem Befehl gehorcht?« , fragte eine vierte Fee. Kendra erkannte in der Sprecherin die silberne Fee, die den Angriff auf Bahumat angeführt hatte.
»Aber ja, das wäre großartig«, antwortete Kendra.
Die Feen bildeten einen Ring um Mendigo und Kendra. Dann begannen sie zu singen, funkelnde Farben blitzten vor Kendras Augen auf, und sie musste blinzeln. Auch die Worte der Feen verstand sie nicht mehr. Es kam ihr vor wie der Versuch, mehreren Gesprächen gleichzeitig zu lauschen. Alles, was sie mitbekam, waren verworrene Bruchstücke, die keinen Sinn ergaben.
Ein letztes grelles Aufblitzen, dann verfielen die Feen in Schweigen. Die meisten schwebten davon. Mendigo grub weiter. »Er steht jetzt zu deiner freien Verfügung«, vermeldete die silberne Fee.
»Mendigo, hör auf zu graben«, versuchte Kendra es. Mendigo hörte auf. »Mendigo, stell mich auf den Boden.« Er stellte sie auf den Boden.
»Danke«, sagte Kendra zu der gelben Fee und der silbernen, den beiden Einzigen, die zurückgeblieben waren.
»Es war uns ein Vergnügen, zu helfen«, erwiderte die silberne Fee. Obwohl ihre Stimme sehr hoch war, klang sie voller als die der anderen.
Die gelbe Fee schüttelte den Kopf und schwirrte davon.
»Warum haben sie es so eilig?«, fragte Kendra.
»Sie haben ihre Pflicht getan«, antwortete die silberne Fee.
»Keine der Feen war besonders freundlich«, bemerkte Kendra.
»Freundlichkeit ist nicht immer unsere Stärke«, sagte die silberne Fee. »Vor allem gegenüber jemandem, dem unsere Königin ihre Gunst erwiesen hat. Du wirst sehr beneidet.«
»Ich habe nur versucht, Fabelheim zu schützen und meine Familie zu retten«, wandte Kendra ein.
»Und du hattest Erfolg, was deinen Status nur umso mehr erhöht«, versetzte die Fee.
»Warum sprichst du mit mir?«, wollte Kendra wissen.
»Ich nehme an, ich bin ein bisschen seltsam«, sagte die Fee. »Ich bin ernsthafter veranlagt als viele der anderen. Mein Name ist Shiara.«
»Ich bin Kendra.«
»Zu deinem Glück ist es in unser aller Interesse, dass Bahumat eingekerkert bleibt«, sagte
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